Die Geldgeber prüfen in Athen, wie ernst die neuen Sparbeschlüsse gemeint sind. Für Griechenland wird es eng. Staatskassen sind fast leer.
Athen. Unmittelbar nach der Einigung über das neue Sparpaket hat die griechische Regierung die Verhandlungen mit den Geldgebern aufgenommen. Finanzminister Ioannis Stournaras traf am Donnerstag die Experten der Troika von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Athen, um sich über die Details des Sparprogramms von 11,5 Milliarden Euro zu verständigen. "Wir hatten ein exzellentes Treffen“, sagte der Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF), Poul Thomsen, vor Journalisten, ohne Einzelheiten zu nennen. Brüssel lobte die griechischen Sparbeschlüsse.
Sie seien "ein klares Zeichen für den Willen der griechischen Regierung, die dringend nötige Reform der griechischen Wirtschaft herbeizuführen“, teilte die EU-Kommission mit. Die Eckpunkte für Strukturreformen seien ein wichtiger Beitrag zum Umbau des Landes, zu dem sich Griechenland in Vereinbarungen mit seinen Geldgebern verpflichtet habe. "Wir erwarten nun die entschlossene Umsetzung aller Reformzusagen Griechenlands“, mahnte die EU-Kommission.
Allerdings wurden noch keine Details der Sparbeschlüsse veröffentlicht. Die bislang durchgesickerten Eckpunkte des neuen Sparpakets sehen weitere Kürzungen und Deckelungen von Renten sowie kräftige Einkommenseinschnitte für Beschäftigte staatlicher Unternehmen vor.
Im Kampf gegen die Rezession setzt Athen auf Privatisierungen und neue Infrastrukturprojekte. So sollen schnellstmöglich die griechischen Eisenbahnen privatisiert werden, teilte Wirtschafts- und Entwicklungsminister Kostis Hadzidakis mit. Zudem sollen vier Schnellstraßen im Süden und Westen des Landes gebaut werden. Allein diese Projekte würden bis zu 60.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Hadzidakis kündigte zudem an, dass 181 andere Infrastrukturprojekte mit Hilfe von EU-Fonds vorangetrieben werden sollen. Mit der Abschaffung bürokratischer Hindernisse sollten auch die griechischen Exporte gefördert werden. Zudem sollen 37 kleine Flughäfen stufenweise privatisiert werden.
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Der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen mit den Troika-Experten ist Voraussetzung für weitere internationale Hilfen an das pleitebedrohte Euroland. Die linke Opposition kritisierte das neue Sparprogramm. Es führe direkt zum Zusammenbruch der griechischen Wirtschaft und zur Drachme zurück.
Die Koalitionsregierung in Athen hatte sich am Vorabend auf das neue Sparprogramm geeinigt. Seit Wochen hatten die Parteispitzen über die von den Geldgebern Griechenlands geforderten zusätzlichen Einsparungen gestritten. Von diesem Sparprogramm und weiteren Reformen hängt ab, wie der Bericht der Troika ausfällt. Die Experten der Geldgeber prüfen derzeit in Athen die Bücher. Ihr Bericht soll im September vorliegen.
Wie aus Kreisen des konservativen Regierungschefs Antonis Samaras erfuhr, gelang die Einigung der Koalitionsspitzen erst nach einer äußerst turbulenten Sitzung. Samaras habe die Chefs der Sozialisten und der Demokratischen Linken mit den Worten unter Druck gesetzt: "Es ist die letzte Chance. Leiten wir keine zusätzlichen Sparmaßnahmen ein, werden wir aus dem Euroland scheiden“. Die Staatskassen seien fast leer, spätestens im September gehe das Geld aus.
Die Sozialisten und die Demokratische Linke befürchten neue Massendemonstrationen und soziale Unruhen, wenn weitere harte Einschnitte bei den Löhnen und Renten erfolgen. Auch der Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, sei bei den Verhandlungen telefonisch eingeschaltet worden.
Die Geldgeber blockieren die Auszahlung von Teilzahlungen zugesagter Hilfsgelder, weil Athen mit seinen Sparverpflichtungen und Reformschritten in Rückstand ist. "Jetzt kommt die (neue) Rechnung“, kommentierte am Donnerstag die Athener Zeitung der politischen Mitte "Ta Nea“ die neuen Verhandlungen. "Renten, Löhne und das Sozialsystem wieder im Visier der Experten“, laute die Hiobsbotschaft für den kleinen Mann.
Der Präsident der linken Opposition, Alexis Tsipras, kritisierte das neue Sparprogramm schärfstens. Die Athener "Drachme-Troika“ (die Regierung der Konservativen, Sozialisten und der Demokratischen Linken) führe das Land "zur Auflösung“, schimpfte Tsipras im Fernsehen. Zuvor hatte er sich mit der Führung der Gewerkschaft der Staatsbediensteten getroffen. (abendblatt.de/dpa)