Moers. Die ersten Bewohner haben die Unterkunft in Moers-Genend bezogen. Bei der Integration gibt es eine Hürde – bei der direkte Nachbarn jetzt helfen.

Am Donnerstag vor einer Woche haben die ersten Bewohnerinnen und Bewohner die neue Flüchtlingsunterkunft in Moers-Genend bezogen. 35 der 53 Zimmer an der Carl-Zeiss-Straße sind nach Angaben der Stadt Moers belegt, die allermeisten durch Geflüchtete aus der Ukraine. Auf 26 Quadratmetern leben meist vier Personen auf einem Zimmer, darunter viele Familien, aber auch einige Alleinstehende. Zuvor waren die Menschen im Hotel van der Valk untergebracht. „Die Bewohner sind mit dem Umzug zufrieden. Vor allem gefällt ihnen, dass sie hier in Genend endlich selber kochen können“, berichtet Anna Bajdukoff.

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Die 37-Jährige arbeitet bei der Stadtverwaltung als Betreuerin für Asylantragssteller und kennt die Befindlichkeiten der Geflüchteten genau. Sie sieht sich als Brücke zwischen Flüchtlingen und Stadt, als Übersetzerin und gewissermaßen sogar als Psychologin. Die kürzlich aus der Ukraine geflohenen Menschen vertrauen sich ihr an. Weil Anna Bajdukoff ihre Muttersprache spricht und ihre Situation nachempfinden kann. „Mit 20 Jahren kam ich als Aupair-Mädchen nach Deutschland. Es war extrem schwierig, mein Zuhause zu verlassen. Oft habe ich mich allein gefühlt.“ Dieses Gefühl sollen die neuen Bewohnerinnen und Bewohner in Genend nicht bekommen.

Integration in Moers: Rotary Club sammelt Fahrräder Geflüchtete in der Unterkunft Genend

Dort hätten sich die Geflüchteten bislang gut eingelebt. Sie wollen sich in die Gesellschaft einbringen, viele haben bereits das B1-Sprachniveau erreicht und wollen sich ihre Abschlüsse aus der Heimat anerkennen lassen. Einen Kritikpunkt gibt es dennoch: Die Verkehrsanbindung in Genend. „Das ist ein großes Thema. Die nächste Bushaltestelle ist an der Hauptstraße in etwa einem Kilometer Entfernung“, beschreibt Bajdukoff. Eine Anfrage der Stadt Moers bei der Niag nach einer neuen Haltestelle im Gewerbegebiet sei erfolglos geblieben. Die Anbindung der Geflüchteten beschäftigt auch Martin Tischer. Als Geschäftsführer der benachbarten Teamtischer GmbH kennt er die Situation vor Ort. Und beschloss in seiner zweiten Funktion, als Clubmeister des Rotary Club Moers, die neuesten Bewohnerinnen und Bewohner in Genend unterstützen zu wollen.

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Unter dem Motto „Integration durch Mobilität“ laden Rotary Club, Lions Club und die Hilfsplattform „Moers hilft“ am kommenden Samstag, 7. September, von 14 bis 21 Uhr gemeinsam zum großen Sommerfest auf dem Teamtischer-Gelände an der Carl-Zeiss-Straße 9. Bei Live-Musik, Bier, Wein, Speisen vom Grill oder von der Kuchentheke sollen in entspannter Atmosphäre reichlich Spenden gesammelt werden. Der Aufruf: Moerserinnen und Moerser, die Fahrräder egal welcher Größe besitzen und diese nicht mehr benötigen, können sie zugunsten der Geflüchteten beim Sommerfest abgeben. Dort werden sie von einer mobilen Fahrradwerkstatt untersucht und direkt verkehrssicher hergerichtet. Um den Prozess möglichst einfach zu machen, fahren die Rotarier Spenderinnen und Spender, die mit dem Fahrrad anreisen, per Shuttleservice nach Hause. Sogar ein Fahrrad-Abholdienst (Vereinbarung unter der Telefonnummer 0172/2608656) werde für Menschen eingerichtet, die sich beteiligen möchten, aber nicht selbst vor Ort sein können.

Spendenaktion für Flüchtlinge: Schon vor dem Sommerfest wurden viele Räder abgegeben

Bis Donnerstag sind bereits 20 Räder abgegeben worden. Das ursprüngliche Ziel von 50 Fahrrädern dürfte am Samstag erreicht, wenn nicht gar übertroffen werden, stellt Martin Tischer stolz in Aussicht: „Die Menschen können sich besser integrieren, wenn sie zur Schule oder zum Training kommen können.“ Im Gewerbepark habe zu Beginn der Unterkunftsplanungen eine gewisse Aufruhr geherrscht. Einige Gewerbetreibende hätten Sorge gehabt, die Bewohnerinnen und Bewohner könnten dort „herumlungern“, wie Tischer es darstellt. Sein Appell: „Lasst uns doch lieber etwas machen, damit es gar nicht soweit kommt.“

Guido Lohmann (Volksbank), Martin Tischer (Rotary Club Moers), Landrat Ingo Brohl und Michael Kuschke (Rotary Club Moers) begutachten die 20 bereits gespendeten Räder.
Guido Lohmann (Volksbank), Martin Tischer (Rotary Club Moers), Landrat Ingo Brohl und Michael Kuschke (Rotary Club Moers) begutachten die 20 bereits gespendeten Räder. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Mit der Aktion seien die Moerser Vereine sowie die vielen weiteren Beteiligten in Genend ein Vorbild für die Gesellschaft, lobt Landrat Ingo Brohl, der als Schirmherr fungiert: „In Zeiten, in denen der schwierige Diskurs über Migration geführt werden muss, bleibt klar, dass wir mit Menschen menschenwürdig umgehen und sie positiv aufnehmen müssen.“ Diesen Worten schließt sich Guido Lohmann an. „Bekundungen reichen nicht aus. Man muss etwas machen und Gesicht zeigen. Integration ist gerade jetzt wichtig“, meint der Vorsitzende der Volksbank Niederrhein, welche die Aktion mit einer Spendenhöhe von 5000 Euro plus 25 Euro pro gespendetem Rad unterstützt. Alle Erlöse des Rotarier-Sommerfestes kommen der Menschenhilfe zugute.

Infos zum Sommerfest

Das Programm des Sommerfestes des Rotary Clubs Moers beginnt am Samstag um 14 Uhr. Zu den Höhepunkten gehören Aufritte der „Jim Rockford Band“ sowie eines ukrainischen Kinderchors. Bei einem „Slow-Race-Parcours“ können Gäste um die Wette radeln, wobei der oder die Langsamste am Ende des Tages ein neues Fahrrad gewinnt. Auch die Polizei ist mit einem Pedelec-Simulator, einer Fahrradcodierungsaktion sowie Tipps für den Straßenverkehr vor Ort. Zudem werden für die jüngsten Besucherinnen und Besucher eine Hüpfburg und Kindertattoos geboten. Parkmöglichkeiten gibt es auf dem Gelände des benachbarten Unternehmens Schleupen SE am Galmesweg 58.