Hamburg. Wegen Lieferschwierigkeiten des britischen Motorenbauers Rolls-Royce können weniger A330neo-Jets gefertigt werden als erwartet.

Wegen neuer Probleme bei Triebwerkslieferanten hat Airbus die Prognose für die Jahresproduktion 2018 reduzieren müssen. Zwar erwartet der Vorstand des Flugzeugbauers unverändert, in diesem Jahr 800 Zivilmaschinen ausliefern zu können. Diese Zahl enthält nun aber rund 18 Regionaljets des Typs A220 – dies ist der neue Name für die vom kanadischen Bombardier-Konzern übernommene CSeries –, die bisher nicht mit eingerechnet waren. Ohne Berücksichtigung des Zuwachses durch den Zukauf veranschlage man die Zahl der Auslieferungen jetzt auf rund 780 Jets, sagte Airbus-Finanzvorstand Harald Wilhelm.

Lieferschwierigkeiten gibt es derzeit nicht nur bei Triebwerken für das Kurz- und Mittelstreckenflugzeug A320neo. Hier verursacht vor allem der amerikanische Motorenspezialist Pratt & Whitney die Probleme. Nun müssen jedoch auch die Auslieferungspläne für den neuen Langstreckenjet A330neo gekürzt werden. Hier geht es um verspätet gelieferte Triebwerke von Rolls-Royce. Nach Angaben von Wilhelm können bis Ende 2018 rund zehn Maschinen dieser modernisierten Variante des bewährten Modells A330 weniger fertiggestellt werden als zuvor erwartet.

Bis Ende September wurden insgesamt 503 Airbus-Jets ausgeliefert; somit müsste das Unternehmen im vierten Quartal knapp 300 weitere Flugzeuge produzieren, um auf die angepeilten 800 Flieger zu kommen. „Wir konnten zwar mehr Flugzeuge ausliefern als im Vorjahr. Allerdings liegt noch viel Arbeit vor uns, um unsere Zielvorgaben zu erreichen“, sagte der scheidende Vorstandschef Tom Enders bei der Vorlage des Neunmonatsberichts am Mittwoch.

Airbus konnte den Umsatz dennoch steigern

Zuletzt war es in der Endmontage in Hamburg auch noch zu Verzögerungen bei der Verkabelung der Kabinen des A321neo gekommen. Airbus sprach am Mittwoch von „einigen internen industriellen Herausforderungen“, ohne näher auf die Ursachen einzugehen.

Trotz diverser „Baustellen“ konnte der Konzern den Umsatz in den ersten neun Monaten 2018 um sechs Prozent auf 40,4 Milliarden Euro steigern, wobei die Zivilflugzeugsparte drei Viertel der Erlöse stellt. Der bereinigte Betriebsgewinn (Ebit) hat sich auf 2,74 Milliarden Euro mehr als verdoppelt, weil mehr Jets der Modellreihen A320 und A350 ausgeliefert wurden als im Vorjahreszeitraum. Nachdem die Geschäftszahlen besser ausfielen als von Analysten erwartet, legte die Airbus-Aktie um rund 4,5 Prozent zu.

Für das Gesamtjahr erwarten Enders und sein Finanzchef Wilhelm, die beide ihren Rückzug aus dem Vorstand für 2019 angekündigt haben, unverändert ein bereinigtes Ebit von etwa fünf Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr belief sich diese Kennzahl auf 4,3 Milliarden Euro.

Technische Schwierigkeiten bei Rolls-Royce

Am Freitag voriger Woche hatte der britische Triebwerksbauer Rolls-Royce die Branche aufgeschreckt: Die Produktion der Düsenmotoren vom Typ „Trent 7000“ liege weit hinter den für 2018 geplanten 30 Exemplaren zurück, teilte das Unternehmen mit – und ließ damit den eigenen Aktienkurs zeitweise um mehr als zehn Prozent abstürzen. Bis Ende Oktober dürften erst zehn dieser Triebwerke ausgeliefert werden, hieß es. Zu den neu entwickelten, besonders sparsamen Antrieben gibt es beim Airbus A330neo keine Alternative. „Wir haben Airbus ein erhebliches Problem verursacht“, schrieb das Rolls-Royce-Management in einer internen Mitteilung an die Beschäftigten.

Ein Blick in das Airbuswerk in Finkenwerder.
Ein Blick in das Airbuswerk in Finkenwerder. © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt

Rolls-Royce musste die Arbeiten am Trent 7000 offenbar auch deshalb zurückschrauben, um zunächst einmal die gravierenden technischen Schwierigkeiten beim Schwestermodell Trent 1000 in den Griff zu bekommen. Dieses Triebwerk, das für die Boeing 787 „Dreamliner­“ entwickelt wurde, fällt seit Längerem durch Haltbarkeits- und Zuverlässigkeitsmängel auf. Etliche Betreiber des Flugzeugs mussten zeitweise Teile ihrer Flotte auf dem Boden lassen, um zusätzliche Untersuchungen oder Nachrüstungen vornehmen zu können.

Vor gut einem Jahr war der A330neo zum Erstflug gestartet, die behördliche Zulassung liegt seit Ende September vor. Der Erstkunde TAP Air Portugal will den Jet in den nächsten Wochen in Empfang nehmen. Ein weiterer Kunde, WOW Air aus Island, erwartet seinen ersten A330neo nun nicht mehr im November, sondern erst im Februar.

Hochlauf der Programme A320 und A350

Doch nicht nur bei den neuen Airbus-Typen machen die Triebwerke Sorgen: Die arabische Fluggesellschaft Emirates hatte zwar im Januar das A380-Programm durch eine Nachbestellung von 20 Jets vor der vorzeitigen Einstellung gerettet. Weil Emirates sich laut Insidern aber bisher nicht mit Rolls-Royce über Leistungszusagen für die Motoren einigen konnte, wurden diese bisher nicht bestellt. Im schlimmsten Fall könne der komplette Auftrag noch platzen, hieß es in Branchenkreisen.

Selbst die verringerte Prognose für die Airbus-Flugzeugauslieferungen 2018 bedeutet allerdings noch eine deutliche Zunahme gegenüber dem Rekordwert des vergangenen Jahres von 718 Jets. Dies liegt am Hochlauf der Programme A320 und A350. Trotz der Verzögerungen bei A320neo-Triebwerken halte man an dem Ziel fest, die monatliche Produktionsrate dieser Flugzeugfamilie bis Mitte 2019 auf 60 Jets zu steigern, sagte Wilhelm. Über eine mögliche Ausweitung noch hinaus – die Airbus verschiedentlich in Aussicht gestellt hatte – werde man aber wohl erst im nächsten Jahrzehnt entscheiden. In Hamburg werden rund zwei Drittel aller A320-Maschinen endmontiert.