Die Krise in der Solarbranche hat jetzt auch den Primus Solarworld eingeholt. Billigangebote aus China überschwemmen den Markt immer stärker.
Bonn/Freiberg. Die Krise in der deutschen Solarwirtschaft macht auch vor dem Branchenprimus Solarworld nicht Halt. Dem Bonner Photovoltaikunternehmen macht, wie auch anderen Firmen, der drastische Preisverfall stark zu schaffen. Als Sündenbock gelten die Chinesen: Billigangebote aus China überschwemmen den Markt. Im ersten Halbjahr schrieb der Konzern nach eigenen Angaben tiefrote Zahlen: Unterm Strich fiel ein Verlust von rund 160 Millionen Euro an, bei einem Umsatzrückgang um gut ein Drittel auf 340 Millionen Euro. Der Aktienkurs brach zeitweilig um mehr als 15 Prozent ein. Solarworld begrub mit den schlechten Sechsmonatszahlen auch gleich das Ziel eines positiven operativen Jahresergebnisses.
Anfang Juni hatte Solarworld angekündigt, an seinem größten Standort in Freiberg 250 der bisher 1800 Jobs bis Jahresende zu streichen. Daran soll sich auch nach den jüngsten Zahlen nichts ändern. Betroffen sind vor allem Beschäftigte mit befristeten Verträgen und Leiharbeiter. Insgesamt wollte Solarworld von weltweit 3300 Arbeitsplätzen zehn Prozent abbauen. In Freiberg macht die Reduzierung 14 Prozent aus. Zugleich hatte der Konzern ein Bekenntnis zum Standort Deutschland abgegeben. Bei entsprechender Marktlage seien in Freiberg auch wieder Einstellungen geplant, hieß es damals.
„40 Prozent Preisverfall in einem halben Jahr, das steckt kein Unternehmen so schnell weg“, sagte Vorstandschef und Großaktionär Frank Asbeck im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Montag. Über den technischen Fortschritt seien Preisreduktionen von jährlich maximal zehn Prozent möglich. „Die niedrigen Preise am Markt orientierten sich nicht an den Produktionskosten, sondern daran, wer sie sich – mit staatlicher Hilfe – länger leisten kann“, sagte Asbeck mit Blick auf die chinesische Konkurrenz.
+++ Solarworld will wieder schwarzen Zahlen schreiben +++
Die Chinesen werfen ihre Produkte nach Asbecks Ansicht dank staatlicher Hilfe zu illegalen Dumpingpreisen unter eigenen Kosten auf den Markt, um die Konkurrenz in Europa und den USA auszuschalten. Solarworld kämpft sowohl in den USA als auch auf EU-Ebene mit Antidumping-Klagen gegen die Handelspraktiken der Chinesen. Das Unternehmen erwartet Mitte September die Annahme der Klage in Brüssel. Als Gegenmaßnahme könnten dann Strafzölle auf Importe aus China erhoben werden.
Neben dem härteren Wettbewerb führten neue Einschnitte in der deutschen Solarförderung im zweiten Quartal zu einer rückläufigen Nachfrage auf dem heimischen Markt. Das Auslandsgeschäft von Solarworld konnte dies bei einem Anteil am Absatz von 60 Prozent nur zum Teil kompensieren. Zu teure Langzeitlieferverträge für Rohstoffe erforderten zudem hohe Abschreibungen.
Der Umsatz ging im ersten Halbjahr um 36,6 Prozent auf 340,1 Millionen Euro zurück, obwohl die Absatzmenge von Modulen und Bausätzen stieg. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) rutschte mit 143,8 Millionen Euro ins Minus – nach einem Plus von 70,5 Millionen Euro im Vorjahr. Gründe waren vor allem Wertberichtigungen auf Vorratsvermögen und auf Anzahlungen für Rohstoffe. Unter dem Strich kam es zu einem Minus von 159,3 Millionen Euro (Vorjahr: plus 22,2 Mio Euro).
Bisher hatte sich Solarworld noch relativ stabil halten können und im ersten Quartal einen kleinen Gewinn erzielt. Deshalb reagierte die Börse nun auch heftig negativ. Solarworld hatte erst vor wenigen Wochen seine Finanzen neu aufgestellt. Wichtige Kreditbedingungen wurden neu ausgehandelt. Mit Investitionen von 50 Millionen Euro soll unter anderem die Leistungsfähigkeit der Anlagen verbessert werden.
Als Großaktionär (rund 28 Prozent der Anteile) hatte Asbeck vor kurzem angekündigt, er wolle so lange auf sein Gehalt, seinen Dividendenanteil und Bonus verzichten, bis Solarworld wieder Gewinne schreibe. „Meine Entscheidung soll ausdrücken, dass ich an das Unternehmen glaube.“