Hamburg . Hamburgs Digital-Stars Teil 10: Das Unternehmen Facelift mit Benjamin Schroeter an der Spitze verbindet Firmen mit sozialen Netzwerken.

In den Worten von Benjamin Schroeter klingt die Idee, die Anfang 2011 zur Gründung der Hamburger Firma Facelift brand building technologies führte, ganz einfach: „Das Geschäft mit den sozialen Medien wird zum Goldrausch – und wir liefern die Schaufeln.“ Zwar denken viele Menschen bei diesen Netzwerken in erster Linie an Facebook, Twitter, Instagram oder auch YouTube. Tatsächlich gibt es daneben aber etliche weitere nicht ganz so geläufige Plattformen wie Pinterest, Snapchat, vk.com aus Russland oder auch Karrierenetzwerke wie Xing und LinkedIn.

Kernprodukt von Facelift ist eine Cloud-basierte Software, mit der Unternehmen ihre Werbeinhalte oder Texte in einem Arbeitsgang in etliche Social-Media-Dienste einspielen und Rückmeldungen oder Anfragen des Internet-Publikums in einem zentralen „Posteingang“ verarbeiten können. Darüber hinaus ermöglicht das Programm, die im Netz verfügbaren Daten von Wettbewerbern zu analysieren und die Wirkung von Werbekampagnen in den sozialen Medien zu optimieren. Der ehemalige Unternehmensberater Schroeter, wie sein Co-Gründer inzwischen 43 Jahre alt, startete Facelift zusammen mit seinem früheren Studienkollegen Teja Töpfer, der zuvor als Geschäftsführer des Hamburger Handels- und Schifffahrtsunternehmens Komrowski arbeitete – und 1996 einen Weltmeistertitel im Rudern errang. „Wir haben in den Jahren vor 2011 beide gesehen, wie groß Facebook in den USA schon war“, sagt Schroeter, „aber in Deutschland mussten wir zunächst noch viel Überzeugungsarbeit leisten.“

Die erste Programmierung machten Freiberufler

Seit damals seien die sozialen Medien in den Unternehmen jedoch „vom Praktikanten- zum Vorstandsthema geworden“. Zwar ist Facelift vor allem ein Softwareanbieter, doch beide Gründer sind keine ausgebildeten Programmierer. Das sei kein Nachteil, so Schroeter, der die Firma zusammen mit Töpfer immer noch leitet: „Wir haben eher aus Kundensicht gedacht.“ Die erste Programmierung übernahmen damals Freiberufler, von denen einige heute leitende Funktionen im Unternehmen haben.

Gut 2000 Kunden zählt Facelift inzwischen. Darunter sind Weltkonzerne wie Mercedes und Ikea, aber auch Betriebe mit nur zehn Beschäftigten. Entsprechend groß ist die Bandbreite der Beträge, die von Unternehmen für die Nutzung der Facelift-Produkte gezahlt werden: Die Spanne reicht von 1500 bis 100.000 Euro im Monat. Während Facelift zum Start nur zwei fest angestellte Mitarbeiter hatte – eben Schroeter und Töpfer –, sind aktuell rund 250 Personen für die Firma tätig, davon rund 200 in der Hamburger Zentrale nahe des Gänsemarktes. „Es wird tendenziell schwieriger, hier neue Mitarbeiter zu gewinnen, weil mittlerweile viele große Technologieunternehmen wie Google, Facebook und Xing mit Büros in Hamburg vertreten sind und alle um die gleichen Talente konkurrieren“, beobachtet der Facelift- Chef. Dabei sei der Personalbedarf weiterhin groß: „Wir sind derzeit auf der Suche nach rund 50 neuen Kollegen.“ Auch acht Jahre nach der Gründung entwickelt sich die Firma noch immer in rasantem Tempo.

Der Umsatz liegt bei mehr als 25 Millionen Euro

Der Umsatz, der bei „deutlich oberhalb von 25 Millionen Euro“ liegt, klettert um jährlich 50 Prozent. Man plane weitere Auslandsstandorte, um näher an den Kunden zu sein. Bisher gibt es Büros in Paris, London und auch in Dubai. US-Wettbewerber versuchten zwar immer mal wieder einen Markteintritt in Deutschland, „aber das ist wegen der hier geltenden Besonderheiten insbesondere auch beim Datenschutz schwierig für sie“. Facelift hingegen wirbt damit, dass alle von dem Unternehmen genutzten Cloud-Servercomputer in Deutschland stehen. „Zu unseren Kunden gehören Banken, Versicherungen, Krankenkassen, aber auch Ministerien und die Polizei – denen ist das wichtig“, so Schroeter.

„Qualität und Sicherheit aus Deutschland“ sei ein weltweit in den Köpfen verankertes Image: „Das hilft uns auch bei der Vermarktung auf anderen Erdteilen.“ An Kapital für die weitere Expansion fehlt es den Facelift-Gründern, die im Jahr 2014 zunächst 15 Millionen Euro von einem arabischen Investor einsammelten und Ende 2016 einen Mehrheitsanteil von 75 Prozent an die Kölner Mediengruppe DuMont abgaben, jedenfalls nicht. „Nach einer Zwischenphase, in der Investitionen im Vordergrund standen, sind wir nun wieder profitabel“, sagt Schroeter.

Ein Konjunkturabschwung könnte sogar Chancen bergen

Er befürchtet auch nicht, dass ein Wirtschaftsabschwung zu einem Einbruch der Werbung im Internet führt, sogar das Gegenteil sei möglich: „Die nächste Krise könnte einen Wachstumsschub für das Online-Marketing liefern, denn das Geld fließt dann dorthin, wo die Wirkung der Ausgaben messbar ist.“ Schließlich gelte für die Aktivitäten von Unternehmen im Internet schon seit Längerem nicht mehr die Devise „dabei sein ist alles“, es werde Effizienz gefordert.

Schroeters Vision: „Wir können der erste europäische Anbieter einer umfassenden ‚Marketing Cloud‘ werden.“ Das würde bedeuten, das bisherige Produkt um zusätzliche Funktionen, zum Beispiel für E-Mail-Kampagnen und Online-Werbung außerhalb sozialer Netzwerke, zu erweitern. Das anhaltende Wachstum liefert nach Einschätzung von Schroeter jedenfalls eine gute Voraussetzung, von Kunden auch mit zusätzlichen Aufgaben betraut zu werden. Größe sei in der Softwarebranche dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor: „Einem großen Anbieter trauen Kunden zu, auch in vielen Jahren noch am Markt zu sein, und dieses Vertrauen bringt zusätzliche Verträge − das ist eine Aufwärtsspirale.“