Athen hat sein Angebot auf den Tisch gelegt. Spannend ist vor allem die Frage, ob genügend private Investoren die Offerte annehmen.
Athen/Brüssel. Der griechische Milliarden-Schuldenrückkauf wird nach Einschätzung der Euro-Finanzminister gut ausgehen. Die Kassenhüter gaben sich bei ihrem Treffen am Montag in Brüssel betont gelassen. Große Anspannung herrschte dagegen in Athen beim Startschuss zur Angebotsrunde für die Gläubiger – der Erfolg der Aktion gilt als ungewiss.
Private Investoren, die griechische Staatspapiere mit langen Laufzeiten halten, können diese jetzt loswerden – allerdings zu einem Bruchteil des ursprünglichen Werts. Geboten werden je nach Anleihe 30,2 bis 40,1 Prozent des Nennwerts, teilte die zuständige staatliche Behörde PDMA mit. Die Offerte endet am Freitagnachmittag (7.12.), dann wird die Rechnung aufgemacht. Griechenland will für bis zu zehn Milliarden Euro Papiere zurückkaufen, um damit seine Schulden um ein Vielfaches dieser Summe zu verringern. Das Geld für die Aktion stammt aus den Rettungstöpfen der internationalen Geldgeber. Die Kurse von griechischen Anleihen reagierten mit massiven Gewinnen auf die Offerte.
„Ich habe keinen Anlass zur Annahme, dass dies nicht erfolgreich sein sollte“, sagte der irische Ressortchef Michael Noonan in Brüssel. Frankreichs Minister Pierre Moscovici meinte: „Ich mache mir da keine besonderen Sorgen.“ Der Sozialist fügte hinzu: „Am 13. Dezember werden wir zur Auszahlung kommen.“ An diesem Tag wollen die Euro-Kassenhüter endgültig über die Freigabe von Hilfen von rund 44 Milliarden Euro an Athen entscheiden. Seine österreichische Amtskollegin Maria Fekter ergänzte: „Wir haben alle bisherigen Finanzmarktaktionen gut über die Bühne gebracht.“
Das Angebot an die Griechenland-Gläubiger ist ein wichtiger Bestandteil eines von den Euro-Ländern beschlossenen Milliarden-Pakets an Maßnahmen, um Athen in den kommenden Jahren zusätzlich finanziell zu unterstützen. Der Erfolg des Rückkaufs ist entscheidend dafür, dass dieses Hilfspaket auch tatsächlich umgesetzt werden kann.
Griechenland würde sich nach Schätzungen von Experten im besten Fall einer Schuldenlast von bis zu 30 Milliarden Euro entledigen. Zuletzt hielten Privatanleger griechische Staatsanleihen im Volumen von etwa 62 Milliarden Euro. Etwas mehr als die Hälfte davon befindet sich in den Händen von Banken und Anlegern im Ausland. Es gilt als sicher, dass die griechischen Finanzinstitute, die rund 15 Milliarden Euro halten, an dem Rückkaufprogramm teilnehmen werden. In Athen wird jedoch befürchtet, dass ausländische Privatanleger wie Hedge-Fonds in Erwartung höherer Gewinne das Angebot nicht annehmen werden.
Wegen der harten Sparmaßnahmen und geringen Investitionen rechnet die griechische Notenbank mit einem weiteren Schrumpfen der Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr zwischen 4 und 4,5 Prozent. Seit Ausbruch der Krise sei das Bruttoinlandsprodukt um gut 20 Prozent gefallen. Die Lage sei ähnlich dramatisch wie nach der Weltwirtschaftskrise 1929, heißt es in einem Bericht der Notenbank, der dem griechischen Parlament vorgelegt wurde.
Fekter beurteilte Überlegungen der deutschen Bundesregierung über einen möglichen späteren Schuldenschnitt in Griechenland skeptisch. „Ich möchte heute ein definitives Nein sagen, weil die Griechen müssen sich noch anstrengen und die Auflagen auch tatsächlich weiter erfüllen.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte gegenüber der Zeitung „Bild am Sonntag“ einen späteren Schuldenschnitt nicht ausgeschlossen. „Sie dürfen nicht hoffen, dass man ihnen die Schulden erlässt und sie nichts mehr tun müssen“, so Fekter mit Blick auf Griechenland.
Neben Griechenland standen bei den Euro-Finanzministern noch die Sorgenkinder Spanien und Zypern auf der Tagesordnung. Die Ressortchefs wollten nach monatelangen Vorbereitungen die Bankenhilfen von knapp 40 Milliarden Euro auf den Weg bringen.
Madrid hatte zuvor in Brüssel offiziell Hilfskredite in Höhe von 39,5 Milliarden Euro für die Sanierung maroder Geldhäuser beantragt. Die Hilfen sollen vom neuen Euro-Rettungsschirm ESM kommen und laut Diplomaten noch in diesem Monat fließen. Spanische Geldhäuser leiden vor allem an Folgen einer geplatzten Immobilienblase.
Am Dienstag wollen sich die Finanzminister aller 27 EU-Staaten im Grundsatz auf die neue europäische Bankenaufsicht einigen. Es gibt laut Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble aber noch strittige Punkte. Er könne nicht sagen, ob eine Abmachung tatsächlich gelinge, sagte der CDU-Politiker im Europaparlament.
Die Zeit drängt, weil laut einem Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs die rechtliche Basis bis zum 1. Januar gelegt werden soll. Zuletzt gab es aber noch mehrere offene Punkte – zum Beispiel, ob neben internationalen Großbanken etwa auch die deutschen Sparkassen und Volksbanken zentral kontrolliert werden sollen.
Die Euro-Finanzminister wollten auch über das geplante Hilfsprogramm von etwa 17,5 Milliarden Euro für den Inselstaat Zypern beraten. Mit endgültigen Beschlüssen ist aber nicht zu rechen, da ein wichtiges Gutachten zur Lage des angeschlagenen Bankensektors noch fehlt. Zyperns Banken litten erheblich unter dem Schuldenschnitt für Privatgläubiger Griechenlands vom vergangenen Frühjahr.