Emmerich. Kristin Pohl brennt für ihre Aufgabe als neue Leiterin der Gesamtschule. Sie plant sogar ihren Unterricht am Strand. Das sind ihre Ziele.
Sie brennt für ihre Aufgabe. Und sie brennt für ihre Schule. Das ist sofort spürbar, wenn man mit Kristin Pohl, der neuen Leiterin der Gesamtschule Emmerich, ins Gespräch kommt. Nachdem sich Christiane Feldmann, die erste Schulleiterin der vor zehn Jahren eröffneten Gesamtschule, in den Ruhestand verabschiedet hat, freut sich die 56-jährige Bocholterin, nun zu gestalten.
Als didaktische Leiterin 2019 zur Gesamtschule gekommen
1996 startete Pohl als Lehrerin in der Sekundarstufe II für Bio und Chemie. Zunächst als Vertreterin am Gymnasium Nottuln, dann fest angestellt an der Realschule Rheinberg. Anfang der 2000er-Jahre wechselte sie als Konrektorin zur Albert-Schweitzer-Realschule in Bocholt. Dass sie dann rund 17 Jahre am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildungen (ZfsL) andere Lehrer ausbildete, ist kein Zufall: „Ich liebe guten Unterricht“, sagt Pohl, die selbst am Strand als Hobby dafür Pläne schmiedet.
„Aber irgendwann habe ich gedacht, ich möchte nicht immer im Elfenturm bleiben“, so Pohl. Sie konnte halt immer nur Erwachsenen erklären, wie guter Unterricht funktionieren könnte. Ihr fehlte die Praxis, der Aha-Moment bei den Kindern. Dann bekam sie die „schönste Stelle als didaktische Leiterin der Gesamtschule Emmerich“, die sie 2019 antrat. Denn neben dem Unterricht war es ihre Aufgabe zu überlegen, wie das Kollegium den Unterricht verbessern kann: „Da konnte ich mich ausleben.“
Kristin Pohl schätzt Elternschaft und Lehrerschaft der Gesamtschule
Als dann der Abschied Feldmanns absehbar war, dachte Pohl: „Wenn man gestalten will, Systeme verbessern will, dann macht die Schulleitung wohl Sinn.“ Und sie ist es geworden. Damit einher gehe jetzt, neue Dinge zu lernen. Lehrereinstellungen etwa seien Neuland für sie, aber da könne sie auf ein gutes Netzwerk zurückgreifen. In ganz viel Organisation und Papierkram müsse sie sich einarbeiten. „Da muss man sehr verantwortungsvoll sein. Aber ich habe zum Glück ein sehr, sehr gutes Team hier!“, betont die 56-Jährige. Denn das Leitungsteam um Johannes Völlm, Sebastian Heinen, Malte Schulz, Jens Speh und Markus Laszlo bringe „sehr viel Kompetenz“ mit und „unterstützt mich sehr gut“.
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Die Gesamtschule Emmerich hat es Pohl angetan: „Ich schätze die Elternschaft und die Schülerschaft hier sehr. Wir können uns gut zusammen entwickeln. Ich möchte die Gemeinschaft, die Frau Feldmann schon gut aufgebaut hat, weiter stärken.“ Man habe durch qualitativ gute Arbeit, einer weltoffenen Sicht und einer Offenheit für Neues Eltern überzeugen können. Jedes Kind werde individuell gefördert und gefordert. „Wir lassen kein Kind zurück“, unterstreicht Kristin Pohl.
Familiärer Umgang mit der Oberstufe
Da sei es kein Zufall, dass die Gesamtschule auch ein hohes gymnasiales Potenzial habe entwickeln können. Die Abiturienten würden den familiären Umgang in der Oberstufe schätzen und fühlten sich gut aufgehoben. Hier wird auf Augenhöhe miteinander gesprochen. Als Beispiel nennt Pohl das Mentorensystem. Oder die freitäglichen Gesprächsrunden, in denen etwa 15 Schüler mit einem Lehrer über alles reden. Aktuell habe man die Schüler gefragt, was mit dem Zuschuss aus Homerun-Geldern gemacht werden soll: „Sie meinten, ein neuer Kühlschrank für die Oberstufen-Cafeteria wäre gut.“ So fühlten sich die Schüler beteiligt.
Herausforderung Mensa-Betrieb
Als Herausforderung sieht Kristin Pohl die Mensa: „Ich möchte Nachhaltigkeit forcieren. Darüber reden ist gut, aber man muss es auch tun.“ Deshalb sei es absolut richtig gewesen, dass die Stadt dem bisherigen Caterer gekündigt hat. „Das Essen war nicht gesund, die Herkunft war oft unklar, es gab viel zu viel Verpackung. Es gab hier keine Esskultur, keine erzieherischen Aspekte dabei. Wir brauchen einen passenden Caterer. Mit dem möchten wir uns gerne abstimmen.“
Dass Pohls hartes Urteil von Schülern geteilt wurde, lässt sich an den Zahlen ablesen: Von den über 1000 Schülern nahmen nur noch 30 mittags ein warmes Essen zu sich. Wie berichtet gibt es aktuell keinen Caterer für Emmerichs weiterführende Schulen, weil ein neuer Anbieter kurzfristig zurückzog.
Pohl möchte mit den Eltern und Lehrern darüber sprechen, ob nicht ein gemeinsames Mittagessen der Fünft- und Sechstklässler gut wäre, um eben eine Esskultur zu entwickeln.
Der persönliche Draht zu den Schülern habe sich insgesamt zum Pluspunkt entwickelt. „Wenn hier ein Schüler fehlt, dann wird nachgefragt und überlegt, was wir tun können“, schildert Pohl. Johannes Völlm hat mit der Stadt Emmerich jetzt die Plattform Web Untis eingeführt. Hier können Schüler, Eltern und Lehrer sich gut organisiert niederschwellig austauschen. Weiterhin als Lernplattform im Einsatz ist It‘s Learning. Die Stadt habe zudem mit der Anschaffung von iPads für alle Schüler gute Voraussetzungen geschaffen.
Mehr Montessori für Deutsch, Mathe und Englisch
Immer wieder werden kurzfristig ukrainische Schüler zugewiesen, die man verteilt auf die Klassen. Sie machen zur Hälfte Deutsch-Unterricht, zur Hälfte Fachunterricht. Oft kämen sie alle vom selben Ort, der gerade zerbombt wurde, aber Pohl verteilt maximal zwei Schüler zusammen, die sich kennen, auf eine Klasse: „Nach der Schule treffen sie sich ohnehin. Hier können wir die Integration fördern“, findet die Schulleiterin.
„Ich bin ein Fan der drei Gebäude“
Aktuell ausgeschrieben ist die Stelle eines Montessori-Koordinators. Der ehemalige stellvertretende Schulleiter Wolfgang Tyssen hatte hier einiges in die Wege geleitet, „40 Kollegen sind ausgebildet“, hebt Pohl hervor. „Es wäre schön, wenn wir die Fünft- und Siebtklässler zusammen unterrichten könnten. Dafür braucht es eine Vision. Es muss organisiert werden“, so Pohl. Der Montessori-Raum ziehe gerade vom Gebäude Paltjessteege ins Brink-Gebäude ein, damit die Montessori-Pädagogik stärker in Deutsch, Mathe und Englisch eingesetzt werden kann.
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Es kommen weiter Kinder aus der Ukraine
Apropos drei Schulstandorte: Mit 1063 Schülern ist die Gesamtschule richtig groß. Aber aus Sicht der Schüler, findet Pohl, seien die drei Schulinseln gut: „Ich bin ein Fan der drei Gebäude.“ So könnten Altersgruppen unter sich bleiben und sich in kleineren Systemen bewegen. Lediglich für die Lehrer sei die Fahrerei lästig. Für die Schüler sei der jeweilige Wechsel so auch räumlich spürbarer: „Wenn sie ab Klasse 10 zur Paaltjessteege wechseln, dann ist ihnen klar: ‚Jetzt sind wir die Großen‘.“
Der Umbau des alten Schulgebäudes am Grollschen Weg wird noch eine Weile dauern. Im Schuljahr 2025/26 würden immerhin drei naturwissenschaftliche Räume saniert. „Es ist ein Anfang, perspektivisch brauchen wir sechs Räume, die Stadt meint fünf.“ Da sei Geduld gefragt. Aber diese Räume seien dringend notwendig. Bis dahin gilt es, noch viel zu improvisieren und ganz sicher viel Gestaltungsspielraum für Kristin Pohl.