Essen. Friedrich Merz schließt eine Koalition zwischen CDU und AfD nach wie vor aus. Aber können die Wählerinnen und Wähler ihm das glauben?
„Die Union ist jedenfalls am ehesten gefordert und geeignet, eine Partei rechts von ihr klein zu halten. Das wird ihr misslingen, wenn sie […] die AfD ignoriert, ihr aus dem Weg geht […] oder ihren Sound nachmacht […]. Es bleibt nichts anderes übrig, als die AfD zu widerlegen. Das scheuen viele. Sie sagen sich, ,wer weiß, wozu die noch gut sein können‘. Geht es der CDU um Werte? Oder geht es um den Nutzwert der AfD?“
Diese Zeilen sind nicht aktuell. Dieser Kommentar wurde Anfang Juni 2014 von unserem Berliner Korrespondenten Miguel Sanches geschrieben. Damals nannte man die die AfD noch „eurokritisch“. Ebenso bis 2014 zurückverfolgen kann man den Streit in der CDU darüber, wie mit der heute mindestens in Teilen rechtsextremen Partei umgegangen werden soll.
Friedrich Merz hält nicht, was er verspricht
Friedrich Merz hat sich von Anfang entschieden, „den Sound der AfD“ nachzumachen. Seit er zurück an der Spitze der CDU ist, ist der rechte Flügel der Partei deutlich lauter und einflussreicher geworden. Ja, Friedrich Merz sagt immer noch, eine Koalition zwischen CDU und AfD nach der Bundestagswahl käme keinesfalls in Frage. Aber wer Friedrich Merz schon länger aufmerksam zuhört, weiß: Merz hält nicht, was er verspricht.
Im Dezember 2021 kündigte er als damals designierter Parteivorsitzender noch an: „Die Landesverbände […] bekommen von uns eine glasklare Ansage: Wenn irgendjemand von uns die Hand hebt, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, dann steht am nächsten Tag ein Parteiausschlussverfahren an.“
Hält die Brandmauer wirklich?
Im Januar 2025 ist im Landtag von Sachsen genau das passiert: CDU-Abgeordnete hoben die Hand für den AfD-Politiker Carsten Hütter und machten ihn zum Vorsitzenden der Parlamentarischen Kontrollkommission. Und Friedrich Merz? Tat erst nichts – und kündigte wenige Tage später an, ähnliches vorzuhaben: Abstimmen mit der AfD.
Im Dezember 2024 sagte der CDU-Vorsitzende mit Blick auf mögliche Koalitionen nach der Bundestagswahl: „Die Frage, mit wem man in eine Koalition geht, ist eine Frage der Schnittmengen in der Sache.“ Können sich die Wählerinnen und Wähler der CDU wirklich darauf verlassen, dass dieses Argument am Ende für Friedrich Merz nicht jenes sein könnte, mit dem er die Brandmauer einreißt? Die Frage, die Miguel Sanches schon 2014 stellte, dürften sich aktuell mehr Menschen stellen denn je: „Geht es der CDU um Werte? Oder geht es um den Nutzwert der AfD?“