Wesel. Wesel plant für 2025 mit einem Fehlbetrag von 15,3 Millionen Euro, der durch Rücklagen ausgeglichen werden kann. Zwei Fraktionen stimmen dagegen.

Als die Weseler Politik am Dienstag in der Ratssitzung mit 40 Tagesordnungspunkten bei der Verabschiedung des Haushaltsplans für 2025 ankam, war es schon 20.15 Uhr. Die Etatreden, sonst Mittelpunkt der letzten Ratssitzung des Jahres, fielen bei einigen Rednern unter Tagesordnungspunkt 38 etwas kürzer aus als üblich. Und bis auf zwei Fraktionen – die WfW und die Linke – stimmten alle dem Zahlenwerk zu, das zwar von einem Minus in zweistelliger Millionenhöhe für 2025 ausgeht, aber erneut aus den Rücklagen der Stadt ausgeglichen werden kann.

Im ersten Entwurf war noch mit einem Defizit von knapp 19 Millionen Euro gerechnet worden. Durch einige Veränderungen schrumpft der Betrag auf „nur“ 15,3 Millionen Euro. Auf der anderen Seite erhöht sich der Kreditbedarf von rund 52,2 auf 61,2 Millionen Euro. Durch einen „Kniff“ hat der Kämmerer in diesem Jahr das Defizit zusätzlich um gut fünf Millionen Euro senken können. Das Gesetz erlaubt es, die Aufwendungen um zwei Prozent niedriger anzusetzen als tatsächlich vorgesehen. „Globaler Minderaufwand“ nennt sich der Kunstgriff. Denn die Kommunen geben oft bis Jahresende weniger aus als geplant. Zum Beispiel, weil Baumaßnahmen verschoben werden müssen.

Weseler Politik sauer über schlechte Finanzausstattung der Kommunen

Auch wenn die Stadt erneut auf das Ersparte zurückgreifen kann, ist die Lage keineswegs rosig. Darauf wies auch Jürgen Linz (CDU) in der „kürzesten Haushaltsrede seines Lebens“ hin. „Auch wenn wir seit Jahren alles tun, um die Haushaltssicherung zu vermeiden, stehen wir dabei zunehmend mehr unter Druck.“ Die Verantwortung dafür sieht er bei Bund und Land. Die Städte dürften bei ihrer Forderung nach einer besseren Finanzausstattung nicht nachlassen.  „Eine höhere Beteiligung an der Mehrwertsteuer und auch an der Einkommenssteuer könnte helfen, damit die Schere zwischen Erträgen und Aufwendungen nicht noch weiter auseinander geht.“ Immerhin, so Linz, kann Wesel weiter in Schulen, Kitas und Straßen investieren.

Letzte Haushaltsrede für SPD-Fraktionschef Hovest

Ein sehr positives Bild zeichnete Ludger Hovest in seiner 40. und zugleich letzten Haushaltsrede. Er wird bei der Kommunalwahl 2025 aus Altersgründen nicht mehr kandidieren. Hovest hob die Investitionen der Stadt hervor, insbesondere für das Kombibad („eines der schönsten Bäder in Deutschland“), das nach derzeitigem Stand rund 45 Millionen Euro kosten wird. Er lobte auch den Ausbau des Rhein-Lippe-Hafens als „Zukunftsinvestition“. Die Innenstadt sei mit dem anstehenden Umbau des ehemaligen Kaufhofes auf einem guten Weg. Mit Blick auf die Finanzen wies Hovest darauf hin, dass die tatsächlichen Abschlüsse meist deutlich besser seien als der ursprüngliche Plan. So blieb im Jahr 2023 am Ende nur noch ein Fehlbetrag von 203.000 Euro.

Ulrich Gorris (Grüne) stellte den Klimaschutz in den Mittelpunkt seiner Rede und lobte die Fortschritte bei der Photovoltaik ebenso heraus wie das „Vorzeigeprojekt“ Eisspeicherheizung, die in der Grundschule Fusternberg installiert wird, und die steigende Zahl der E-Ladesäulen in der Stadt. „Nicht glücklich“ ist er mit den lückenhaften Busverbindungen in Wesel. Mit Blick auf die Diskussionen der vergangenen Wochen stellte er abschließend fest: „Ich kann mir Wesel ohne Migranten nicht vorstellen. Sie sollen nicht das Gefühl haben, nur negativ betrachtet zu werden.“

Haushalt: Kritik an „Bilanzkosmetik“ der Stadt Wesel

Deutlich kritischer sehen die WfW und die Linken die Haushaltslage. Thomas Moll hob auf die mit 6000 Euro pro Kopf zu hohe Verschuldung der Stadt ab, kritisierte die „Bilanzkosmetik“ und das „überdimensionierte Schwimmbad“ sowie die Planung einer Kita Am Feldtor abseits der Innenstadt. Die Haushaltssicherung werde nicht verhindert, sondern nur vertagt, so sein Fazit, wobei Moll die Schuld für die Finanzprobleme der Stadt auch beim Land sieht. Ebenso wie beim Kreis, der etwa mit einer ÖPNV-Umlage in Höhe vom 1,2 Millionen Euro für Wesel „ökonomischen Wahnsinn“ betreibe. Barbara Wagner (Linke) lehnte den Haushalt ebenso wie die WfW ab. Sie vermisst Investitionen in den Klimaschutz, kritisierte die fehlende Unterstützung für den Kommunaldienstleister ASG, hielt den anderen Fraktionen vor, dass sie über ihre Parteikollegen in Bund und Land die Lage für die Kommunen hätten verbessern können.

Auch Michael Oelkers (FDP) nahm den Kreis ins Visier und forderte, dieser müssen seine Überschüsse an die Kommunen zurückzahlen. Er lobte die Investitionen der Stadt, mahnte aber, man müsse die Folgekosten im Auge behalten, besonders beim Kombibad. Den Rekord der kürzesten Rede schaffte Marcel Schoierer (Die Partei), der kurz und knapp mitteilte, dass er dem Haushalt zu stimmen werde. Angesichts der Uhrzeit, es war 21 Uhr, nahm ihm das niemand übel.

Differenzierte Grundsteuer B ist beschlossen

Wie der Haupt- und Finanzausschuss sprach sich der Stadtrat für die sogenannte differenzierte Grundsteuer aus. Ab 2025 wird es unterschiedliche Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke geben. Für Wohnimmobilien liegt der Hebesatz im kommenden Jahr bei 782 Prozent, für andere Immobilien bei 1353 Prozent. Damit will die Stadt die Wohnkosten gering halten. Andere Kommunen haben sich wegen des Klagerisikos gegen diesen Weg entschieden. Der SPD-Antrag auf Senkung der Gewerbesteuer erhielt keine Mehrheit, der Hebesatz bleibt bei 468 Prozent.