Weeze. Schon mal was von der Trüppeiche in Weeze gehört? Christoph Michels hat für sein Buch die stärksten und interessanten Bäume in NRW erfasst.
51°37’14.2“N 6°14’07.2“E. Mit einem solchen Koordinaten-Salat muss selbst ein Online-Kartendienst erst einmal zurechtkommen. Deshalb vorab schon mal die kleine Warnung: Nicht immer auf die nette Stimme aus dem Smartphone hören, manchmal kann auch sie sich verzetteln! Dabei ist der vereinbarte Treffpunkt eigentlich leicht zu finden, verrät später Christoph Michels. Er war allerdings auch schon so manches Mal hier, mitten im Wald von Schloss Wissen, um einen ganz besonderen Baum zu besuchen – alles im Rahmen seiner Recherchen für sein neu erschienenes Buch „Starke Bäume in Nordrhein-Westfalen“.
Die Autos bleiben am Wegesrand stehen, weiter geht’s zu Fuß. Es bleibt also etwas Zeit, um über die Faszination Wald zu sprechen. „Ich wurde in Goch geboren und war früher als Kind schon immer draußen“, erzählt Christoph Michels. Nach seinem Fachabitur in Forstwirtschaft, das gab es damals noch, studierte er Forstwirtschaft und wurde schließlich staatlich geprüfter Förster. Mittlerweile lebt er in Sonsbeck-Labbeck und übt zwei Berufe aus: Neben einer kaufmännischen Tätigkeit in einem Garten- und Landschaftsbaubetrieb leitet er ein privates Forstrevier in Xanten-Winnenthal. Seit einigen Jahren ist er außerdem Mitglied der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft (DDG).
Die höchsten, dicksten und stärksten Bäume
Noch nie davon gehört? „Das ist ein Verein, der sich unter anderem mit der Recherche von interessanten Bäumen befasst“, erklärt Christoph Michels. Dazu gehören auch die sogenannten „Champion Trees“, also die Rekordbäume, denen ein eigenes Gemeinschaftsprojekt mit der Gesellschaft Deutsches Arboretum (GDA) gewidmet ist. Gesucht werden die höchsten, dicksten, stärksten Exemplare jeder Art. Allerdings ist es gar nicht so einfach, die Dimensionen eines Baum zu erfassen, weiß der Experte: „Das Alter ist meist unbekannt und die Höhe kann man nur mit einem speziellen Gerät ermitteln.“ Ein gutes Kriterium ist daher der Stammumfang, der meist in einer Höhe von 130 Zentimetern gemessen wird.
Ein dicker Baum ist also ein starker Baum. Und ein solcher taucht plötzlich auch zwischen den vielen, im Vergleich eher schmächtig wirkenden Gewächsen im Wald von Schloss Wissen auf. „Das ist die Trüppeiche“, stellt Christoph Michels die imposante Gestalt vor. Allerdings hat sie es nur knapp ins Buch geschafft, denn mit 617 Zentimetern Umfang liegt sie gerade einmal wenige Zentimeter über der vom Autor festgelegten Grenze von sechs Metern. Schließlich soll es um die „richtig starken Bäume“ gehen. Dabei wirkt auch schon die Trüppeiche, die übrigens ihren Namen dem nahe gelegenen Trüpphof verdankt, ziemlich mächtig.
Die Trüppeiche im Wald von Schloss Wissen
„Das ist ein typischer Waldbaum, schlank gewachsen mit breiten Ästen“, beschreibt es der Experte. Die umstehenden Bäume haben das Licht abgefangen, sodass sich keine weit ausladende Krone entwickeln konnte. Auf 300 bis 350 Jahre schätzt er das Alter der Eiche, damit ist sie drei bis vier Generationen älter als die Bäume um sie herum. „Die Dimension war schon früher etwas ganz Besonderes, deshalb ist sie wahrscheinlich nie gefällt worden“, vermutet er. Genau das ist es auch, was ihn während seiner Recherche fürs Buch in den vergangenen elf Jahren so fasziniert hat – „die besonders charakteristischen Bäume herauszufiltern“.
Denn klar, es gibt noch deutlich Stärkere als die Trüppeiche in Weeze, beispielsweise die Mammutbäume in Nettetal (das sind natürlich die Champions der Champion Trees), und gerade im Münsterland stehen einige Eichen mit größerem Stammumfang. „Aber für den Niederrhein ist das eine außergewöhnliche Stieleiche“, hält Christoph Michels fest. Deshalb findet sich auf den 370 reich bebilderten Seiten auch so manch interessante Informationen. Wer hätte beispielsweise gewusst, dass es in NRW einen Efeu mit einem Umfang von 112 Zentimetern (damit ist der Durchmesser größer als die Längsseite eines DIN A4-Blattes) gibt?
267 Bäume in einem Buch
267 Bäume haben es ins Buch geschafft, 267 Bäume hat Christoph Michels besucht und fotografiert. „Ich war bis am letzten Zipfel von NRW“, erzählt er und lacht. Mindestens 90 Prozent der „starken Bäume in NRW“ hat er erfassen können, schätzt er. Viele von ihnen, so wie die Trüppeiche, stehen im öffentlichen Raum, einige dagegen auf Privatgrundstücken. Mit allen Besitzerinnen und Besitzern hat er gesprochen, manche wussten bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, welche Besonderheit bei ihnen im Garten oder auf dem Hof steht. „Die legen nun natürlich besonders großen Wert darauf, die Bäume zu erhalten“, sagt er. Vorbeischauen dürfen Interessierte bei den meisten auch. Praktischerweise gibt’s zu jedem Baum im Buch einen QR-Code mit den richtigen Koordinaten – damit sich auch wirklich niemand verlaufen muss…
>>> Starke Bäume in Nordrhein-Westfalen
Das Buch „Starke Bäume in Nordrhein-Westfalen“ hat 368 Seiten mit 515 Farbfotos und kostet 36 Euro. Erhältlich ist es in jeder Buchhandlung oder direkt beim Verlag Kessel unter www.forstbuch.de
Christoph Michels hat bereits mehr als die 267 im Buch erwähnten Bäume erfasst. Zu finden ist die umfassende Dokumentation auf seiner Homepage unter www.starke-bäume.de