Regierung präsentiert demonstrativ vereint die Kürzungen für die Solarengie. Verbraucher werden den “Solar-Soli“ trotzdem zahlen müssen.

Berlin. Der Streit zwischen Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp (FDP) scheint vergessen: Röttgen geht es am Donnerstag um das große Ganze. Es sei zuletzt viel Unsinn geredet worden, sagt der Uwweltminister. „Die Energiewende findet statt und zwar mit Erfolg.“ Dann zählt er auf: 20 Prozent Ökostrom, Kostenstabilität, Exportüberschüsse beim Strom trotz Stilllegung von acht Kernkraftwerken.

Demonstrativ übt er bei der Vorstellung der Kürzungspläne den Schulterschluss mit Rösler, mit dem er zurvor wochenlang um die Zukunft der milliardenschweren Solarförderung gerungen hat. Von einem beschwerlichen Weg bis zur nun präsentierten Einigung will Röttgen nichts wissen. „Wir sind lockeren, federnden Schrittes hier hochgekommen“, sagt er. Das Signal des Tages laut: Wir stehen gemeinsam zur Energiewende.

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Doch ob sie die Kostenbremse ziehen können bei der Photovoltaik? Das ist die große Frage. Was sich nach drastischer Kürzung um bis zu 30 Prozent anhört, entpuppt sich bei genauem Hinsehen eher als moderates Kappen, ganz im Sinne Röttgens. Modellrechnungen zeigen, dass je nach Zubaumenge die Kürzungen bei Dachanlagen bis 2014 sogar geringer ausfallen könnten als mit der alten Regelung.

Die Verbraucher dürften die Kürzungen kaum spüren, da die bisher angefallenen Verpflichtungen von rund 100 Milliarden Euro ohnehin zu zahlen sind – die Vergütungen sind auf 20 Jahre garantiert. Der „Solar-Soli“ kostet einen Durchschnittshaushalt pro Jahr bereits 70 Euro. Für Strom aus kleinen Dachanlagen gibt es ab dem Frühjahr nun statt 24,43 Cent noch 19,5 Cent je Kilowattstunde. Große Solarparks mit einer Größe von bis zu 60 Fußballfeldern bekommen 13,5 Cent.

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Aber, und das ist das Entscheidende: Es gibt keine feste Deckelung des Zubaus, wie Rösler einst forderte. „Das ist ein ganz neues System“, betont er. Wird allerdings eine Leistung von insgesamt mehr als 3500 Megawatt pro Jahr installiert, kann mit weiteren Anpassungen notfalls gegengesteuert werden. Um nun vor den Kürzungen massenhafte Schlusskäufe zu vermeiden, soll die Regelung schon ab 9. März gelten.

Es gehe um weniger Kosten, so Rösler. Doch klappt das? Zwar gibt es für große Solarparks nun weniger Rendite, dafür können sie unbegrenzt Projekte realisieren. Experten prognostizieren, dass es gerade auf Ackerflächen entlang von Bahnstrecken und an Autobahnen zu einem Vollpflastern mit Modulen kommen könnte.

„Der Kompromiss hört sich hart an, ist aber der große Erfolg der Solarlobby“, meint ein Branchenkenner. Denn auch wenn es ab Mai jeden Monat weitere Förderabsenkungen um 0,15 Cent geben wird, also 1,8 Cent pro Jahr, ist das eher moderat. Und der Preisverfall bei Modulen durch die Konkurrenz aus China hält an.

In einigen Jahren soll die Photovoltaik ganz ohne Förderung auskommen. Der Vorteil: Das Klima wird geschont und es werden Brennstoffimporte von Kohle, Gas und Öl in Milliardenhöhe vermieden. Zudem gibt es nach der Subventionierung keine Folgekosten, etwa durch Umweltschäden. Das könnte die Strompreise stabilisieren oder senken, so die Vision. Der Nachteil: Das ganze ist zunächst extrem teuer.

Solarbeschäftigte demonstrieren am Donnerstag bundesweit gegen die Neuregelungen. Der „Sunblocker“ Rösler und die Interessen der großen Energiekonzerne hätten sich durchgesetzt, heißt es. „Jetzt droht ein gewaltiger Rollback in der Umwelt- und Energiepolitik“, sagt Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft.

Die Branche ist in einem Dilemma. Einerseits steht die Phovoltaik nach Angaben von Eicke Weber, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, vor dem globalen Durchbruch. Und immer mehr Bürger überlegen sich, energieautark zu werden. Falls die Preise weiter fallen, ist der selbst produzierte Solarstrom vom Hausdach billiger als die aktuell 26 Cent je Kilowattstunde vom Versorger.

Anderseits gingen zuletzt mehrere große Firmen in die Insolvenz, auch das im TecDax notierte Unternehmen Q-Cells hat große Probleme - chinesische Dumpingangebote machen der hiesigen Branche massiv zu schaffen. Die Branche argumentiert, der Ausbau dürfe daher gerade jetzt nicht abgewürgt werden, um riesige Exportchancen in den nächsten Jahren nicht zu torpedieren. „Die Phovoltaik wird in der öffentlichen Debatte als „Hau den Lukas“ genutzt“, sagt Weber. Für große Energieversorger sei sie des Teufels, „weil jede Kilowattstunde Solarstrom vom Hausdach für sie eine weniger verkaufte ist“. (dpa/abendblatt.de)