Hamburg. Hannes Arendholz und Sebastian Heinz liefern mit ihrer Firma Marketinginhalte rund ums Essen und Trinken.
Schatz, hättest du gerne einen Kamillentee?“ „Du kennst mich so gut, ja gerne.“ Hannes Arendholz und Sebastian Heinz gehen besser miteinander um als viele Paare nach zehn Jahren Ehe. Liegt vielleicht auch daran, dass die Geschäftspartner gemeinsam nach dem Tee in ihrer neuen Bar morgens um 11.00 Uhr auch schon mal einen Rosé trinken, aber das dient ja ausschließlich der Job-Mission: Deutschlands erfolgreichster Produzent von Foodcontent zu sein und die Marke Foodboom auf so vielen Kanälen wie möglich auszubauen.
Jüngst zum Beispiel: Auf Instagram zeigt @drinkable_official Fotos von Cocktails und Longdrinks, die der durstige Social-Media-Nutzer sofort badewannenweise konsumieren möchte. Kaffee- und Teerezepte werden folgen, aber es macht ja immer Sinn, mit dem Wichtigsten zu beginnen. „Die Hausbar kommt zurück, und weil es bislang wenig gute Inhalte zum Thema Trinkkultur gibt, machen wir das jetzt mal“, sagt Sebastian Heinz. Der Content-Marketing- Experte ist bei Foodboom für das Boom verantwortlich, während sein Freund, der Profikoch Hannes, Food verkörpert.
Studios liegen in Rothenburgsort
Und wie! Arendholz kocht vor der Kamera von Rollbraten bis Chicken Nuggets alles, was nicht so kompliziert erscheint, und garniert es mit lockeren Sprüchen: „Ich bin ja eher so der abgedrehte Mensch.“ Das Gesicht des 36-jährigen ist durch die Kochvideos inzwischen so bekannt (20 Millionen Nutzer im Monat werden über das Web, App und Social Media erreicht), dass bei der letzten Eat-Style-Messe die Leute teilweise 40 Minuten am Foodboom-Stand warteten, um einen „Blankeneser Döner“ zu probieren. „Aber wir haben hier genug Banditen am Start, die ebenfalls ein ganz freshes Lachen zeigen“, sagt Hannes Arendholz und meint damit, dass zukünftig weitere Foodboomer als Moderatoren aufgebaut werden. Für den Bereich „Drinks“ wurde zum Beispiel extra eine bekannte Barkeeperin eingestellt, die nun an der neu gebauten Theke die Shaker schwingt. Viele Köche verbessern den Brei.
Die Studios von Foodboom liegen in Rothenburgsort an der Billstraße. Wer eine Lektion in Demut benötigt oder ein Fahrrad vermisst, der sollte mal vorbeischauen. „Vieles hier scheint unorthodox, schmerzhaft, verrückt, laut, dreckig und rechtsfrei zuzugehen. Doch wir haben uns hier unsere eigene kulinarische Spielwiese geschaffen“, sagt Sebastian Heinz und geht vom Bar-Set rüber in die Landhausküche, deren Anmutung sich für Rezepte wie Pizza oder Pasta eignet. Mehrere optisch ganz unterschiedliche Sets sind in einer großen Halle aufgebaut. Food-Stylisten dekorieren, Kameraleute und Tonassistenten rotieren um die dampfenden Töpfe herum; wer bei Foodboom arbeitet, der nimmt im Durchschnitt erst mal fünf Kilo zu, so verführerisch ist dieser Arbeitsplatz.
Suppe aßen sie im Kerzenschein zum Weißwein
Dabei gab es hier im November 2014 nur einen Heißlüfter, auf dem Hannes die von zu Hause mitgebrachte Suppe erwärmte, wenn er und Sebastian vom Hämmern und Bohren ein Loch im Magen hatten. Weil das Geld für Handwerker fehlte, schauten sich die beiden Freunde Tutorials im Internet an („Wie baue ich eine Regenrinne?“) und schufen ihren Arbeitsplatz, von dem aus sie Kochvideos für das Internet herstellen wollten, selbst. Jeden Abend nach dem normalen Job, denn von irgendwas muss ja die Miete bezahlt werden.
Die Suppe aßen sie im Kerzenschein zu einer Flasche Weißwein – romantischer kann ein Gründungsmythos nicht beginnen. Inzwischen ist Foodboom Medienhaus und Agentur gleichzeitig, neben den eigenen Videos erarbeiten die Rezeptingenieure und Kochvisionäre Inhalte für rund 100 Partner aus der Industrie wie Maille oder Gin Sul. Finanziell unterstützt werden sie von den Business Angels, denn es kostet richtig Geld, wenn der eigene Anspruch lautet: Es muss der Knaller sein.
Foodboom soll zu Lifestyle-Marke werden
Die neue App beispielsweise: Kühlschrank aufmachen, mit dem Handy die vorhandenen Produkte scannen, die App schlägt daraufhin passende Gerichte vor oder was man noch einkaufen müsste, um ein bestimmtes Gericht zuzubereiten. Die künstliche Intelligenz des Prototypen kennt bislang 20 Zutaten, es müssten aber mindestens 500 sein, um die angepeilte Hitrate von 99 Prozent zu erreichen. Nicht günstig, doch die Investition lohnt sich, sagt Heinz: „Machen die wenigsten, doch wir glauben noch an guten Content!“
Was kommt noch? Foodboom soll zu einer Lifestyle-Marke ausgebaut werden, die eigene Produkte vertreibt, Events gestaltet, Restaurants eröffnet. Das große Foodboom-Festival Ende August, bei dem sich bislang nur die Branchenvertreter trafen, wird eventuell um einen Tag für die Öffentlichkeit verlängert. „Unsere Marke funktioniert stark im Netz, wir möchten aber noch anfassbarer werden“, sagt Sebastian Heinz.
Kulinarische Reisen in Länder wie zum Beispiel Namibia, Thailand oder in die USA sind bereits im Programm. In Costa Rica etwa kochte Hannes mit Vertretern des letzten indigenen Volkes Kakao, grub Maniok aus 1,50 Meter Tiefe aus und ging zum Hochseefischen. Wie schmecken denn eigentlich andere Länder? Dieser Frage folgend bereiste das Filmteam 2018 jeden Kontinent. Die Foodboom-Weltherrschaft – angestoßen aus Hamburg – ist offensichtlich nicht mehr weit.
Am nächsten Mittwoch lesen Sie: Tarek Müller liebt Mode nur beruflich