Krefeld. Am Tag des offenen Denkmals öffnet der Heilmannshof seine Tore – für einen Spaziergang durch das „kleine Paradies“ im Norden von Krefeld.

So ein Blumenkohl kann ganz schön schwer werden! Doch Philippa strengt sich ordentlich an, läuft auf ihren rosafarbenen Socken langsam bis zum langen Regal und legt ihn dann vorsichtig in den richtigen Korb. Geschafft! „Super“, ruft Katja Leendertz. Philippa lächelt stolz. Ja, die Dreijährige liebt es, ihrer Oma im Hofladen zu helfen. Und die wiederum freut sich, dass schon die übernächste Generation so viel Freude am jahrhundertealten Betrieb zeigt. Denn Familie spielt hier, am Heilmannshof, eine große Rolle. Deshalb schaut nun auch noch Katja Leendertz’ Schwester, Silja Leendertz-Aigner, vorbei. Die beiden sind die Eigentümerinnen des Anwesens, zu dem nicht nur der kleine Bioladen, sondern auch noch zwei prächtige Wohnhäuser und ein riesiger Landschaftspark gehört. Und weil alles unter Denkmalschutz steht, öffnen sie am Tag des offenen Denkmals, 10. September, ihre Tore. Denn zu sehen gibt’s einiges, wie ein Rundgang vorab beweist.

„Unser Urgroßonkel hieß mit Nachnamen Heilmann“, erzählt Silja Leendertz-Aigner, während sie aus dem Laden und über den Hof läuft. „Er war Städter und wollte ein Refugium fürs Wochenende.“ Damit er mal so richtig abschalten konnte, mitten in der Natur, ließ er einen Park im Stil von englischen Landschaftsgärten anlegen. Das muss um 1870 gewesen sein, Moment, dafür gibt’s auch Indizien… Silja Leendertz-Aigner führt zu einer Hauswand, an der eine Baumscheibe angebracht ist. „Das war einer der ältesten Bäume“, sagt sie, „und die Jahresringe zeigen, dass er zwischen 1865 und 1870 gepflanzt wurde.“ Aufgeklebte Pfeile auf der aufbereiteten Scheibe erzählen, was der Baum sonst noch so bis zu seinem Ende – „2002 musste er gefällt werden“ – erlebt hat. 1910 beispielsweise, „Bau Wohnhaus Heilmannshof als Sommerhaus“, und 1922 „Heilmannshof ständiger Wohnsitz der Familie Leendertz“. Denn weil der Urgroßonkel keine Kinder hatte, ging das Anwesen 1907 an seine Schwester Luise Heilmann, die mit Fritz Leendertz verheiratet war.

Über 100 Jahre alte Trompetenblume

Deshalb ist es seitdem Familie Leendertz, die auf dem Heilmannshof wohnt. „Das ist für manche etwas verwirrend“, weiß Silja Leendertz-Aigner. Nun waren ihr Urgroßvater und später der Großvater ebenfalls große Fans von England, „weil er als Seidenfabrikant oft dorthin reiste“, aber ebenso von Österreich. Deshalb wurde das Wohnhaus, das direkt neben dem Gärtnerhaus von 1870 steht, zwar wie ein englisches Landhaus gebaut, doch die gelbe Fassadenfarbe erinnert an die Prachtbauten in Wien. Übrigens, „die Trompetenblume hier“, sie zeigt auf eine rote Blüte inmitten eines grünen Blättermeeres an der gelben Hauswand, „ist schon 1910 gepflanzt worden.“ Immer wieder müssen sie alles zurückschneiden, damit das Gebäude nicht komplett zuwuchert, doch das scheint die Trompetenblume alles andere als zu stören. Und es gibt weitere Pflanzen, die so alt oder sogar noch älter sind. Dazu geht’s nun einmal ums begrünte Wohnhaus herum, bis zu den imposanten Blutbuchen.

Der absolute Lieblingsplatz der ganzen Familie Leendertz: die Hängematte direkt an den Nieper Kuhlen in Krefeld.
Der absolute Lieblingsplatz der ganzen Familie Leendertz: die Hängematte direkt an den Nieper Kuhlen in Krefeld. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

„Vieles pflanzt man ja erst für die übernächste Generation“, sagt Silja Leendertz-Aigner. So wie ebenjene Bäume, die der Urgroßonkel einsetzen ließ und die nun, über 150 Jahre später, zu einem rötlichen Blätterdach gewachsen sind. Und davor steht ein… Pizzaofen, der aber noch nicht so alt ist, oder? Sie lacht. „Nee, den haben wir vor ein paar Jahren bauen lassen“, sagt sie. „Am Tag des offenen Denkmals gibt’s dann frische Pizza, hergestellt mit Zutaten aus unserem Bioladen.“ Ein echter Höhepunkt in jedem Jahr. Und wer sich mit einer Pizza im Bauch anschließend noch etwas bewegen möchte, hat auf dem 5,5 Hektar großen Gelände genügend Platz – um zu laufen und zu gucken und zu staunen. Vieles im Landschaftspark geht auf die Pläne zweier Gartenarchitekten zurück: Walter Baron von Engelhardt und später Roland Weber. „Die Namen haben manche vielleicht schon mal gehört.“ Beide orientierten sich auf Wunsch der Familie immer wieder an englischen Landschaftsgärten.

Pause beim Tässchen Tee

Woran sich das erkennen lässt? „Zum Beispiel an den symmetrisch angelegten Kieswegen“, antwortet Silja Leendertz-Aigner. Oder aber an den Erhebungen und Sichtachsen, „damit man in die Landschaft reingucken kann.“ So wie vom Pavillon aus – „oder Teehaus, wie man in England sagen würde“ –, der auf einem kleinen Hügel steht. Tatsächlich, wer hier, vielleicht bei einem Tässchen Tee sitzt, kann geradewegs aufs Wasser, die Nieper Kuhlen, schauen. Damit das auch klappt, darf aber natürlich nix zuwuchern. „Ich laufe jeden Tag herum und habe immer eine Schere oder eine Klappsäge mit“, erzählt sie. Dabei hat sie nicht etwa, wie ihre Schwester, Gartenbau gelernt, sondern ist Apothekerin, und als solche arbeitet sie auch immer noch in Teilzeit. Klar, die beiden hätten sich auch woanders ein Leben aufbauen können. „Aber wenn man einmal weg ist, merkt man erst, was man für ein kleines Paradies zuhause hat.“ Deshalb kehrten die Schwestern 1989 zurück, allerdings nur unter einer Bedingung…

Der Großvater liebte englische Teehäuser und ließ deshalb einen ähnlichen Pavillon auf seinem Heilmannshof in Krefeld erbauen.
Der Großvater liebte englische Teehäuser und ließ deshalb einen ähnlichen Pavillon auf seinem Heilmannshof in Krefeld erbauen. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

„Unser Vater war der Erste, der Landwirt wurde und konventionellen Obstbau betrieben hat“, erzählt Silja Leendertz-Aigner. Meine Schwester und ich hatten den Plan, den Obstbau auf biologisch umzustellen.“ Machten sie dann auch. Mehr noch. Sie erweiterten den saisonalen Obstverkauf und eröffneten 1993 ihren eigenen Bioladen. „Alles, was man braucht, findet man bei uns“, betont sie. Vieles kaufen sie dafür ein, „alles, was geht, aus der Region“. Obst und Gemüse aber bauen sie weiterhin selbst an, hier drüben beispielsweise, sie führt durch ein Tor, „das sind Kiwais.“ Die kleinen Früchte sind jedoch erst im Oktober so weit, „dann isst man sie mit Haut und Haaren, so wie Stachelbeeren.“ Die daneben wachsenden Himbeeren sind dagegen schon jetzt reif, deshalb gibt’s die aktuell auch im Hofladen zu kaufen. Dort übrigens macht Philippa gerade ein kleines Päusken, bei einem Keks hinter der Theke, und den hat sie sich nun wirklich verdient!

Kiwais, auch Kiwibeeren genannt, wachsen in Bio-Qualität auf dem Heilmannshof in Krefeld.
Kiwais, auch Kiwibeeren genannt, wachsen in Bio-Qualität auf dem Heilmannshof in Krefeld. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

>>> Tag des offenen Denkmals

Der Heilmannshof öffnet am Tag des offenen Denkmals, 10. September, von 11 bis 17 Uhr seine Tore. Interessierte können an einstündigen Führungen durch den Landschaftspark teilnehmen. Außerdem gibt’s Pizza aus dem Ofen im Garten und Live-Musik. Der Hofladen hat ebenfalls geöffnet. Weitere Informationen zum Heilmannshof: www.heilmannshof.com

Am Tag des offenen Denkmals nehmen natürlich viele weitere Sehenswürdigkeiten teil: Ebenfalls in Krefeld gewährt das Poelzig-Hauses von 11 bis 17 Uhr Einblicke in die Architektur Hans Poelzigs, einem der führenden deutschen Architekten des frühen 20. Jahrhunderts.

In Moers können Interessierte die Evangelische Stadtkirche von 12.30 bis 16.30 Uhr besichtigen und den Turm besteigen. In Geldern gibt’s am und im Haus Ingenray von 10 bis 16 Uhr viele Aktionen und in Xanten erzählt der Verein zur Erhaltung des Xantener Domes Spannendes über die Dombauhütte.

In Emmerich startet um 11 am Pegelhäuschen an der Rheinpromenade ein zweistündiger Denkmal-Spaziergang unter dem Motto „Vergangenes Treiben am Rhein“ und um 13 Uhr können Interessierte in die Kellerräume der Societät Emmerich abtauchen.

Weitere Informationen zum bundesweiten Tag des offenen Denkmals sind online zu finden unter: www.tag-des-offenen-denkmals.de