Duisburg. Werden weitere Riesen gesprengt? Duisburgs Oberbürgermeister sieht „das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht“ – und nennt zwei Bedingungen.

„Müll, Dreck, das Sicherheitsgefühl, der Stadtpark und die Weißen Riesen – es gibt einige Themen, die die Menschen in Hochheide sehr beschäftigen“, weiß Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link. Und er versucht die Be- und Anwohner des verschrienen Problemviertels zu beruhigen: „Wir nehmen sie ernst und arbeiten an ihnen, auch wenn Sie es nicht bei allen Themen sehen.“

Link sprach am Mittwochabend mit Hochheidern über den Zustand und die Zukunft des Stadtteils. Vertreter der Verwaltung standen Rede und Antwort, ebenso Polizeipräsident Alexander Dierselhuis, Bundestagsabgeordneter Mahmut Özdemir (SPD) und Norbert Lorenz von den Wirtschaftsbetrieben (WBD).

Sprengung des Weißen Riesen – OB: „Das ist eine langwierige Geschichte“

Rund 80 Anwohner waren zum Awo-Treff an der Ehrenstraße gekommen. Manche hatten einen mehrseitigen Fragenkatalog dabei, andere redeten sich den Frust frei von der Seele. Und auch nach der zweistündigen Veranstaltung hatten viele noch Redebedarf, wie Politik und Behörden die Probleme rund um die Hochhaussiedlung angehen wollen.

Der Weiße Riese an der Ottostraße 54/56 ist leergezogen und soll 2025 gesprengt werden. (Archivbild)
Der Weiße Riese an der Ottostraße 54/56 ist leergezogen und soll 2025 gesprengt werden. (Archivbild) © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Natürlich ging es um die Sprengung des Weißen Riesen an der Ottostraße 54/56, die sich schon mehrfach verzögert hat. „Das ist eine langwierige Geschichte“, gab Sören Link zu. Gleichzeitig versicherte er, dass das Gebäude im dritten Quartal 2025 fallen wird. „Das sehe ich als mutmachendes Zeichen. Wir lassen nicht locker.“

Oberbürgermeister zeigt sich offen für weitere Sprengungen

Ina Welzenbach wohnt seit 50 Jahren in Hochheide und fragte, ob weitere Hochhäuser abgerissen werden sollen. Konkret sprach sie das bekannte Haus an der Ottostraße 58 bis 64 an. „Wenn das stehenbleibt und sich das Klientel nicht verändert, habe ich große Befürchtungen, dass sich hier im Stadtteil gar nichts verbessert.“

Weitere Sprengungen seien erst mal nicht geplant, antwortete der OB. Die Struktur aus vielen verschiedenen Eigentümern erschwere es für die Stadt, weitere Gebäude zu kaufen. Er sagte aber auch: „Wenn wir Hochhäuser kaufen könnten und Fördermitteln bekämen, ist aus meiner Sicht das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht.“

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Er bezeichnete die „Armutszuwanderung aus Südosteuropa“ als das Grundproblem an den Zuständen. Das gebe es nicht nur in Hochheide und Duisburg. Es könne nicht in Duisburg, sondern müsse auf europäischer Ebene gelöst werden. „Arbeitnehmerfreizügigkeit ist eine gute Sache, aber bitte nur für Arbeitnehmer und nicht für Leute, die zuwandern, um Sozialleistungen zu beziehen.“

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Auch Bundestagsabgeordneter Mahmut Özdemir betonte: „Wir werden nicht das ganze Hochhausquartier aufkaufen und auch nicht Teile abreißen und wieder ertüchtigen.“ Er wolle jedoch Fördermittel aus Berlin besorgen, „um zumindest die Drohgebärde aufrechtzuerhalten, dass wir Käufe tätigen, wenn Eigentümer ihren Verpflichtungen nicht nachkommen“.

Kriminalität: Hochheide liegt bei Straftaten im stadtweiten Durchschnitt

Ein weiteres großes Thema am Mittwoch war die Kriminalität im Stadtteil. Polizeipräsident Alexander Dierselhuis schilderte erneut, dass die Polizei in Hochheide nicht übermäßig viele Straftaten feststelle. Insgesamt liege der Stadtteil im stadtweiten Durchschnitt, bei Wohnungseinbrüchen sogar darunter.

Auch am Weißen Riesen, an dem Ende Oktober rund 400 Einsatzkräfte alle 320 Wohnungen kontrollierten, seien Straftaten nicht das Hauptproblem. Durch den Müll und die ständigen Mieterwechsel komme es eher zu einem schlechten Sicherheitsgefühl. „Ich habe dieses Gefühl auch und würde dort auch nicht wohnen wollen. Aber Angst, dass man überfallen wird, muss man dort statistisch gesehen nicht haben.“

Müllproblem in Hochheide: Wirtschaftsbetriebe stellen „Umwelthelfer“ ein

Einig waren sich Publikum und Behördenvertreter, dass der ganze Müll rund um die Hochhäuser und am Bürgermeister-Bongartz-Platz stört, ebenso wie die Plage an Tauben, Ratten und Ungeziefer. Anwohner sehen die Gefahr, dass auch der künftige Stadtpark vermüllt werden könnte. So sagte die gebürtige Hochheiderin Petra Schoenenborn: „Mir geht seit Jahren ständig auf den Wecker, dass der Müll überall liegen bleibt und Ratten rumlaufen, weil sich bei vielen Flächen keiner zuständig fühlt.“

Die Wirtschaftsbetriebe Duisburg (WBD) sind zuständig, die öffentlichen Flächen im Stadtgebiet sauber zu halten. In der Hochhaussiedlung gehören jedoch einige Flächen zu den Riesen und damit ihren Eigentümern. „Wir können nicht auf privates Gelände gehen, um dort Müll zu entsorgen“, sagte Norbert Lorenz, der bei den WBD den Geschäftsbereich Stadtreinigung leitet.

Vertreter der Duisburger Stadtverwaltung, Polizei und Politik haben am Mittwoch mit rund 80 Bürgern aus Duisburg-Hochheide gesprochen.
Vertreter der Duisburger Stadtverwaltung, Polizei und Politik haben am Mittwoch mit rund 80 Bürgern aus Duisburg-Hochheide gesprochen. © Stadt Duisburg | Tanja Pickartz

Daher müsse bei den Bewohnern der Gebäude angesetzt werden: „Dort leben manche Leute, die Richtung Sauberkeit wenig oder keine Sympathie haben.“ Die WBD wende sich an die Hausverwaltung, wenn sie Ablagerungen auf Privatgelände feststellt. Außerdem habe sie „Umwelthelfer“ eingestellt, die Menschen in verschiedenen Sprachen auf Fehlverhalten ansprechen.

Das Unternehmen arbeitet dabei mit dem städtischen Ordnungsamt zusammen, wie Ordnungsdezernent Michael Rüscher bestätigte. „Die Mitarbeiter der Abfallaufsicht und des Ordnungsamtes sind nahezu täglich vor Ort.“ Wer Müll nicht richtig entsorgt oder Einkaufswagen nicht zurückbringt, werde zunächst freundlich angesprochen. Erfolgt keine Besserung, könne eine Ordnungsverfügung erteilt werden.

Ratten- und Taubenplage in Hochheide: Das plant die Stadt

Um die Rattenplage zu bekämpfen, habe das Ordnungsamt einen Schädlingskämpfer beauftragt. „Der fängt auch ordentlich“, meinte Rüscher. Auch die Population an Tauben solle reduziert werden, ergänzte Sören Link.

Die Stadt plane ein Taubenhaus in der Innenstadt und habe die Ausgabe eines Unfruchtbarkeitsmittel auf den Weg gebracht. Link sagte: „Eins von beiden können wir uns für Hochheide gut vorstellen, vielleicht auch eine Kombination aus beidem.“

Nach zwei Stunden schloss der OB die Veranstaltung mit den Worten: „Ich bin dankbar, dass wir seit Jahren engagiert für Hochheide arbeiten. Das ist teilweise sehr langwierig, aber man wird am Ende sehen, dass es vorangeht.“

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>> Hochhaus-Sprengung und Stadtpark-Bau: Die Zeitpläne

  • Die Stadt Duisburg hat zwei der ehemals sechs Weißen Riesen in Duisburg-Hochheide gesprengt. 2019 fiel das Gebäude an der Friedrich-Ebert-Straße 10-16. Zwei Jahre später wurde das Haus an der Ottostraße 24-30 gesprengt.
  • Mit der Ottostraße 54/56 soll nun der dritte Riese fallen. Erste Vorarbeiten für die Sprengung haben Ende September begonnen. Im dritten Quartal 2025 soll es abgerissen werden.
  • Auf den Abrissflächen der Hochhäuser lässt die Stadt den Stadtpark Hochheide bauen. Doch der Baustart verzögert sich und steht wohl erst Mitte 2025 an.
  • Der Park wird in drei Abschnitten gebaut. Der gesamte Park soll bis Herbst 2027 fertig sein.