Damit Athen weitere Milliarden erhält, muss der Rückkaufprogramm gelingen. Wie funktioniert das Verfahren und welche Rolle spielen Spekulanten?
Athen/Brüssel. Der Startschuss für das griechische Schuldenrückkaufprogramm ist am Montag erfolgt. Es handelt sich um die wichtigste Säule im jüngsten Rettungskonstrukt, das die Euro-Finanzminister und der Internationale Währungsfonds (IWF) in der vergangenen Woche auf die Beine gestellt haben.
Der griechische Finanzminister Ioannis Stournaras wird beim Treffen der Euro-Finanzminister am Montagnachmittag in Brüssel über das Rückkaufrogramm berichten. Für einen Erfolg müssten sich genügend Anleger von griechischen Schuldscheinen trennen.
Damit weitere Hilfsgelder nach Athen fließen, muss der Anleiherückkauf gelingen. Doch der Erfolg ist alles andere als gewiss. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Schuldenrückkaufprogramm im Überblick:
Wie läuft der Rückkauf?
Athen erhält Geld aus den europäischen Rettungstöpfen, um eigene Anleihen von Investoren zurückzukaufen. Da die Papiere aufgrund der Zweifel an der langfristigen Zahlungsfähigkeit deutlich unter ihrem ursprünglichen Ausgabepreis (Nominalwert) gehandelt werden, könnte Athen seine Schuldenquote durch einen Rückkauf spürbar senken. Statt die Kredite am Laufzeitende vollständig zu begleichen, sollen sie nun deutlich günstiger zurückgekauft werden.
Wie sehen die Details aus?
Die Bedingungen, zu denen Investoren ihre Anleihen verkaufen können, hat die griechische Schuldenagentur PDMA am Montag bekanntgegeben. Je nach Laufzeit der Staatstitel bietet Griechenland zwischen 30,2 bis 40,1 Prozent des ursprünglichen Werts. „Der Ankaufspreis liegt damit etwas höher als erwartet“, sagt Jürgen Michels, Europa-Chefvolkswirt der Citigroup. Die Kurse griechischer Anleihen zogen deshalb zum Wochenauftakt massiv an. Kaum war das Angebot veröffentlicht, legten die Papiere um etwa zehn Prozent zu.
Wie funktioniert das Verfahren?
Die Offerte endet am Freitagnachmittag (7.12.) und läuft als sogenannte „modifizierte holländische Auktion“. Im Klartext: Wer im Rahmen der Ankaufspanne am wenigsten für seine Anleihen verlangt, erhält am ehesten den Zuschlag. Bezahlt werden sollen die Gläubiger mit kurzlaufenden Schuldtiteln des Euro-Krisenfonds EFSF. Insgesamt will Athen im Rahmen des Ankaufprogramms zehn Milliarden Euro aufwenden. Damit könnte Griechenland nach Schätzungen von Experten alte Schulden im Wert von bis zu 30 Milliarden Euro loswerden.
Warum sollten Investoren mitmachen?
Trotz der klaren Bekenntnisse der Euro-Partner, Griechenland im Währungsverbund zu halten, bleibt die Genesung des Patienten ungewiss. Die Hoffnung der Retter: Anleger ziehen die sichere Alternative vor, nehmen Verluste in Kauf und trennen sich vorzeitig von ihren Papieren. Insgesamt halten private Gläubiger, die bereits beim Schuldenschnitt im März im Schnitt mehr als 70 Prozent auf ihre Hellas-Papiere abschreiben mussten, noch griechische Anleihen im Wert von 62 Milliarden Euro.
Wer kommt als Verkäufer infrage?
Etwa die Hälfte der Staatsanleihen liegt in den Händen griechischer Banken und Pensionsfonds. Für die Geldhäuser ist die Teilnahme ein Biss in den sauren Apfel, denn er geht zulasten künftiger Buchgewinne. Doch ihnen bleibt kaum eine Wahl: Der Großteil der seit Juni zurückgehaltenen Hilfstranche aus dem zweiten Rettungspaket für Athen ist dafür eingeplant, den maroden Finanzsektor aufzupäppeln. Doch das Geld fließt nur, wenn der Anleiherückkauf funktioniert. Für die Banken ist die Teilnahme also gewissermaßen eine Art Gegengeschäft.
Welche Rolle spielen Finanzspekulanten?
„Die Teilnahme der griechischen Banken würde nicht ausreichen, um das Ziel des Programms zu erreichen“, sagt Citi-Ökonom Michels. Um die Schuldenlast wie geplant senken zu können, müsste ein wesentlicher Teil der ausländischen Investoren mitziehen. Denn ob die griechischen Pensionskassen mitmachen, die laut Finanzminister Ioannis Stournaras acht Milliarden Euro an Hellas-Bonds auf den Büchern haben, spielt Michels zufolge keine Rolle. „Da die Fonds zum öffentlichen Sektor zählen, würde sich an der Staatsverschuldung nichts ändern.“
Sind am Ende die Hedgefonds das Zünglein an der Waage?
Viele Experten glauben: ja. Denn neben griechischen Banken bleiben fast nur noch die Spekulanten. Doch die Hedgefonds haben die Papiere größtenteils zu absoluten Schnäppchenkursen eingekauft und dürften das Rückkaufangebot äußerst kritisch betrachten. Nach Einschätzung von Citi-Experte Michels ist der Anreiz hoch, auf weitere Kursgewinne zu setzen. Diese Sorge geht auch in Athen um.
Kann der große Rettungsplan überhaupt aufgehen?
Selbst wenn der Anleihekauf wie gewünscht gelingt, hinter der Griechenland-Rettung bleiben zahlreiche Fragezeichen. Viele Experten zweifeln den Plan, mit dem die internationalen Geldgeber Griechenland langfristig sanieren wollen, grundsätzlich an. Die Schuldentragfähigkeit sei lediglich „auf dem Papier“ wiederhergestellt, sagt Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Die Rechnung unterstelle, dass Griechenland ab 2016 ein reales Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent erzielt. „Dieses Ziel ist sehr ehrgeizig.“ Fast alle Beobachter erwarten, dass früher oder später ein weiterer Schuldenschnitt kommt.