Duisburg-Hochheide. Bewohner des Hochhauses in Duisburg-Hochheide kritisieren schlimme Zustände im und um den „Weißen Riesen“. Hier sehen sie Lösungsansätze.

Wer sich dem Hochhaus an der Ottostraße 58-64 in Hochheide nähert, der kann die weiße Matratze unmittelbar davor schon von weitem erkennen. Jemand hat sie hier vor einem Baum abgelegt. Ein paar Schritte weiter steht ein violettes Sofa mitten im Grünen. Rundherum: Plastikmüll, leere Zigarettenschachteln, Papier und Styropor – unbedacht weggeworfen.

Im „Weißen Riesen“ macht sich Unmut breit. Einige Bewohner klagen schon seit längerem über ein immer weiter zunehmendes Müll- und Sperrmüll-Problem rund um das Gebäude.

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„Jeden Tag fliegt hier Müll runter“, berichtet etwa eine Bewohnerin, die ihren Namen nicht öffentlich nennen möchte. Neben dem Hauseingang mit der Nummer 64 steht ein alter Kühlschrank, davor ein mit Müll gefüllter Einkaufswagen. Es dauert keine zwei Minuten, bis ein Herr das Hochhaus verlässt und einen schwarzen Flachbildfernseher gegen die Hauswand lehnt. Dass dies hier nicht der richtige Ort dafür ist, scheint er nicht zu wissen. „Dabei wird doch einmal im Monat der Sperrmüll abgeholt, das ist bekannt“, sagt die Bewohnerin. „Alle können den Müll an diesem Tag an dem richtigen Platz ablegen.“

„Weißer Riese“ in Duisburg: Tauben, Ratten und Kakerlaken im und am Hochhaus

Nicht nur der zunehmende Müll ist ihr ein Dorn im Auge. Auch die Tatsache, dass einige Bewohner ihn einfach aus dem Fenster werfen, sorgt für Unmut im Haus. „Neulich flog ein Kinderwagen aus dem Fenster der vierten Etage.“ Claudia Noorlander nickt. Sie ist Eigentümerin einer Wohnung im „Weißen Riesen“, in der sie auch selbst lebt. „Das ist zunehmender Egoismus“, sagt sie. „Überall wird hier illegal Sperrmüll abgeladen. Die Anonymität in so einem riesigen Haus schützt einen natürlich.“

Müll und Dreck verteilt sich rund um den „Weißen Riesen“ an der Ottostraße in Duisburg-Hochheide.
Müll und Dreck verteilt sich rund um den „Weißen Riesen“ an der Ottostraße in Duisburg-Hochheide. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Neben dem Müll verbreiten sich auch immer weiter Tiere im und um das Haus herum, beobachten die Bewohner. Ratten und Tauben machen sich breit, mittlerweile gebe es hier auch Kakerlaken – „die fahren sogar im Fahrstuhl mit.“ Das Hauptproblem sei vor allem eins: Die schwierige bis unmögliche Kommunikation der Bewohner untereinander. 320 Wohnungen gebe es hier, nur wenige seien nicht belegt. „Dafür gibt es in anderen Wohnungen eine Überbelegung“, berichtet Claudia Noorlander. „Da leben dann zehn Leute auf 84 Quadratmetern, davon viele Familien mit Kindern.“

Probleme im „Weißen Riesen“ in Hochheide: Ansprechpartner gefordert

Es sind viele Bewohner, viele unterschiedliche Vermieter, viele Nationalitäten und Sprachen, die hier in Hochheide aufeinandertreffen. Den Bewohnern ist wichtig: Niemand möchte hier bloß rumpöbeln. Vielmehr wollen sie Lösungsansätze liefern. „Mein Vermieter ist sehr nett, hört sich Sorgen und Nöte an“, berichtet etwa die Mieterin, die anonym bleiben will. „Es gibt hier ein paar sehr vernünftige Vermieter, andere kümmern sich jedoch überhaupt nicht.“

Die Bewohner im „Weißen Riesen“ in Duisburg-Hochheide verzweifeln: Das Müllproblem rund um das Hochhaus nehme immer weiter zu.
Die Bewohner im „Weißen Riesen“ in Duisburg-Hochheide verzweifeln: Das Müllproblem rund um das Hochhaus nehme immer weiter zu. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Ihr Vorschlag: „Es müssen Leute hier rein, die alle möglichen Sprachen sprechen, damit die Regeln in diesem Haus auch jeder versteht.“ Wenn vernünftig mit den Menschen gesprochen werde, dann könnten sie es auch verstehen. „Die lassen die Leute hier aber teilweise hängen, es muss vernünftige Ansprechpartner geben, direkt im Haus.“ Sie selbst werde oft von Bewohnern gefragt, warum es hier so dreckig sei. „Was soll ich denn da sagen?“ Sie kritisiert, dass nicht alles an den Hausmeistern hängen bleiben könnte – „die kommen mit dem Müll ja gar nicht mehr hinterher, dabei ist das ja gar nicht mehr deren Aufgabe. Die sind fertig.“

Hochhaus an der Ottostraße in Duisburg: Hausverwalter wechselte 2022

Auch Eigentümerin Claudia Noorlander plädiert für ein Mit- statt Gegeneinander. „Es muss hier mehr Gemeinsamkeit geben.“ Das Haus lasse sich aufgrund seiner Größe wie eine Siedlung betrachten. „Der Schlüssel ist, miteinander zu reden.“ Wer hier illegal Müll ablädt, müsse über die Videokameras, die am und im Hochhaus angebracht sind, herauszufinden sein. In ihren Augen sei hier die Stadt gefragt, dies als Geschädigte zu ermöglichen. „Es geht nicht darum, von den Leuten Geld zu kriegen“, betont sie. „Es geht um die abschreckende Wirkung. Durch die Kameras fühle ich mich sicher, warum nutzen wir sie nicht?“

Kritik äußert Noorlander vor allem an der Hausverwaltung, die im vergangenen Jahr gewechselt habe. „In den letzten Monaten wurde es hier immer extremer.“ So habe die neue Verwaltung unter anderem Hausmeister entlassen und die Stellen nicht wieder neu besetzt. Der jetzt noch tätige Hausmeister sei bereits seit Jahren im Objekt – „eigentlich als Teilzeitkraft.“

Ein gewohnter Anblick für die Bewohner im „Weißen Riesen“ in Duisburg-Hochheide: Müll stapelt sich hier regelmäßig.
Ein gewohnter Anblick für die Bewohner im „Weißen Riesen“ in Duisburg-Hochheide: Müll stapelt sich hier regelmäßig. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Hausverwalter ist seit 2022 die Grafschafter Immobilien Management GmbH mit Sitz in Bergheim. Das Unternehmen bestätigt auf Anfrage, dass es durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) an der Ottostraße 58 bis 64 beauftragt wurde, „das Gemeinschaftseigentum dieser Liegenschaft zu verwalten, da mit der ehemaligen Verwaltung nicht die gewünschten Fortschritte erzielt wurden und wir uns auf die Verwaltung von mittelgroßen bis großen Wohnungseigentümergemeinschaften spezialisiert haben.“

„Weißer Riese“ in Duisburg-Hochheide: Mieter wenden sich an die Eigentümer

Das Grafschafter Immobilien Management betont, dass bei der Betrachtung des Zustandes zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum sowie zwischen Mietern und Wohnungseigentümern differenziert werden müsse. „Das Hochhaus besteht aus vielen Eigentumswohnungen die jeweils verschiedenen Eigentümern gehören. Wir verwalten lediglich das Gemeinschaftseigentum im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft.“

[Lesen Sie hier: Weißer Riese in Duisburg-Hochheide: So viele Einsätze gibt es hier]

Dazu gehören beispielsweise gemeinschaftliche Flächen und das Gemeinschaftsvermögen. „Das Sondereigentum, also die Wohnungen mit Ihren Mietern/Bewohnern, wird von den jeweiligen Wohnungseigentümern selbst oder von durch diesen beauftragten anderweitigen Verwalter betreut.“ Das heißt: Mieter wenden sich bei Problemen also an den jeweiligen Eigentümer, dieser kann sich gegebenenfalls an den Hausverwalter wenden.

Grafschafter Immobilien Management: Hoffnung auf Besserung im „Weißen Riesen“?

„Uns wurde ebenso wie Ihnen zugetragen, dass es wohl in einigen Wohnungen hygienische Missstände geben soll, die dazu führen können, dass sich Ungeziefer aus diesen Wohnungen in die Gemeinschaftsflächen verbreiten“, teilt das Unternehmen weiter mit. „Sobald uns Schädlinge im Gemeinschaftseigentum durch die Wohnungseigentümer gemeldet werden, beauftragen wir einen Hausmeister oder eine Schädlingsbekämpfung mit der Behebung des Missstandes.“

Müll und Dreck rund um das Hochhaus „Weißer Riese“ in Duisburg-Hochheide ist ein zunehmendes Problem.
Müll und Dreck rund um das Hochhaus „Weißer Riese“ in Duisburg-Hochheide ist ein zunehmendes Problem. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Viel mehr kann die Grafschafter Immobilien Management GmbH nicht sagen, verweist darauf, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft dem Prinzip der Nichtöffentlichkeit unterliegt. Nur so viel: „Wir können an dieser Stelle jedoch mitteilen, dass kürzlich die erste Wohnungseigentümerversammlung in unserer Amtszeit stattfand und die WEG Beschlüsse gefasst hat, die uns zuversichtlich stimmen, dass sich die Gegebenheiten vor Ort nachhaltig verbessern.“

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Das hoffen auch die Bewohnerinnen und Bewohner im „Riesen“. Ausziehen ist für viele hier keine Option. „Das sehe ich nicht ein“, betont etwa die Anwohnerin. „Wo soll ich denn überhaupt hin? Die Wohnungen hier sind optimal, das kriegt man doch heutzutage gar nicht mehr.“ Der Wunsch der Bewohner: Miteinander statt gegeneinander, mit Hilfe und Unterstützung von Stadt und Politik. Ob er in Erfüllung geht, ist ungewiss.