Düsseldorf. . Der bekannteste Düsseldorfer Baum, die Kastanie in Himmelgeist, ist abgestorben. In Kürze schnitzt ein Bildhauer aus dem Baum eine Skulptur.
Einsam dastehend, vom Herbstwind kahl geschoren, hat sie von ihrer äußeren Pracht nichts verloren. Im Innern der Himmelgeister Kastanie steckt jedoch der Wurm – besser gesagt ein Pilz. Dieser hatte die stadtbekannte Kastanie am Rheinbogen 2006 befallen und verhindert seitdem die Nährstoffaufnahme des Baumes. Jegliche Versuche, die rund 200 Jahre alte Kastanie zu retten – etwa durch eine Vitalitätskur im Wurzelbereich – schlugen fehl. Das langsame Sterben der Kastanie konnte seitdem nicht verhindert werden.
Dabei hatte der Baum schon einiges überlebt: „1946 gab es hier einen Artilleriebeschuss von der anderen Rheinseite aus. Überall schlugen hier die Granaten ein, nur die Kastanie blieb unberührt“, erzählt Andreas Vogt, Mitglied des Freundeskreises der Kastanie im Himmelgeister Rheinbogen. Und dann die Naturgewalten: „Alle Bäume in der Umgebung wurden vom Blitz getroffen, die Kastanie weist keine Blitzspuren auf.“
Einfach fällen? – unmöglich
Doch die edle Roßkastanie einfach fällen – das will hier niemand. Nach einer langen Suche wurde jetzt eine Lösung präsentiert. „Die Kastanie soll in Form eines Kunstwerks weiterleben“, sagt Doris Törkel, Leiterin des Gartenamtes. Die Krähen, die jetzt noch in der Krone des Baumes nisten, müssen sich dann nach einem neuen Zuhause umsehen. Denn mit einer Kettensäge will der Holzbildhauer Jörg Bäßler die knapp 19 Meter hohe Kastanie zurechtschneiden. Am Ende soll aus der Sägearbeit dann die Figur eines rund drei bis vier Meter hohen Baumgeistes hervorgehen. Der Holzbildhauer aus dem Erzgebirge bringt schon einiges an Erfahrung mit, so zeichnet er sich beispielsweise für mehrere Skulpturen im Düsseldorfer Stadtwald verantwortlich. Einen Waldgeist hat der Künstler bereits für einen Wildpark geschaffen.
Die Entscheidung scheint beim Freundeskreis gut anzukommen: „Alle Menschen lieben den Baum, es ist eine Lösung, mit der wir alle leben können“, sagt Vogt. Wer sich noch ein Bild der vollständigen Kastanie machen möchte sollte schnell sein, denn schon am 14. Dezember sollen die Arbeiten losgehen. „Es ist ein Prozess live vor Ort“, erklärt Törkel. Zuerst werden die bruchgefährdeten Äste abgetragen. Tags darauf beginnt der Kettensägeschnitzer dann mit der direkten Bearbeitung des Baumstammes. Am Freitag, 18. Dezember, sollen die Arbeiten dann fertig gestellt und das Resultat präsentiert werden.
Der Bekanntheit des Baumes dürfte die Schönheitsoperation mit der Kettensäge keinen Abbruch tun. Schon seit geraumer Zeit ist die Kastanie über die Grenzen Düsseldorfs hinaus international beliebt. „Es war bereits ein Fernsehteam aus Japan zu Besuch, dass ein paar Tage hier am Baum gedreht hat“, erzählt Vogt. Auch in nächster Umgebung ist die Kastanie mit der Gesellschaft stark verwurzelt. Veranstaltungen und Festlichkeiten rund um die Kastanie finden jährlich statt, selbst Hochzeiten wurden unter dem Baum schon gefeiert. Den Bund der Ehe ist die Kastanie auch selbst schon eingegangen, nämlich mit einer Bräutigamseiche bei Eutin. Lange Zeit für Trauer wird dem Witwer jedoch nicht bleiben, denn die Ehe wurde auf eine in unmittelbarer Nähe neu gepflanzte Roßkastanie übertragen.