Kirch baute eines der größten TV-Imperien Europas auf. Die Kirch-Pleite von vor zehn Jahren beschäftigt noch heute die Gerichte.

München. Als Medienmogul Leo Kirch 2001 sagte: „Ich habe kein Geld, ich habe Schulden“, hielten die meisten Menschen das für Koketterie. Schließlich galt er damals als einer der reichsten Deutschen. Anfang 2002 aber stellte sich heraus, dass Kirch die Wahrheit gesagt hatte – vielleicht ohne sich dessen bewusst zu sein. Wie ein Kartenhaus brach sein Imperium unter Milliardenschulden zusammen. Vor zehn Jahren, am 8. April 2002, musste die KirchMedia, der Kern seines Imperiums, Insolvenz anmelden.

Es war die bis dahin teuerste Insolvenz in Deutschland und sie erschütterte die Medienlandschaft wie ein Erdbeben. Denn zu Kirchs Imperium gehörten unter anderem die Sender ProSieben, Sat.1, Kabel 1, DSF, N24 und Premiere. Im Sport hielt er die Rechte an der Fußball-Bundesliga, den Fußball-Weltmeisterschaften 2002 und 2006 sowie an der Formel 1. Und in Kirchs legendärer Filmbibliothek lagerten damals mehr als 63.000 Stunden Programm. Daneben war er mit 40 Prozent am Springer-Verlag beteiligt, hielt weitere Anteile an Constantin Film, der Kinokette Cinedom oder den Musik- und Produktionsfirmen FKM und Unitel.

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Auch in der Politik waren die Schockwellen zu spüren, hing doch die Bayerische Landesbank mit Krediten über zwei Milliarden Euro in der Kirch-Pleite. Grund genug für SPD-Politiker Sigmar Gabriel - damals Ministerpräsident von Niedersachsen -, nach einem Untersuchungsausschuss zu rufen, der die Rolle des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und dessen Finanzminister Kurt Faltlhauser (beide CSU) klären sollte. Kirch hatte stets gute Kontakte zur Politik gepflegt, speziell zur Union. Altkanzler Helmut Kohl zählte er zu seinen persönlichen Freunden.

Schon am Anfang des Medienimperiums des fränkischen Winzersohns hatten Schulden gestanden. 1956 war er nach Rom gefahren, um Fellinis Spielfilm „La Strada“ zu kaufen. Mit 20.000 Mark Kredit vom Schwiegervater legte er den Grundstein für seinen Aufstieg. Kirch ging immer aufs Ganze. Gewinne investierte er in neue, noch größere Geschäfte und lieh sich dafür noch mehr Geld.

Doch mit dem Abokanal Premiere World verrechnete sich der studierte Mathematiker. Mit immer neuen Investitionen in Exklusivrechte für Spielfilme, Fußball- und Formel-1-Übertragungen türmte er Schulden auf. Ob es am Ende dieser Schuldenberg oder ein Interview des damaligen Deutsche-Bank-Chefs Rolf Breuer war, was Kirch in die Pleite stürzte – diese Frage beschäftigt noch heute die Gerichte. Kirch, der stets behauptet hatte „der Rolf“ habe ihn „erschossen“, klagte über Jahre gegen die Bank und ihren Ex-Chef und forderte Milliarden. Ein Kampf, den seine Erben noch heute fortsetzen.

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Leo Kirch erlebt den Jahrestag seines Scheiterns nicht mehr. Vergangenes Jahr ist er gestorben. Ihm wären sicher passende Worte eingefallen. Schon 2002 hatte er den Untergang seines Imperiums bemerkenswert lakonisch kommentiert: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen.“ (dapd/abendblatt.de)