Düsseldorf. 200 Jahre ist der Baum alt und zu einer weltweiten Berühmtheit geworden, die Post bekam. Jetzt wird die Kastanie gefällt – Fans sind eingeladen.
Es geht nicht mehr: Der Baumstumpf der Himmelgeister Kastanie ist nun doch so altersschwach, dass der endgültige Abschied von Düsseldorfs berühmtestem Baum naht. Am Freitag, 11. Oktober, lädt die Stadt um 15.30 Uhr zu einer öffentlichen Abschiedsveranstaltung für den einst so prächtigen Baum. In der Rheinaue wird dann die noch übrig gebliebene imposante Baumskulptur entfernt. Wer möchte, darf sich zur Erinnerung ein Stück Holz mitnehmen.
Briefe von Angela Merkel und Udo Lindenberg an die Düsseldorfer Kastanie
„Vor ein paar Wochen ist ein schwerer Ast heruntergebrochen“, erklärt Andreas Vogt vom Freundeskreis der Himmelgeister Kastanie, warum das Ende des Baumes etwas eher kommt als ursprünglich geplant. Als der etwa 200 Jahre alte Baum 2015 nach einem Pilzbefall so morsch geworden war, dass er radikal eingekürzt werden musste, da ließ man einen mehrere Meter hohen Stumpf stehen. Holzbildhauer Jürgen Bäßler schnitzte aus den Überresten des Naturdenkmals einen Baumgeist und der Eigentümer der privaten Grünfläche in der Rheinaue sagte zu, dass diese kunstvolle Erinnerung an die Himmelgeister Kastanie zehn Jahre stehen bleiben darf.
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Im kommenden Jahr wäre also sowieso Schluss gewesen. Andreas Vogt und seine Himmelgeister Mitstreiter konnten sich auf den endgültigen Abschied vorbereiten. „Emotional wird das am Freitag trotzdem werden“, sagt Vogt, der sich am Telefon mit „Baumgeistsekretär“ gemeldet hat. Mit der Himmelgeister Kastanie fühlt er sich seit sechs Jahrzehnten verbunden. Seine Kindheit hat er im Schatten der Kastanie verbracht. „Wir waren immer zum Spielen im Rheinbogen.“ Einmal war er sogar so innig mit dem am Ende fast 20 Meter hohen Baum verbunden, dass er ihn nicht mehr loslassen konnte. „Ich bin hochgeklettert und kam nicht mehr alleine runter“, erzählt der 60-Jährige und lacht bei der Erinnerung daran, wie ihn ein Förster retten musste.
Viele Jahre später hat er dann den Baum gerettet. Im Jahr 2006 sollte die weißblühende Rosskastanie nämlich gefällt werden, weil ihr ein Pilz zugesetzt hatte. Vogt organisierte gemeinsam mit anderen Baumfreunden eine Unterschriftenaktion, die den damaligen Oberbürgermeister Joachim Erwin dazu brachte, sich der Sache anzunehmen. „Er war persönlich hier und es wurde entschieden, dass der Baum doch nicht so krank ist, dass er gefällt werden muss.“
Der Baum blieb damals stehen, aber die Überlegung, wie man ihn langfristig schützen kann, ging weiter. „Meine Frau Sabine hatte dann die Idee, für die Kastanie eine eigene Postanschrift zu beantragen.“ Vorbild war die „Bräutigamseiche“ in Eutin in Schleswig-Holstein, damals Deutschlands einziger Baum mit eigener Adresse. „Wir wollten auch unseren Düsseldorfer Baum so berühmt machen, dass er unangreifbar wird.“
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Das Vorhaben gelang. Die Kastanie bekam 2007 eine Adresse und einen eigenen Briefkasten. Tausende haben ihr seitdem geschrieben und Andreas Vogt und sein Team haben im Namen des Baumes geantwortet. Der Himmelgeister Baum wurde weltberühmt, sogar das japanische Staatsfernsehen berichtete über ihn. „Die Post an unseren Baum kommt von überall her“, sagt der Baumgeistsekretär. Auch jede Menge Prominenz findet sich unter den Absendern, die der Freundeskreis auf der Homepage der Himmelgeister Kastanie zusammengetragen hat. Bekannte Menschen wie Angela Merkel, Horst Köhler, Nena, Udo Lindenberg, Heidi Klum, Günther Jauch oder Helene Fischer haben der Himmelgeister Kastanie Grüße geschickt.
Aber es gab auch die, die nicht zum Spaß geschrieben haben, sondern sich dem Baum mit all ihren Sorgen anvertraut haben. Manchmal auch so verzweifelt, dass Andreas Vogt beim Beantworten der Briefe Hinweise zu Beratungsstellen mitgeschickt hat. „Das konnten wir nicht auffangen.“ Viele der Briefe haben sich aber auch um glückliche Momente und die Liebe gedreht. In ihren 200 Jahren in der Himmelgeister Rheinaue hat die Kastanie unter ihrem Blätterdach viele Küsse erlebt und auch dem ein oder anderen Ja-Wort gelauscht.
Als sie 2015 dann doch so altersschwach war, dass sie bis zum Baumstumpf abgetragen werden musste, da wurde gleich in der Nähe eine neue Kastanie gepflanzt. „Sie ist schon ordentlich herangewachsen und sieht gesund aus“, sagt Andreas Vogt. Schon lange hat der junge Baum auch das Amt der Poststation übernommen. Der Briefe-Service geht weiter. Es sind zwar nicht mehr so viele wie früher, aber Andreas Vogt schätzt, dass es im Schnitt so drei bis vier Zuschriften pro Woche sind, die nach wie vor auch aus dem Ausland kommen. „Vor zwei Wochen hat die Kastanie einen neuen Briefkasten bekommen.“ Hier kann auch die Trauerpost hingeschickt werden, wenn die Geschichte der alten Kastanie am Freitag endet.
Infos zur Himmelgeister Kastanie
Am Freitag, 11. Oktober, beginnt um 15.30 Uhr die Abschiedsveranstaltung für die Himmelgeister Kastanie im Rheinbogen am Kölner Weg. Wer möchte, kann sich ein kleines Erinnerungsstück aus dem Holz des Baumes mitnehmen. Parkmöglichkeiten stehen am Parkplatz Himmelgeister Rheinauen zur Verfügung. Von dort sind es circa 15 Gehminuten. Der genaue Standort ist hier in Düsseldorf Maps markiert.
Wer der alten oder neuen Himmelgeister Kastanie schreiben möchte, kann das über diese offizielle Postadresse tun: Himmelgeister Kastanie, Kölner Weg, 40589 Düsseldorf.