Düsseldorf. Tests und Beratungen zu sexuell übertragbaren Infektionen gibt es in Düsseldorf in mehreren Einrichtungen. Das sagen Beratende zu dem Thema.
Schon in der Schule lernen Jugendliche, wie Verhütungsmittel funktionieren und vor welchen Risiken sie schützen. Dennoch infizieren sich in Deutschland jährlich nach Schätzungen hunderttausende Menschen mit sexuell übertragbaren Infektionen (STI) wie Chlamydien, Syphilis oder Gonorrhö – auch in Düsseldorf. Anlässlich des Welttags der Sexuellen Gesundheit am Mittwoch, 4. September, ruft das Gesundheitsamt der Landeshauptstadt dazu auf, sich aktiv mit der eigenen sexuellen Gesundheit auseinanderzusetzen.
Beratung und STI-Tests vertraulich beim Gesundheitsamt
Die Fachstelle Sexuelle Gesundheit im Gebäude des Gesundheitsamtes in Oberbilk ist ein zentraler Anlaufpunkt für Beratung und STI-Tests. Nur ein kleiner Pieks und eine kurze Wartezeit sind nötig, um Gewissheit über eine mögliche Ansteckung etwa mit HIV zu bekommen. Das Beratungsangebot ist anonym und kostenfrei. Terminvereinbarungen für Tests sind online möglich unter www.duesseldorf.de/hiv-termine sowie telefonisch unter 0211-8992627. Eine offene Sprechstunde ohne Termine findet montags in der Zeit von 13 bis 14.30 Uhr statt. Auch gynäkologische Untersuchungen für unversicherte Personen werden angeboten. Ganze 2892 Tests und 1398 telefonische Beratungen führte die Stelle vergangenes Jahr durch.
Die Nachfrage nach den Angeboten der Fachstelle sei nach wie vor hoch, erklärt eine Stadtsprecherin: „Das Bewusstsein für die Risiken von sexuell übertragbaren Erkrankungen ist grundsätzlich vorhanden. Hierbei ist zwischen den verschiedenen Altersgruppen kein wesentlicher Unterschied festzustellen.“ Jedoch falle in den Beratungen auf, dass dieses Risikobewusstsein nicht zwingend ins tatsächliche Verhalten übertragen wird. Viele der Beratenen unterschätzen demnach ihr persönliches Infektionsrisiko.
„Den meisten Personen sind die häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen, beispielsweise Chlamydien und Tripper, namentlich durchaus bekannt“, so die Sprecherin weiter. Mehr Bewusstsein für sexuell übertragbare Infektionen, insbesondere in Bezug auf die Übertragung, sei dennoch wichtig. Einige Irrtümer rund um STI tauchten dabei immer wieder in den Beratungen auf: „Allein das Wort ‚Geschlechtskrankheiten‘ ist irreführend, weil es vermuten lässt, dass die Infektionen ausschließlich im Genitalbereich zu finden sind“, erklärt die Stadtsprecherin. Das Wissen über Schutzmaßnahmen müsse deswegen verstärkt werden, ebenso das Fördern von regelmäßige Tests sowie Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen.
Die Düsseldorfer Aidshilfe berät seit 1985
Außer dem Gesundheitsamt gibt es in Düsseldorf weitere Anlaufstellen zu dem Thema: Etwa die Aidshilfe Düsseldorf, die schon seit 1985 besteht. Beratungen zu HIV und anderen STI bietet der Verein in Bilk seit jeher an. Seit 2017 gibt es hier auch Testmöglichkeiten, spezifisch für homo- und bisexuelle Männer, erklärt Marco Grober, der den „Checkpoint Düsseldorf“ der Aidshilfe leitet und seit 24 Jahren in der Beratung tätig ist. Neben kostenfreien HIV-Tests kann auch auf weitere Infektionen getestet werden.
Seit Gründung des Vereins hat sich einiges verändert: Wer sich mit HIV infiziert, kann heute mit Medikamenten leben, ohne, dass die Autoimmunerkrankung Aids ausbricht. Seit 2016 gibt es außerdem die Möglichkeit „PrEP“, erklärt Grober: Dabei nehmen Menschen, die nicht infiziert sind, ein rezeptpflichtiges HIV-Medikament ein, dass eine Ansteckung verhindert. „Damit ist ein guter Schutz gegeben – sogar besser als durch Kondome.“
Dennoch: Für die größte Furcht sorgt weiterhin HIV. Oft meldeten sich Menschen bei der Beratung, die panische Angst davor haben, sich mit dem Virus angesteckt zu haben, erzählt Grober. Meistens stelle sich heraus, dass das Infektionsrisiko in diesen Fällen gar nicht besonders hoch war. „Leute melden sich etwa nach einem Seitensprung, oder nachdem sie im Bordell waren.“ Grober denkt, dass das bei einigen mit dem Gefühl zusammenhängt, schuldig zu sein, wobei HIV dann wie eine Art Strafe befürchtet wird.
Dabei gebe es andere STI, mit denen eine Ansteckung viel wahrscheinlicher ist: Etwa Chlamydien oder Gonokokken. Diese hätten viele Anrufer allerdings nicht auf dem Schirm, bis sie darauf hingewiesen werden. Grundsätzlich sagt der Düsseldorfer eins: „Alle sexuell übertragbaren Krankheiten außer HIV sind heute heilbar – und für HIV gibt es wirksame Medikamente.“ Der Beratungsansatz der Aidshilfe, die auch Workshops für Schulen und Pflegeschulen anbietet, sei ein „sex-positiver“, erklärt er. Es gehe nicht darum, dass Sex generell mit Gefahr assoziiert wird: „Sexualität soll etwas schönes sein“. Und mit dieser Grundhaltung informiert die Aidshilfe über Risiken und Schutzmöglichkeiten.
Rund 1100 Personen lassen sich jährlich am Checkpoint testen, 950 Leute telefonisch beraten, berichtet Grober. Alle Informationen über die Angebote des Vereins finden sich unter duesseldorf.aidshilfe.de. Telefonische Beratung gibt es Montags, Dienstags und Donnerstag zwischen 10 und 13, sowie 14 und 17 Uhr unter der Nummer 0211-19411.
Beratungsstelle gibt Workshops und Telefonberatung
Ein breites Beratungsspektrum bietet die Düsseldorfer Beratungsstelle des Vereins Pro Familia (Eigenschreibweise: „pro familia“), ansässig in Bilk. Rund um Themen wie Familienplanung, Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch, aber auch sexuelle Gesundheit gibt das multiprofessionelle Team der Stelle Rat und Unterstützung. Rund 3200 Beratungskontakte hatte die Einrichtung im vergangenen Jahr, erklärt die Sexualpädagogin Diana Heide. „Wir geben etwa 200 Workshops zur Sexuellen Bildung pro Jahr.“ Gebucht werden diese Workshops für Schulklassen, Wohngruppen oder weitere Einrichtungen für Jugendliche.
Oft entsteht der Beratungskontakt zu jungen Menschen im Anschluss an diese Termine, berichtet Heide. „Ganz viele hatten wegen Corona keinen Sexualkunde-Unterricht“, sagt sie. Die Beratungsstelle gebe ihnen die Möglichkeit, über viele offen gebliebene Fragen zu sprechen.
„Nach einer Langzeitstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist das Verhütungsverhalten von Jugendlichen so gut wie noch nie.“ Demnach schützten sich 95 Prozent der Mädchen und 90 Prozent der Jungen bei ihren heterosexuellen Kontakten. Vor zehn Jahren sei das noch deutlich geringer ausgefallen. Eine neuere Entwicklung: „Es wird unter jungen Frauen viel über die Pille gesprochen – aber eher kontrovers.“ Aufgrund der gesundheitlichen Auswirkungen verzichten viele junge Frauen heute auf die Pille, erklärt Heide – wodurch die Bedeutung von Kondomen noch gestiegen sei.
Jugendliche bekommen heute über das Internet viele Informationen zur Erwachsenensexualität, berichtet sie. Das Bewusstsein dafür, wo sie sich in ihrer eigenen sexuellen Entwicklung befinden, fehle aber oft. Und: Während HIV den meisten Jugendlichen ein Begriff sei, seien häufigere Geschlechtskrankheiten meistens weniger bekannt. „Darüber klären wir auf.“ Ebenso über die sichere Nutzung von Verhütungsmitteln. Bei der Beratungsstelle kann man etwa nicht nur Kondome, sondern auch ein sogenanntes „Kondometer“ abholen. Mit diesem Hilfsmittel lässt sich einfach herausfinden, welche Kondomgröße die richtige ist – und damit den sichersten Schutz bietet.
Sexualpädagogin appelliert an Eltern
Diana Heide appelliert auch an Eltern: „Eltern sind – das zeigen auch Studien – die wichtigsten Ansprechpartner, an die sich Jugendliche zum Thema Sexualität wenden.“ Deswegen sei es wichtig, dass Eltern das Thema sexuelle Gesundheit auf dem Schirm haben, und sich die Zeit nehmen, mit ihren Kindern darüber zu reden.
Alle Informationen über die Beratungsstelle von Pro Familia in Düsseldorf gibt es unter www.profamilia.de/angebote-vor-ort/nordrhein-westfalen/duesseldorf. Unter der Nummer 0211-315051 gibt es zu verschiedenen Themen telefonische Beratungsangebote. Eine Sprechzeit zu Themen sexueller Gesundheit gibt es jeweils Dienstags von 14 bis 15 Uhr.