Unternehmen aus Sachsen-Anhalt mit 1200 Beschäftigten meldet Insolvenz an. Gewerkschaft spricht von Befreiungsschlag
Bitterfeld-Wolfen. Die Pleitewelle in der deutschen Solarbranche reißt ein weiteres Schwergewicht mit sich. Der Zellen- und Modulhersteller Sovello stellte gestern Insolvenzantrag beim Amtsgericht Dessau-Roßlau, teilte das Gericht mit. Ziel sei eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Das Unternehmen aus Sachsen-Anhalt zählte zuletzt rund 1200 Mitarbeiter.
Sovello ist wie Q-Cells im "Silicon Valley" beheimatet, einem Zentrum der deutschen Solarindustrie im Dreiländereck Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Q-Cells mit 1300 Beschäftigten am Stammsitz hatte am 2. April ebenfalls Insolvenz angemeldet. Auch Solon in Berlin ist pleite. Der US-Hersteller First Solar will zudem seine Werke in Frankfurt (Oder) aufgeben. Die seit Längerem ums Überleben ringende Hamburger Conergy hatte im Jahr 2011 Teile der Produktion in der Grenzstadt zu Polen eingestellt, damit rund 100 Arbeitsplätze gestrichen und sich von Leiharbeitern getrennt. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie nannte den Insolvenzantrag einen Befreiungsschlag. "Insolvenz bedeutet noch nicht das Aus", sagte der zuständige Bezirksleiter Erhard Koppitz. Es sei nun Aufgabe des künftigen Insolvenzverwalters und der Betriebsräte, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu retten.
Sovello war im Jahr 2005 als Gemeinschaftsunternehmen von Q-Cells und dem US-Hersteller Evergreen Solar gegründet worden. Nacheinander wurden drei Produktionslinien aufgebaut. Vor zwei Jahren wurde das Unternehmen von einem Private-Equity-Investor übernommen. Die Besonderheit von Sovello ist, dass die Wafer für die Solarmodule in einem speziellen Verfahren zwischen zwei Fäden direkt aus der Siliziumschmelze gezogen werden. Dadurch entfällt der übliche Weg, bei dem die dünnen Wafer - die Grundlage der Zellen - aus großen Blöcken herausgesägt werden. Die Vorteile liegen also in der Material- und Energieersparnis.
Unterdessen werden die Hilferufe aus der Branche lauter: Sie wird derzeit von heftiger asiatischer Konkurrenz und von sinkender staatlicher Förderung erschüttert. Nachdem die Bundesländer vergangene Woche bereits die vom Bund geplanten Kürzungen bei der Einspeisevergütung vorerst gestoppt hatten, werden auch direkte Eingriffe des Staates gefordert.
So sprach sich der Ökonom Ulrich Blum für einen Einstieg des Staates in die angeschlagene Solarbranche im Osten aus. "Der Staat könnte sich zeitweise an den Unternehmen beteiligen. Dies wäre einfach, da er über Fördermittel und Kredite schon heute ein großer Gläubiger der Unternehmen ist", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". Es müsse ein Übergang organisiert werden, um die Firmen zu halten und konkurrenzfähig zu machen, sagte Blum.
Die Schwierigkeiten von Q-Cells, Solon oder First Solar seien erst der Anfang. Blum: "Die Insolvenzwelle bei den Solarfirmen beginnt erst."