Kreis Wesel. Die Kostensteigerungen haben sich auch auf die Pflege ausgewirkt. Was ein Heimplatz im Kreis Wesel kosten kann und ob Kinder zahlen müssen.

Die Menschen im Kreis Wesel werden immer älter – und das Leben im Alter wird teurer und teurer. Wenn das Geld nicht mehr reicht, um den Eigenanteil für den Heimplatz zu bezahlen, können Pflegebedürftige Hilfen beantragen. Vielen Menschen fällt dieser Schritt nicht leicht, haben sie doch bis dahin in die Pflegeversicherung eingezahlt und konnten stets für sich selbst gut sorgen. „Viele sind sehr erschrocken, auf einmal in die Sozialhilfe zu rutschen“, weiß auch Susanne Strate-Nürnberg, Fachbereichsleiterin Stationäre Pflege bei der Awo im Kreis Wesel.

Zahlen kann hier der Kreis Wesel nennen, denn er ist als örtlicher Sozialhilfeträger zuständig. Demnach beziehen aktuell 1635 Personen über 65 Jahre Leistungen der Hilfe zur stationären Pflege. Pflegewohngeld wird in 1937 Fällen alleine oder neben der Hilfe zur Pflege gewährt, heißt es. Kostenträger für Leistungen der Hilfe zur stationären Pflege für Menschen unter 65 Jahren sei derweil der Landschaftsverband Rheinland (LVR), erläutert der Kreis. 170 Menschen in dieser Altersgruppe beziehen im Kreis diese Leistungen. Aber: „Nicht alle diese Personen leben in Heimen im Kreis Wesel, da für die sozialhilferechtliche Zuständigkeit der letzte Wohnort vor Aufnahme in das Heim maßgeblich ist.“ So kann es sein, dass jemand, der zuvor in Dinslaken oder Moers lebte, nun in einem Heim im angrenzenden Duisburg untergebracht ist. Die Leistungen zahlt auch in diesem Fall der Kreis Wesel.

Awo-Fachbereichsleiterin rechnet vor: So viel kostet ein Heimplatz

Wer in einem Heim lebt, muss einen Eigenanteil zahlen. Einen durchschnittlichen Preis zum Einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE) habe der LVR für den Kreis Anfang des Jahres noch mit 1276,83 Euro angegeben. Und nun? Gestiegene Kosten für Energie, Lebensmittel und Personal: Die Awo verzeichnete aus diesen Gründen über alle Einrichtungen Mehraufwendungen von zehn Prozent für Unterkunft und Pflege und habe die Kosten auf die Heimbewohner umgelegt. Susanne Strate-Nürnberg hat zuvor auch für andere Träger gearbeitet: „Ich habe noch nie eine solche Kostensteigerung erlebt.“

Sie rechnet den Eigenanteil eines Heimbewohners beispielhaft für das Johannes-Rau-Haus in Moers vor. Hier liege der EE nach der Steigerung bei 1375 Euro. Dabei bleibt es aber nicht: Dazu kommen 42 Euro für Unterkunft und Verpflegung pro Tag, außerdem 21 Euro Investitionskosten und eine Ausbildungsumlage von 4,69 Euro. Macht zusammen gerechnet beispielhaft für den Dezember knapp über 2700 Euro. Die Awo liegt damit noch knapp unter dem NRW-Schnitt, der liegt laut Horst Vöge, Vorsitzender des Sozialverbands VdK am Niederrhein, bei etwa 2850 Euro. Mit Blick auf das durchschnittliche Renteneinkommen „harter Tobak“, findet Strate-Nürnberg. Sie erläutert aber auch die Seite der Verbände, die zunächst in Vorleistung getreten seien, weil erst rückwirkend verhandelt werde. Entsprechend seien die gestiegenen Kosten hier zunächst gezahlt worden. Immerhin: Bei der Awo habe das nicht zu Einschränkungen geführt, so die Fachbereichsleiterin, die einordnend aber auf die Größe und Breite des Verbands verweist.

VdK: Was der Verband beim Thema Pflege kritisiert

Können die Angehörigen, etwa die Kinder, für ihre Eltern zur Kasse gebeten werden? Nur unter bestimmten Voraussetzungen. Horst Vöge verweist hier auf die Grenze von 100.000 Euro Jahresbruttoeinkommen, hier gilt nur das Einkommen des Kindes. Ansonsten kommt der Sozialhilfeträger auf.

Die gestiegenen Kosten treffen auch den ambulanten Bereich und seien eine Belastung für pflegende Angehörige, macht Horst Vöge deutlich. Der Großteil der Pflegebedürftigen, werde zu Hause versorgt. Vöge registriert durch den hohen Kostendruck eine „große Verunsicherung“ und „zunehmende Hilflosigkeit“, die Zahl der Widersprüche gegen abgelehnte Hilfsanträge steige. Er sieht in der aktuellen Gestaltung der Pflegeversicherung noch einen „riesigen Webfehler“, zu wenig Leistungen würden übernommen. Der VdK fordert daher eine Vollversicherung, vergleichbar mit der Krankenversicherung. Außerdem kritisiert er, dass der Bund den Zuschuss zur Pflege in Höhe von einer Milliarde Euro gestrichen hat.

Kreis Wesel: Hier gibt es Beratung rund ums Thema Pflege

  • Der Kreis Wesel empfiehlt, sich in einer der kommunalen Pflegeberatungsstellen beraten zu lassen. Diese informieren über alle wichtigen Aspekte, wie Finanzierung, Qualität, Struktur und lokale Angebote der örtlichen Pflegeheime.
  • Ausführliche Informationen zum Thema Pflege gibt es hier: www.pflege-kreis-wesel.de