Europas Solarindustrie bekommt im Preiskampf mit der Billig-Konkurrenz Hilfe aus Brüssel. China bedauert Entscheidung der Kommission.
Brüssel/Peking. Die EU-Kommission hat am Donnerstag ein Anti-Dumping-Verfahren gegen Solartechnik-Importe aus China eröffnet und eilt damit der bedrängten deutschen Industrie zu Hilfe. Erst Ende Juli hatte der europäische Industrieverband EU ProSun eine Beschwerde bei den Brüsseler Wettbewerbshütern gegen illegale Billigimporte aus China eingelegt.
Die Industrie wirft den chinesischen Konkurrenten vor, Solarpanelen und Solarzellen unter Marktpreis in europäische Länder einzuführen und damit den heimischen Markt kaputt zu machen. Mehrere deutsche Unternehmen mussten deswegen schon Konkurs anmelden.
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China hat das Verfahren „tief bedauert“. Ein Sprecher des Handelsministeriums sagte am Donnerstag in Peking, eine Beschränkung der chinesischen Solarprodukte werde nicht nur die Interessen der europäischen und chinesischen Industrie schädigen, sondern auch die weltweite Entwicklung der Sonnenenergie. Die Europäische Union solle ernsthaft die chinesischen Positionen und Vorschläge in Erwägung ziehen und die Spannungen in der Solarbranche durch Gespräche und Kooperation beseitigen.
Der Präsident von EU ProSun, Milan Nitzschke, wertete die Einleitung des Verfahrens hingegen als „ein sehr starkes Signal“ aus Brüssel. Die Entscheidung sei nicht nur gut für die Solarbranche, sondern für alle Zukunftstechnologien. „Die Beweislage ist ohnehin offensichtlich.“
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Es geht um ein gewaltiges Volumen: Laut der Beschwerde exportierte China 2011 Solartechnik im Wert von 21 Milliarden Euro in die EU. Das sei „die bedeutendste Anti-Dumping-Beschwerde die jemals eingegangen sei, teilte die Kommission am Donnerstag mit. Zwar werden die Ermittlungen 15 Monate dauern. Doch drohte Brüssel schon jetzt mit vorläufigen Einführung von Schutzzöllen binnen neun Monaten. Das würden die Regeln zur Verteidigung des europäischen Handels zulassen, wenn die Hinweise auf illegale Billigimporte ausreichend seien, so die Kommission.
Insgesamt 25 europäische Firmen hatten am 25. Juli Beschwerde in Brüssel eingelegt, darunter das deutsche Unternehmen Solarworld . Sie werfen der chinesischen Konkurrenz Schleuderpreise vor. Zudem stütze die Regierung in Peking ihre Firmen mit milliardenschweren Krediten.
EU-Firmen fürchten Retourkutsche
Das eingeleitete Verfahren der EU wird aber auch mit Sorge betrachtet: So fürchten die europäischen Unternehmen in China Vergeltungsaktionen wegen des Anti-Dumping-Verfahrens gegen die chinesische Solarbranche. „Uns besorgt, dass wir jedes Mal eine Retourkutsche sehen, wenn es einen solchen Fall gibt“, sagte am Donnerstag der Präsident der Europäischen Handelskammer in China, Davide Cucino, bei der Vorstellung des diesjährigen Positionspapiers über das Geschäft seiner 1700 Mitgliedsunternehmen in China.
„Wir glauben, dass die beste Lösung wäre, sich zu einem konstruktiven Dialog an einen Tisch zu setzen“, betonte Cucino. Er verwies auch auf Kanzlerin Angela Merkel , die sich vergangene Woche bei einem Besuch in China ebenfalls für Gespräche über die Klagen der deutschen Solar-Unternehmen ausgesprochen hatte.
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Der EU-Kammerpräsident sagte aber auch, dass in Anti-Dumping-Fällen jede der beiden Seiten die Gremien der Welthandelsorganisation (WTO) anrufen könne, falls keine Einigung im Dialog erreicht werden könne. Solche Streitigkeiten machten allerdings nur ein Prozent des gesamten Handels zwischen Europa und China aus, sagte Cucino. Er sehe deswegen auch keinen Handelskrieg aufziehen, wies der Kammerpräsident eine entsprechende Frage zurück.
„Wir als Unternehmen sähen es gerne, wenn die Sache durch Dialog unter Partnern gelöst würde“, sagte auch der Leiter der zuständigen Arbeitsgruppe der EU-Kammer. Freier Handel sei immer vorzuziehen.
Mit Material von dpa/dapd