Moers. Nirgendwo sind die Selbstzahler-Kosten in Pflegeheimen so hoch wie in NRW. Unsere Auswertung zeigt: Auch in Moers fallen hohe Eigenanteile an.
Wer im Alter auf stationäre Pflege in einem Heim angewiesen ist, ist mit zunehmenden Kostensteigerungen konfrontiert. Wie berichtet, liegt der durchschnittliche Eigenanteil für einen Platz in den Pflegeheimen Nordrhein-Westfalens bei 3200 Euro. In keinem Bundesland ist der Preis, die Bewohnerinnen und Bewohner aus eigener Tasche bezahlen müssen, höher. Dazu zählen die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und für Investitionen in den Einrichtungen. Wenn ein Bewohner ein Einzelzimmer wünscht, ist dieser Zuschlag ebenfalls selbst zu zahlen. Die Pflegeversicherung kommt lediglich für Pflege und Betreuung auf. Hört man sich bei den Trägern der Heime in Moers um, wird schnell ersichtlich, dass der landesweite Trend auch vor der Grafenstadt keinen Halt macht.
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Der Awo Kreisverband Wesel berichtet etwa, dass der Eigenanteil für Bewohnerinnen und Bewohner des Johannes-Rau-Hauses in Moers-Mitte seit Anfang 2022 um etwa zehn Prozent gestiegen sei. Diesen Kostensprung begründet die Trägerin des Heims „insbesondere durch gestiegene Personal-, Energie- und sonstige Sachkosten, was sich entsprechend auf die Eigenanteile der Bewohner*innen auswirkt.“ Pro Monat fällt zurzeit ein Eigenanteil von 3080,94 Euro an – dieser Preis bleibt von Pflegegrad 2 bis 5 gleich. Zur Einordnung: Menschen mit einem Pflegegrad der Stufe 1 werden bei der Awo nicht stationär versorgt. Etwas geringer ist der Eigenanteil im ebenfalls durch die Awo betriebenen Willy-Brandt-Haus in Rheinkamp: Hier sind es monatlich 2690,04 Euro.
Hohe Kosten in Moerser Pflegeheimen: Weitere Steigerungen sind bereits abzusehen
Und die nächste Kostensteigerung sei bereits abzusehen: „Im Rahmen der aktuellen Pflegesatzverhandlungen auf Grundlage der tarifbedingten starken Personalkostensteigerung in 2024 und 2025 werden die zu zahlenden Eigenanteile voraussichtlich zum 01.10.2024 deutlich nach oben angepasst“, heißt es aus der Pressestelle der Awo.
Im Seniorenstift Bethanien ist der Eigenanteil noch etwas höher. Laut dem Pflegesatzrechner auf der stiftungseigenen Webseite liegt der derzeitige Eigenanteil für ein Doppelzimmer bei etwa 3870 Euro pro Monat. Dieser Wert gilt für Bewohnerinnen und Bewohner mit den Pflegegraden 2 bis 5. Anders als in den Awo-Heimen versorgt das Bethanien auch Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 - gegen einen Aufpreis von etwa 105 Euro. Ebenfalls gegen Zuschlag ist mehr Privatsphäre erhältlich: Für ein Einzelzimmer steigt der Eigenanteil um etwa 135 Euro und liegt somit in jedem Fall bei mehr als 4000 Euro.
Pflegeheime in Moers: Bewohner der Diakonie-Einrichtungen zahlen Eigenanteile bis zu 4400 Euro.
Ein Plus von rund 15 Prozent schlägt sich in den drei Senioreneinrichtungen der Grafschafter Diakonie, zwei in Moers und eine in Neukirchen-Vluyn, nieder. Dabei schlage neben der Inflation und höheren Tariflöhnen insbesondere der neue, bundesweit einheitliche Personalschlüssel zu Buche. Dieser soll gewährleisten, dass Einrichtungen mehr Personal beschäftigen sollen und können. „Es ist unstrittig, dass die Arbeit in der Pflege gut bezahlt werden muss und die Kolleginnen in den Pflegeeinrichtungen gute Arbeitsbedingungen haben müssen, um gute Arbeit zu Leisten und gute Qualität für die Bewohnerinnen und Bewohner zu erbringen“, betont Thorsten Krüger, Geschäftsbereichsleitung Senioren und Pflege bei der Diakonie.
„Beides kommt inzwischen besser zur Umsetzung, denn das Tariftreuegesetz zwingt (endlich) alle Träger, angemessenere Löhne zu zahlten. Die Kehrseite: das wirkt sich direkt auf die Eigenanteile aus.“ Im Rudolf-Schloer-Stift in Hülsdonk belaufen sich die monatlichen Kosten aus eigener Tasche auf 3823 Euro, im Haus für Jung und Alt in Meerbeck sind es 4362 Euro während in der Altenheimat Vluyn gar 4427 Euro im Monat fällig werden. Zur Wahrheit gehört auch: Ein Großteil der Bewohner der Diakonie-Einrichtungen bezieht Pflegewohngeld, welches den Eigenanteil um etwa 600 bis 800 Euro senkt.
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Kröger hebt hervor, dass Träger ihre Preise nicht frei gestalten können. Stattdessen werde jede Preiserhöhung mit den Pflegekassen, den Kommunen und dem zuständigen Landschaftsverband. Anhand der bisherigen Kosten wird den Trägern ein Budget zugestanden, welches keine Gewinnmöglichkeiten vorsieht. „Das macht es für die Träger zu einem jährlichen Balanceakt, ohne Defizit zu wirtschaften“, so der Geschäftsbereichsleiter.
Stadt Moers: Viele Anträge auf Pflegewohngeld und Sozialhilfe
Welche Folgen die Kostensteigerungen in Pflegeheimen haben, macht sich mittlerweile im Moerser Rathaus deutlich bemerkbar. Das Team der städtischen Pflegeberatung erhält viele Anfragen für persönliche Beratungsgespräche, wie Pressesprecher Thorsten Schröder darstellt: „Wir sehen uns insbesondere auch als Vermittler zwischen den komplexen Themen der Pflege.“ Nicht nur mit Fragen und Problemen richten sich viele Pflegebedürftige und deren Angehörige an die Verwaltungsmitarbeiter. Wie Schröder bestätigt, steigt die Zahl der Anträge auf Pflegewohngeld oder Sozialhilfe. Schätzungsweise 25 bis 35 Nachfragen und Anträge zu finanzieller Hilfe für den Pflegeheimaufenthalt gehen bei der Stadt Moers im Monat ein. „Den Antragstellenden ist u.a. auch bekannt, dass der Zugang zu den finanziellen Unterstützungsleistungen durch ein höheres Schonvermögen nun eher möglich ist“, schildert der Sprecher. Mit Jahresbeginn 2023 ist die Vermögensfreigrenze von 5000 auf 10.000 Euro gestiegen.
Insgesamt beziehen etwa 600 Personen in Moers Unterstützungsleistungen für die Unterbringung in einem Pflegeheim durch den Kreis Wesel als Träger der Sozialhilfe (Stand: August 2024). Die monatlichen Aufwendungen belaufen sich auf circa eine Million Euro.
„Das Tariftreuegesetz zwingt (endlich) alle Träger, angemessenere Löhne zu zahlten. Die Kehrseite: das wirkt sich direkt auf die Eigenanteile aus“