Für die Deutsche Bank läuft es nicht rund: Das Münchner Oberlandesgericht hat ihr im Kirch-Prozess ein hartes Urteil in Aussicht gestellt.

München. Kirchs Erben und Gläubiger hoffen auf Bescherung schon am Freitag (14. Dezember). Dann könnte das Oberlandesgericht München die Deutsche Bank zu einer Schadenersatzzahlung in Milliardenhöhe verurteilen. Aber vielleicht setzt es auch nur einen weiteren Verhandlungstermin im nächsten Jahr an – alles ist möglich, sagen Juristen und sind sich wenigstens in diesem Punkt einig. Ausgeschlossen scheint ein Vergleich in letzter Minute. Denn nach mehreren vergeblichen Anläufen herrscht Funkstille zwischen den Kontrahenten.

Ein Schlussstrich unter sämtliche Streitfälle vor allen Gerichten per Vergleich, das wäre für Richter Guido Kotschy ein großer Erfolg gewesen. Doch sein Wink mit dem Zaunpfahl brachte bisher nichts. Nach eineinhalb Jahren Beweisaufnahme hatte Kotschy bei der letzten Sitzung die „vorläufige Einschätzung“ seines Senats erläutert: Danach hat der Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer Anfang 2002 den vor der Pleite stehenden Medienzaren Leo Kirch in die Enge getrieben, um einen Sanierungsauftrag zu ergattern. Kirch habe dadurch einen finanziellen Schaden zwischen 120 Millionen und 1,5 Milliarden Euro erlitten.

Inzwischen haben beide Seiten dem Gericht ihre schriftliche Erwiderung zugeschickt. Wesentlich Neues steht aber nicht drin – die Anwälte hatten unmittelbar vor Kotschys Skizze des möglichen Urteils ihre Sicht der Dinge in Schlussvorträgen bereits lang und breit dargelegt. Am Freitag werde der Senat „über das bisherige Prozessergebnis mündlich weiterverhandeln“, teilte der Gerichtssprecher mit. Dann werde man sehen.

Der Aufhänger für Kirchs gleich nach der Insolvenz im April 2002 auf den Weg gebrachten Milliardenklagen waren zwei Sätze Breuers in einem Fernsehinterview zwei Monate zuvor. Auf die Frage, ob man dem mit 6,5 Milliarden Euro verschuldeten Münchner Film- und Fernsehkonzern mehr helfen werde, sagte Breuer: „Das halte ich für relativ fraglich. Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen.“

Damit hatte die Deutsche Bank ihre Schweigepflicht, wie der Bundesgerichtshof feststellte, gegenüber dem Kreditkunden Kirch-Printbeteiligung verletzt. Der Bundesgerichtshof hat deshalb entschieden: Die Bank muss dieser Firma Schadenersatz leisten – wenn ihr durch das Interview ein Schaden entstanden sein sollte.

Das sei jedoch nicht der Fall, hatte das Landgericht München daraufhin geurteilt und die Print-Klage auf 1,3 Milliarden Euro Schadenersatz abgelehnt – ebenso wie die Forderung des KGL Pools weiterer Kirch-Firmen nach mehr als 2 Milliarden Euro, die letztlich Leo Kirchs Erben, seinem ehemaligen Kronprinzen Dieter Hahn sowie der BayernLB und anderen Gläubigern zufließen würden.

In zweiter Instanz hat Richter Kotschy dem KGL Pool jetzt aber doch Schadenersatz in Aussicht gestellt – wobei er die Höhe zwischen 120 Millionen und 1,5 Milliarden Euro noch sehr unbestimmt gelassen hat. Die Deutsche Bank habe Kirch zwar nicht in die Pleite treiben, aber ein lukratives Beratungsmandat bekommen wollen und ihn deshalb „vor die Wahl gestellt, ihr Schutzschild anzunehmen oder unterzugehen“, sagte Kotschy. Das Interview sei eine kalkulierte „öffentliche Bloßstellung“ gewesen.

Breuer und die Deutsche Bank sehen sich von Kotschy zu Unrecht angeprangert und würden eine Verurteilung sicherlich beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe anfechten. Selbst wenn das Oberlandesgericht Revision nicht zulassen und das Urteil für sofort vollstreckbar erklären würde, wäre das für Kirchs Erben und Gläubiger nur ein wichtiger Etappensieg.