Düsseldorf. Auf dem Weg zur Klimaneutralität passiert in Düsseldorf zu wenig, sagt die SPD und wirft der Stadtspitze Fehler vor. Die Kritikpunkte im Detail.

Auf dem Weg zu der im Jahr 2035 angestrebten Klimaneutralität passiert in Düsseldorf viel zu wenig, denn in Sachen Verkehrswende verhindern CDU und Grüne mehr als sie vorantreiben. Dieses (versetzungsgefährdende) Zeugnis stellt die SPD der aktuellen Stadtregierung aus. Es werde stets viel angekündigt, aber kaum etwas umgesetzt, so die Kritik der Sozialdemokraten. „Schwarz-Grün hat in den vergangenen Jahren eine große Chance vertan“, meint die SPD-Fraktionsvorsitzende Sabrina Proschmann. „Ich frage mich, warum die Stadtspitze in Zeiten, in denen es keine Wahlen gab, nicht auf die anderen Parteien zugegangen ist, um gemeinsam Konzepte zu entwickeln.“

+++ Folgen Sie der NRZ Düsseldorf jetzt auch bei Instagram! +++

Die SPD stellt nun für den Ordnungs- und Verkehrsausschuss (OVA) am Mittwoch (30. Oktober) einen haushaltsbegleitenden Antrag, der beinhaltet, dass die Verwaltung Maßnahmen im Bereich ÖPNV und Radverkehr priorisieren soll. „Wir haben schon viele Anträge im Ausschuss gestellt, die selten angenommen, im besten Fall verwässert wurden“, ergänzt Ratsherr Martin Volkenrath. „Unter OB Keller geht die Verwaltung stets drei Schritte vor, dann aber wieder zwei zurück. So erreichen wir unsere Ziele nicht.“

Im Sommer 2019 hat der Stadtrat beschlossen, bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu werden. Die dazu angelegte „Merit Order Verkehr“ sollte den Weg bis dahin ebnen. In dieser Studie enthalten sind neun Handlungsempfehlungen, die jeweils zahlreiche Einzelmaßnahmen mit sich bringen. Unter anderem sollte bis zum Jahr 2025 das Düsseldorfer Radwegenetz auf rund 300 Kilometern realisiert werden. „Bis Anfang 2024 hat die Stadt aber nur zwölf Kilometer geschafft“, betont Volkenrath. „Das ist natürlich ein schlechter Witz.“ Auch die geplanten neuen Radleitrouten drei bis sechs sollten bis dahin fertig geplant sein. Davon könne aber keine Rede sein. In der kommenden Woche erfolgt gerade einnmal ein Spatenstich für Route 1.

„Der Ordnungs- und Verkehrsausschuss fordert die Verwaltung auf, ein Konzept anzulegen, das die unterschiedlichen Pläne für das Radhauptwegenetz, die Radleitrouten, die Nachbarschaftszonen, das Zielkonzept Stadtbahn/Straßenbahn, die Mobilstationen übereinanderlegt und um eine Festlegung des Kernstraßennetzes sowie Maßnahmen für Fußgänger ergänzt. Die daraus entstehenden Maßnahmen sind im Sinne der Merit Order Verkehr zur Erreichung der Klimaneutralität 2035 priorisiert umzusetzen.“ So der Antrag der SPD im OVA im Wortlaut. Nun kann man sagen, der Antrag sei in seiner Formulierung schon falsch, weil er erneut zu viel Raum für Verwässerung gebe. Sabrina Proschmann sieht das nicht so. „Es muss etwas passieren, und dieser Antrag soll ein Signal dafür geben. Wir kritisieren nicht als Opposition, sondern als Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Wir dürfen uns nicht mehr in Einzelmaßnahmen wie autofreien Tage verheddern.“

Ein Beispiel für diese kontraproduktiven Aktionen sei auch das Konzept „Wege für Alle“, das im Sommer von Oberbürgermeister Stephan Keller angekündigt wurde. Ein „Claim“, mit dem die Stadt Düsseldorf ihre Mobilitätsprojekte „sichtbarer“ machen will. Damals betonte der OB nicht zum ersten Mal während seiner Amtszeit, dass es im Rahmen der Verkehrswende keine Priorisierung von Radfahrenden oder Fußgängern geben wird. Wichtig sei die Wahlfreiheit, sagte der OB bei dem Pressetermin vor anderthalb Monaten. Und: Man wolle niemandem vorschreiben, wie er sich fortzubewegen habe. Proschmann sagt dazu: „Das ist nicht ‚Wege für alle`‘, sondern eher ‚Jeder gegen jeden‘.“

Es fehlt einfach an Personal in der Stadtverwaltung

Das Versagen in Sachen Mobilitätswende macht die SPD dann auch bei Keller persönlich aus. „Die Stadtverwaltung ist als eine Einheit zu betrachten, an deren Spitze der OB steht“, sagt Martin Volkenrath. „Es fehlt bei der Stadt einfach an Personal.“ Ratsherr Tobias Kühbacher, der für die SPD in der Kleinen Kommission Radverkehr sitzt, ergänzt: „Die Stadtkämmerin präsentiert uns jedes Jahr gute Haushaltszahlen, die nur deswegen möglich sind, weil Maßnahmen nicht umgesetzt werden. An Geld scheint es also nicht zu fehlen, sondern an Personal.“

Dem Vernehmen nach sind im Amt für Verkehrsmanagement derzeit viele Stellen unbesetzt. Da muss laut SPD endlich etwas passieren. Sabrina Proschmann verweist in diesem Zusammenhang auf Kellers Law & Order-Mentalität. „Als das Ordnungsamt notorisch unterbesetzt war, gab es ja auch eine große Kampagne zur Fachkräftegewinnung für den OSD. Wie das Personal bei der Stadt eingesetzt wird, hängt dann wohl von den Vorlieben des Oberbürgermeisters ab.“

Verkehrsexperte Volkenrath lenkt den Blick auf die Stadttochter Connected Mobility Düsseldorf (CMD), die sich unter anderem für den Bau der neuen Mobilitätsstationen verantwortlich zeigt. „Die machen meiner Meinung nach ihre Arbeit richtig gut“, sagt der SPD-Mann. Eine fachliche Ausgliederung einiger Verkehrswende-Themen hält er daher für dringend notwendig. „Man sollte eine Gesellschaft mit ins Boot nehmen, die außerhalb der Verwaltung eigenständig und mit hoher Handlungskompetenz arbeitet“, so Volkenrath. „Ich rede jetzt nicht von Privatisierung, bestimmt nicht. Aber es kann nicht sein, dass du im Rathaus für jede Genehmigung im Rahmen der Verkehrswende 25 Unterschriften brauchst.“

Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Düsseldorf