Mülheim. Schon wieder verlässt ein alteingesessener Laden die Mülheimer City. Der Ausverkauf steht bevor. Den Mitarbeiterinnen wurde gekündigt.
Stammkundinnen wissen es schon. Sie haben Postkarten bekommen, die schlechte Nachricht vorab erhalten. Sie werden ihre BHs, Bodies, Nachtwäsche bald woanders kaufen müssen. Das Traditionsgeschäft für körpernahe Mode in Mülheim schließt in wenigen Wochen: Body & Beach Herta Oehler am Kohlenkamp.
Äußerlich deutet am Laden noch nichts auf den bevorstehenden Abschied hin. Die Schaufensterpuppen tragen, wie gewohnt, Hausanzüge oder Nachthemden, in der Auslage davor sind Dessous dekoriert. Keine grellen „Ausverkauf“ oder „Sale“-Schilder stören das Bild. Wer allerdings zur Stammkundschaft zählt und benachrichtigt wurde, bekommt bereits 20 Prozent Rabatt auf alle Artikel. Bis zum 23. Oktober. Danach beginnt der allgemeine Ausverkauf.
Mülheimer Traditionsgeschäft Herta Oehler schließt Mitte November
Herta Oehler, über Jahrzehnte ein inhabergeführter Laden, benannt nach seiner Gründerin, wurde 2012 an ein weit größeres Familienunternehmen verkauft: die Maryan Beachwear Retail GmbH mit Sitz in Murg nahe der schweizerischen Grenze. Sie betreibt unter dem Label „Body & Beach“ insgesamt zwölf Fachgeschäfte, darunter ein Outlet, mit teils exklusiven Marken. Eine Anfrage der Redaktion zur bevorstehenden Schließung der Mülheimer Filiale blieb unbeantwortet.
Telefonisch ist das Geschäft derzeit nicht erreichbar. Niemand hebt ab, der Laden öffnet jedoch wie gewohnt. Laut Info an die Stammkundschaft soll bereits am 13. November das Licht ausgehen. Ein Weihnachtsgeschäft wird es bei Herta Oehler nicht mehr geben und für die Mitarbeiterinnen vermutlich kein fröhliches Fest. Ihnen wurde gekündigt.
Mülheimer Traditionsgeschäft: 1950 eröffnet, anfangs nur Damenwäsche
Die Schließung reißt eine weitere Lücke in die ohnehin gebeutelte Mülheimer Innenstadt. Verloren geht ein ganz besonderes Geschäft. Eröffnet wurde es 1950 von Herta und Heinz Oehler, zunächst an der Wallstraße. Acht Jahre später zog der Wäscheladen, der anfangs ausschließlich Damenartikel im Sortiment hatte, an seinen heutigen Standort am Kohlenkamp. Direkt neben einen noch wesentlich älteren Mülheimer Traditionsbetrieb, das Stadtcafé Sander.
Anfang der Achtzigerjahre übergab Herta Oehler das Geschäft an ihre Tochter Christa Schulz, Ehefrau des bekannten Mülheimer Künstlers Peter-Torsten Schulz alias Petoschu. Sie stand rund vier Jahrzehnte im Laden, unterstützt von Mitarbeiterinnen, die hier teils ihr gesamtes Berufsleben zwischen BHs und Badeanzügen verbrachten, mittlerweile ergänzt um Pyjamas und Wäsche für den Herrn.
Ausverkauf geplant - nächste „Body & Beach“-Filiale weit entfernt
Als Christa Schulz den Laden an die Maryan Beachwear Retail GmbH verkaufte, konnte sie erreichen, dass alle Verkäuferinnen übernommen wurden. Filialleiterin wurde eine langjährige Kundin, Britta vom Felde. Mittlerweile führt Caroline Weinert das Geschäft. Sie und ihr Team müssen nun Ausverkauf und Abwicklung organisieren. Ausweichmöglichkeiten für Team und Kundschaft gibt es praktisch nicht. Der nächste „Body & Beach“-Store befindet sich in Nettetal-Kaldenkirchen, fast 60 Kilometer von Mülheims City entfernt.
Die Nachricht, dass Herta Oehler bald schließt, verbreitet sich gerade in der Stadt. Bis nach Saarn ist sie schon vorgedrungen, zu Anja Cruysen, die dort im vergangenen Sommer ebenfalls ein Traditionsgeschäft übernahm: den Mode- und Dessousladen ihrer verstorbenen Mutter Karin. „Ich weiß es von Kundinnen“, sagt Anja Cruysen. „Einige sind schon bei uns gelandet.“
Saarner Boutique will ihre Dessous-Abteilung erweitern
Ihre Boutique an der Düsseldorfer Straße sei das letzte inhabergeführte Fachgeschäft für Wäsche in Mülheim, so die Geschäftsfrau. Um Herta-Oehler-Kundinnen aufzufangen, würden sie jetzt „Wunschlisten“ zusammenstellen, abfragen, welche Marken und Produkte gefragt sind. „Wir würden unsere Wäscheabteilung dann auch erweitern“, kündigt Cruysen an.
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Auch die erste Google-Rezension zu Body & Beach Herta Oehler, die vom Ende einer langen Tradition kündet, ist schon in der Welt. Verfasst hat sie offenbar eine 85-jährige Mülheimerin, die die alten Zeiten noch aus lebhafter Erinnerung kennt. Sie schreibt: „Heute erfahre ich, schon wieder schließt ein mir seit ca. 1955 bekanntes Geschäft in der Innenstadt. Dort kauften meine Mutter und Oma schon Anfang der Fünfzigerjahre. Es wurde lange Zeit vorher schon gespart, damit sich beide Weihnachten was Besonderes leisten konnten. (...) Viele werden dieses Geschäft vermissen.“
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