Wesel. Angesichts der Inflation greifen viele Kunden beim Einkauf eher zu günstigeren Produkten. Das berichten Supermärkte und Hofläden aus Wesel.

Lieber der Joghurt von der Eigenmarke statt der Bio-Variante, lieber die Gurke aus Spanien statt der vom Niederrhein: Die massive Inflation hat Auswirkungen auf das Kaufverhalten der Kundinnen und Kunden beim Einkauf von Lebensmitteln – egal ob im Supermarkt, beim Bioladen oder im Hofladen. Der Trend geht zum günstigeren Produkt, das bestätigen mehrere Einzelhändler aus Wesel.

„Wir merken deutlich, dass die Nachfrage nach unserer Eigenmarke Gut&Günstig steigt“ sagt Benny Lurvik, der den Edeka in der Vesalia Mall (früher Esplanade-Center) betreibt. Mit Beginn des Herbstes und der anhaltenden Diskussion über die gestiegenen Energiepreise habe sich das noch mal verschärft. Der Supermarkt-Chef setzt darauf, dass er mit den günstigeren Artikeln preislich mit den Discountern mithalten kann. Es gebe zudem immer noch Leute, die bewusst zu den Bio-Produkten greifen.

Sein Kollege Sven Komp kann ein ähnliches Kaufverhalten bei seinen Kundinnen und Kunden feststellen. „Wir haben ganz klar die Entwicklung, dass deutlich mehr Eigenmarken und Discount-Produkte verkauft werden“, sagt der Kaufmann, der mit seiner Schwester Nina Edeka-Märkte in Lackhausen, Obrighoven und Mehrhoog betreibt. „Die Leute gucken auf die Preise.“ Zwar schwanken die stark, Bio-Produkte seien aber in der Regel zwischen 10 und 30 Prozent teurer als konventionell erzeugte Lebensmittel.

Edeka-Markt in Wesel: Was sich seit Corona verändert hat

Sven Komp ist Betreiber des Edeka-Marktes in Wesel-Lackhausen. (Archivbild)
Sven Komp ist Betreiber des Edeka-Marktes in Wesel-Lackhausen. (Archivbild) © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Komp beobachtet derzeit eine große Unsicherheit bei vielen Kunden angesichts der Weltlage. Während in den Hochphasen der Corona-Krise der Einkauf im Supermarkt zu einer regelrechten Alltagsflucht geworden war und viele Menschen bewusst auf hochwertige Lebensmittel als eine Art Belohnung für die sonstigen Entbehrungen gesetzt haben, stehe nun die Ersparnis beim Einkauf im Vordergrund. „Damit müssen wir umgehen“, sagt Komp.

Das gelte zum Beispiel auch beim Wein, der werde zwar weiterhin gekauft, aber im Zweifel eher im günstigeren Segment. Die Preissteigerungen könnten derzeit allerdings nicht eins zu eins an die Kunden weitergegeben werden – obwohl die Lieferanten teilweise Druck machen. Besonders drastisch ist das derzeit beim Streit zwischen Edeka und Coca-Cola zu sehen, der auch vor Gericht ausgefochten wird – es geht dabei um Preiserhöhungen und einen drohenden Lieferstopp.

Obstbauer Peter Heinen aus Wesel spürt die Auswirkungen der Krise

Josef Koplin registriert in seinem Biomarkt an der Schermbecker Landstraße einen Umsatzrückgang, im Markt in Bocholt gehe es seit einigen Wochen aber wieder aufwärts. „Das hängt sicher auch damit zusammen, dass viele Menschen wieder in den Urlaub gefahren sind“, glaubt Koplin. Bisher ließen sich die Folgen der Inflation für den Bio-Laden noch abfangen, auch dank eines erfolgreichen Online-Geschäftes.

Landwirt Peter Heinen aus Wesel (Archivbild)
Landwirt Peter Heinen aus Wesel (Archivbild) © FUNKE Foto Services | Oleksandr Voskresenskyi

Der Weseler Landwirt Peter Heinen spürt die Auswirkungen der Energiekrise schon seit dem Frühjahr. „Natürlich merken wir das. Beim Spargel und bei Erdbeeren hatten wir einen Rückgang von 20 bis 25 Prozent“, sagt Heinen, der einen eigenen Hofladen betreibt. Der große Boom, der während der Pandemie eingesetzt hat, sei inzwischen auch vorbei. „Wir sind wieder auf dem Niveau von 2019“, sagt der Landwirt.

Heinen kämpft ebenso mit hohen Energiekosten bei der Produktion, im Sommer kam die Trockenheit dazu, zum Teil mussten seine Äpfel tagsüber beregnet werden. Das kostet Geld – an die Kunden weitergeben will er diese Kosten aber nicht. „Wir sind bei Anpassungen zurückhaltend, wir haben überwiegend die gleichen Preise wie im vergangenen Jahr“, so der Obstbauer.

Er hofft, dass die Energiekrise und die Inflation nicht dauerhaft dazu führen, dass viele Menschen ausschließlich auf günstige Lebensmittel zurückgreifen. „Ich glaube nicht, dass die guten Entwicklungen der letzten 10 bis 20 Jahre jetzt ruckartig und dauerhaft über den Haufen geworfen werden“, so Heinen. „Die Leute kaufen aus Sorge jetzt billig. Aber die Einsicht, dass Lebensmittel vor Ort produziert werden können, wird verstärkt wiederkommen“, ist sich der Weseler Landwirt sicher.