Kleve. Während im Kreis Kleve versöhnliche Töne zur Entscheidung Nationalpark getroffen wurden, gibt es aus den Niederlanden heftige Reaktionen.

Die Reaktionen auf das Ergebnis des Bürgerentscheids zum Nationalpark Reichswald fallen unterschiedlich aus. Während die Verantwortlichen in Deutschland sichtlich um einen versöhnlichen Ton bemüht sind, gibt es auf niederländischer Seite kritische Töne. Oproep Gelderland titelte: „Kein Nationalpark, sondern turmhohe Windräder bei Nimwegen: Das wird allen Niederländern viel Geld kosten.

Eine Allianz gegen Windräder?

Nationalpark Reichswald - gute Idee oder Irrweg
Max von Elverfeldt © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Max von Elverfeldt, Sprecher der Gruppe „Unser Reichswald“, betonte in einer Stellungnahme, dass es gerade in den Gemeinden, die von einem Nationalpark betroffen gewesen wären, eine deutliche Ablehnung gegeben habe: „Zeigt dies doch, dass die Wählerinnen und Wähler sich dort intensiv mit den Nachteilen eines Nationalparks beschäftigt haben und rein emotionale Argumente der Befürworter wie die Sorge vor unzähligen Windrädern im Reichswald bei ihnen nicht verfangen haben“, so von Elverfeldt. Die Vernunft habe gesiegt. Es müsse man entstandene Gräben wieder schließen.

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Nationalpark Reichswald - gute Idee oder Irrweg
Ingrid van Gemmeren © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Ingrid van Gemmeren, Sprecherin der Initiative „Inter-Nationalpark schreibt, es sei ein gutes Zeichen, dass die Zukunft des Reichswaldes den Kreis Klevern am Herzen liege und die Demokratie noch funktioniere. „Die Entscheidung muss nun akzeptiert und respektiert werden. Den Blick nach vorn gerichtet muss nun aber diskutiert werden, wie der Reichswald zukünftig zu schützen ist. Denn Gegner wie Befürworter des Nationalparks haben sich immer für den Reichswald und gegen Windkraftanlagen ausgesprochen.“

Sie hofft, dass der Wald als Naturschutzgebiet mit möglichst hohem Schutzstatus ausgewiesen werden kann. „Zusammen mit den abwechslungsreichen niederländischen Naturgebieten könnte sich ein wertvoller Raum für Artenvielfalt, Schutz des Trinkwassers, Naturerlebnis und Naherholung entwickeln. Wir wollen uns dafür einsetzen und alle Menschen im Kreis Kleve einladen sich zu beteiligen!“

Nationalpark Auszählung
115.830 Stimmbriefumschläge sind für den Bürgerentscheid eingegangen. © NRZ | Petra Zellhofer-Trausch

Stadtwerke: Klimaresilienten Wald unterstützen

Die Stadtwerke Kleve und Goch äußern sich erleichtert darüber, dass „nunmehr kein komplexes Verfahren zur Sicherung der Trinkwasserversorgung folgt.“ Die Stadtwerke schreiben: „Wir werden uns weiterhin aktiv für den Schutz des Reichswaldes einsetzen und gerne auch zukünftig Maßnahmen zur Entwicklung eines klimaresilienten Waldes unterstützen. Es ist uns weiterhin wichtig, uns für die Region einzusetzen und unsere Kunden nachhaltig mit hochwertigem Trinkwasser zu versorgen“, sagt Claudia Dercks, Geschäftsführerin in Kleve. Man bekräftige das Engagement, weiterhin innovative Maßnahmen und Investitionen zu tätigen, um die Trinkwasserversorgung im Kreis Kleve langfristig zu sichern.

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Die SPD im Kreis Kleve bedauert die Entscheidung: „Am Ende müssen wir leider feststellen, dass es nicht gelungen ist, genügend Bürgerinnen und Bürger von der Sinnhaftigkeit einer Nationalpark-Bewerbung zu überzeugen. Offenbar hat sich das ständige Wiederholen von Falschinformationen der Nationalpark-Gegner am Ende ausgezahlt und die Gegner der Nationalpark-Idee haben es geschafft nicht nur eine Mehrheit gegen den Nationalpark zu organisieren, sondern mit Unterstützung der Kreis CDU ist der Kreis Kleve nun wieder tief gespalten in Süd- und Nordkreis“, so der SPD-Vorsitzende Thorsten Rupp. Auch er betont, dass nach dem nicht immer fair geführten Wahlkampf jetzt darauf ankomme, die Gräben wieder zu schließen.

Eine große Chance sei vergeben worden

Die Sprecher der Kreis Klever Grünen finden es schade, dass der Kreis Kleve eine riesige Chance vergeben habe: „Sowohl touristisch und wirtschaftlich hätten wir von einem Nationalpark stark profitiert. Aber auch für den Klima- und Artenschutz wäre ein Nationalpark ein Gewinn gewesen. Leider haben die sachlichen Argumente der Befürworter die Mehrheit der Menschen im Kreis Kleve nicht überzeugt“, so Jessica Kruchem und Olaf Plotke.

Der Omroep Gelderland ließ die kritischen Stimmen aus der niederländischen Grenzregion zu Wort kommen. Für die Niederländer steht quasi schon fest, dass Abo Energy jetzt freies Spiel hat für die Errichtung eines Windparks. Zitiert wird Erik de Gans aus der Gemeinde Groesbeek, der einst Beigeordneter war und jetzt die Stichting toerisme en recreatie (Ster) führt. De Gans sagt: „Die Windräder sind gigantische Dinger. Der Wald wird zur Industriefläche. Das ist eine Todsünde für dieses Gebiet und wird uns viele Übernachtungen kosten.“ Der Ster sind 130 Unternehmen angeschlossen. In der Gemeinde Berg en Dal gibt es jährlich 500.000 Übernachtungen. „Das ist ein ernstzunehmender wirtschaftlicher Faktor und ein Windpark wird allen Niederländern Geld kosten. Nicht nur den Unternehmen, auch der Kommune“, so de Gans. Zum Vergleich: Im gesamten Kreis Kleve lag die Zahl der Übernachtung vor Corona um die eine Million.

Sorge über einen Industrie-Windpark

Naturschützer Henny Brinkhof wird zitiert: „Die Menschen sind verrückt geworden“. In einer Video-Reportage von Omroep Gelderland macht er deutlich, was auf dem Spiel steht: Die beantragten Windräder hätten eine Narbenhöhe von 180 Meter, mit Windrad werden das 266 Meter. Ein Baum sei maximal 30 Meter hoch, so Brinkhoff. Er befürchtet, dass es auf Dauer auch nicht bei elf Windrädern bleiben wird. Die Erfahrung lehre, dass man weitere Windräder nicht verhindern könne, wenn in einem Gebiet einmal Windräder platziert worden sind.

Ob der Weg jetzt für einen Windpark frei ist, muss sich allerdings noch zeigen. Abo Energy soll zwar erste Gutachten, die für einen Bauantrag notwendig sind, in Auftrag gegeben haben, aber mit Blick auf die Nationalparkdebatte wurde noch kein Bimsch-Antrag gestellt. Ob im Reichswald Vorrangflächen für Windräder ausgewiesen werden, muss in der 18. Regionalplanänderung festgelegt werden. Dieses Verfahren läuft aktuell noch. Abo-Energy teilt der NRZ mit, dass man nach wie vor in der Antragsvorbereitung sei: „Wir hoffen, dass wir zeitnah den Antrag stellen können“, so ein Sprecher von Abo-Energy.