An Rhein und Ruhr. Die Union will im Bundestag härtere Asylregeln notfalls mit Hilfe der AfD durchsetzen. Die Basis hat damit kein Problem
Als vor einem Jahr Hunderttausende Menschen in NRW gegen rechts und für die Demokratie auf die Straße gingen, richtete sich der Protest vor allem gegen die kurz zuvor öffentlich gewordenen Abschiebepläne der in Teilen rechtsextremen AfD. Jetzt ist auch die CDU in den Fokus des Protests gerückt, weil ihr Vorsitzender und Kanzlerkandidat Friedrich Merz nach dem Kindermord von Aschaffenburg noch vor den Bundestagswahlen knallharte Verschärfungen in der Migrationspolitik notfalls auch mit den Stimmen der AfD durchbringen will.
Die politische Konkurrenz schimpft über einen „Tabubruch“. An der christdemokratischen Basis wird das Vorgehen hingegen verteidigt. Aber reißt der Sauerländer Merz nicht gerade die „Brandmauer“ gegen rechts ein? „Ich denke, die Brandmauer steht“, sagt der Dinslakener CDU-Vorsitzende Joachim Kurda. Das Vorgehen von Merz empfinde er zwar als „ein wenig forsch“, in der Sache hat er aber kein Problem damit. Wenn es darum gehe, sinnvolle Vorschläge umzusetzen und man dafür die Zustimmung der AfD bekomme, sei das in Ordnung. Wichtig ist Kurda: „Keine Koalition mit der AfD. Das würde ein Beben auslösen.“
Kevelaerer CDU-Vorsitzender: Bin kein Verfechter von Brandmauern
Der Kevelaerer CDU-Vorsitzende Michael Kamps sagt, er sei kein Verfechter von Brandmauern. „Ich bin ein Verfechter von Sachdiskussionen.“ Wenn ein „vernünftiger Vorschlag“ vorgelegt werde, sei es unsinnig, ihn zurückzuziehen, nur weil die AfD zustimme. Das würde nur der AfD helfen. Bislang, so Kamps, habe er aus der Partei nur positive Rückmeldungen zu den Vorschlägen zur Verschärfung der Migrationspolitik bekommen. Er hat auch kein Problem mit der Einführung dauerhafter Grenzkontrollen, die in dem CDU-Antrag gefordert werden. „Bei den Kontrollen während der EM haben wir ja gesehen, was dabei rauskommt.“
Katrin Kersten lebt in Kranenburg, einer Gemeinde direkt an der niederländischen Grenze. Die Vorsitzende des CDU-Gemeindeverbandes glaubt nicht, dass sich für ihre Region durch die Einführung dauerhafter Grenzkontrollen viel verändern würde. „Es werden hier ja Gott sei dank viele Kontrollen durchgeführt. Man sieht ständig die Bundespolizei.“ Sie schränkt ein: „Ich weiß nicht, wo die Leute herkommen sollen, die man für dauerhafte Grenzkontrollen braucht.“
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Die Brandmauer nach rechts sieht Kersten nicht gefährdet. Es gebe, sagt sie, ja auch andere Möglichkeiten, um zu verhindern, dass die AfD das entscheidende Zünglein an der Waage bei der Abstimmung über eine schärfere Migrationspolitik wird. Sie sieht konkret die SPD und die Grünen in der Pflicht.
Manchen Christdemokraten ist aber offensichtlich bewusst, in welches Minenfeld sie ihr Vorsitzender geführt hat. Die Chefin der Klever CDU will nicht veröffentlicht sehen, was sie im Gespräch mit der NRZ gesagt hat. Stattdessen schickt Andrea Schwiete eine Stellungnahme ihres Stadtverbandes, in der die umstrittenen Anträge von Merz verteidigt werden. Sie zielten darauf ab, „drängende Probleme wie die Bekämpfung illegaler Migration und die Stärkung der inneren Sicherheit konsequent anzugehen“.
CDU Kleve: Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließen wir aus
Die CDU verfolge „ihre inhaltliche Agenda auf Basis ihrer Überzeugungen und nicht mit Blick darauf, welche Parteien möglicherweise zustimmen oder nicht“. Es wäre falsch, so die Klever CDU weiter, aus der „inhaltlichen Zustimmung einzelner Fraktionen zu unseren Initiativen zu folgern, dass eine ‚Brandmauer‘ eingerissen würde“.
Zugleich heißt es in der Stellungnahme der Klever CDU aber auch: „Eine Zusammenarbeit mit der AfD oder eine Abhängigkeit von deren Zustimmung zu unseren Anträgen schließen wir aus.“ Tatsächlich aber ist die CDU-Bundestagsfraktion abhängig von den Stimmen der AfD, wenn sie am Freitag ihre Anträge zur Verschärfung der Migrationspolitik durchbringen will.
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Die Wut über die Berliner Politik der CDU könnte sich in Kleve bereits in Sachbeschädigungen niedergeschlagen haben: Nach NRZ-Informationen wurden in der Stadt vier von neun Großplakaten der CDU beschädigt. „Verrat“ steht auf einem der Plakate mit dem Porträt des Kanzlerkandidaten in blutroten Lettern. Schmierereien seien im Wahlkampf-Alltag keine Besonderheit, sondern träfen „grundsätzlich alle Parteien“, wiegelt der Stadtverband ab.
In Moers hatten am Wochenende mehrere Hundert Menschen gegen rechts demonstriert. In Redebeiträgen wurde immer wieder der neue Kurs der Bundes-CDU scharf kritisiert. Die Moerser CDU-Stadtverbandsvorsitzende Julia Zupancic hält die Kritik für verfehlt. Die Brandmauer zur AfD stehe „felsenfest“, wie aus dem Antrag für den Bundestag hervorgehe. Die Bürger zweifelten an der Funktionsfähigkeit des Staates. Es sei nun an den „Ampelgescheiterten“, konstruktiv an Lösungen mitzuwirken. Für Zupancic ist die Kritik der politischen Konkurrenz ein „Ablenkungsmanöver“, das „uns in der Sache (…) keinen Schritt weiter“ bringe.