Dinslaken/Wesel. Marc Indefrey und Ulf Lange vom Vorstand der Volksbank Rhein-Lippe blicken aufs Krisenjahr 2023. Warum die beiden dennoch zufrieden sind.
Aus Sicht des Vorstands der Volksbank Rhein-Lippe war 2023 ein Erfolgsjahr – und dafür gibt es gleich mehrere Gründe.
Natürlich bietet die aktuelle Lage am Finanzmarkt nicht unbedingt einen Anlass, um in Feierlaune auszubrechen, aber die Genossenschaftsbank liefert solide Zahlen ab – teilweise auch gegen Negativtrends am Markt. Die Bilanzsumme der Bank stieg um 1,6 Prozent von 1,75 Milliarden Euro auf 1,78 Milliarden Euro an. „Da waren wir sehr glücklich, dass wir da ein Wachstum hingelegt haben“, sagt Marc Indefrey, Vorstandsmitglied der Bank, bei der Bilanzpressekonferenz. Viele andere Regionalbanken hätten im vergangenen Jahr an dieser Stelle eine negative Entwicklung zu verzeichnen gehabt. „Das ist natürlich weiter hinter der Entwicklung aus den Vorjahren zurück, aber im aktuellen Umfeld ein gutes Ergebnis.“
Gestiegene Zinsen an Kunden und Mitglieder weitergeben
Steigern konnte man bei der Volksbank auch die Kundeneinlagen. Diese wuchsen um 5 Prozent auf 3,81 Milliarden Euro an. „70 bis 80 Prozent des Volumens sind reines Kundengeschäft“, sagt Ulf Lange, ebenfalls Vorstandsmitglied der Bank. Und eben das Geschäft mit den Kunden, von denen viele auch Mitglieder der Genossenschaftsbank sind, ist für die Volksbank das Kerngeschäft.
Die Genossenschaftsbank
Als Genossenschaftsbank gehört die Volksbank Rhein-Lippe ihren Mitgliedern. 31.331 Mitglieder zählte die Bank zum Jahresende. Ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr, auch wenn man 760 neue Mitglieder gewinnen konnte.
„Wir haben uns bewusst von einigen Mitgliedern getrennt“, erklärt Bankvorstand Ulf Lange. Nämlich von solchen, die keine Geschäftsbeziehung mit der Bank pflegen oder eingehen wollten. Denn davon lebt die Genossenschaft am Ende. „Ein Genossenschaftsanteil ist keine Kapitalanlage und soll auch keine sein“, sagt Ulf Lange.
260 Euro kostet ein Genossenschaftsanteil aktuell. Bis zu vier Anteile können Mitglieder halten. Neben einer Dividende erhalten Mitglieder auch exklusive Vorteile, von speziellen Versicherungsangeboten über Zinsvorteile bei Krediten bis hin zu einem Vorteilsprogramm
Die Zinswende weg von niedrigen Zinsen hat natürlich auch das Geschäft bei der Genossenschaftsbank beeinflusst. Allerdings anders als bei anderen Geldinstituten. „Wir wollen die Zinsen an unsere Kunden weitergeben“, sagt Marc Indefrey. Also hat die Bank entsprechende Sparprodukte angeboten und auch nicht mit Lockangeboten gearbeitet oder zeitlich stark befristete Zinsangebote gemacht.
Zurückgegangen ist allerdings das Volumen an neuen Krediten – und zwar um satte 34 Prozent. Über das Jahr gab man rund 209 Millionen Euro an neuen Krediten aus im Vergleich zu rund 317 Millionen Euro im Vorjahr. Hier sehen die beiden Vorstände der Volksbank weniger ein Problem bei den gestiegenen Zinsen als bei den unsicheren Rahmenbedingungen. „Es herrscht eine große Unsicherheit und die Rahmenbedingungen sind so komplex, dass das womöglich ein viel größerer Faktor ist als das Zinsniveau“, kommentiert Marc Indefrey.
Zwei Trends beim Bankgeschäft: Aktien und Bausparverträge
Zwei besondere Trends zeichnen sich momentan bei der Volksbank ab. Das eine ist der Umstand, dass sich immer mehr Kunden, gerade die Jüngeren, für eine Anlage in Aktien interessieren. „Wir haben extra ein Depot-Modell für jüngere Kunden, das auch im Vergleich mit Online-Brokern konkurrenzfähig ist“, sagt Ulf Lange. Mit dem Modell „meinDepot“ bietet die Bank tatsächlich eine Depotvariante an, die, wie viele Neobroker auch, kostenlos funktioniert. Allerdings nur für Kunden unter 30 Jahren. Auch wenn die anderen Depot-Modelle nicht gratis sind, bekommt man dafür persönliche Beratung, die bei reinen Online-Anbietern natürlich fehlt. „Da haben wir einen absoluten Wettbewerbsvorteil“, sagt Marc Indefrey.
Der zweite Trend könnte auf den ersten Blick verwundern. „Der Bausparvertrag erlebt eine kleine Renaissance“, erklärt Marc Indefrey. Die von den Kunden in solchen Verträgen angesparten Gelder stiegen von 74 Millionen im Jahr 2021 auf 95 Millionen im Jahr 2023 an. „Mit den Bausparverträgen kann man sich die im Vertrag festgelegten Zinsen sichern“, erläutert der Bankvorstand. Hat man die im Vertrag festgelegte Summe angespart, hat man ein Anrecht auf ein Darlehen zu einem vorher festgelegten Zins. „Man schafft sich damit ein Stück Sicherheit.“
Persönliche Beratungen werden weiter wichtig bleiben
Ein weiterer Trend ist an der Volksbank Rhein-Lippe ebenfalls nicht vorbeigegangen: das Onlinebanking. Die Zugriffe auf die Banking-App des Kreditinstitutes stiegen von 1,9 Millionen im Vorjahr auf 4,1 Millionen Zugriffe an. Trotzdem bleibt das Filialgeschäft wichtig für den Vorstand der Bank: „Persönliche Beratungen sind weiter zukunftsfähig und wichtig“, sagt Marc Indefrey und blickt gemeinsam mit Ulf Lange auch auf immer häufiger werdende Betrugsversuche über Phishing-Mails und Deepfakes. „Da hat die persönliche Nähe eine hohe Daseinsberechtigung.“ Dafür sprechen auch die rund 30.000 Beratungstermine in Präsenz, die im vergangenen Jahr wahrgenommen wurden.
Natürlich engagiert sich die Bank auch weiterhin vor Ort. „Wir haben im vergangenen Jahr über 300.000 Euro an Fördermitteln in die Region zurückgegeben“, erklärt Bank-Vorstand Ulf Lange. Die Spendentöpfe werden dabei vor allem über das Gewinnsparen der Volksbank finanziert.
Allgemein sieht der Bankvorstand sein Haus in einer guten Lage. „Das Fundament ist stark. Wir müssen uns nur auf unsere Stärken besinnen“, sagt Ulf Lange. „Es gibt viele Gründe, zuversichtlich zu sein.“
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