Wann die EZB wieder als Euro-Retter eingreift, bleibt weiter offen. Neue Maßnahmen sollen erarbeitet werden - noch keine Anleihenkäufe.

Frankfurt/Main. Die Europäische Zentralbank (EZB) steht als Euro-Retter bereit. Wann sie abermals eingreift, um angeschlagenen Euroländern wie Spanien oder Italien zu helfen, ließ EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag allerdings weiter offen.

„Die hohen Risikoprämien für einige Staatsanleihen sind nicht akzeptabel“, sagte Draghi in Frankfurt. Die Währungshüter wollen daher in den nächsten Wochen im Schulterschluss mit den Regierungen ein Konzept erarbeiten, wie die Europäische Zentralbank (EZB) gemeinsam mit den Euro-Rettungsfonds EFSF und ESM die Lage entspannen kann.

Die Notenbank könnte sich an Hilfskäufen im Rahmen ihres Mandats beteiligen – „in einem Umfang, der ausreicht, das Ziel zu erreichen“, wie Draghi ausführte. Ziel sei es, geldpolitischen Maßnahmen wieder zu Durchschlagskraft zu verhelfen, erklärte der Italiener. „In den nächsten Wochen werden wir angemessene Modalitäten für solche Maßnahmen entwickeln.“

An den Börsen wurden Draghis Ankündigungen als zu wenig konkret abgestraft: Dax und Euro sackten zeitweise stark ab. Anders als enttäuschte Händler sprachen Ökonomen dagegen von einem „starken Signal“ der EZB.

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Spanien und Italien müssen Investoren seit Monaten extrem hohe Zinsen für Staatspapiere bieten. Das erschwert den beiden Euro-Schwergewichten den Reformkurs. Die EZB darf Bonds nur auf dem Sekundärmarkt erwerben, also etwa von Banken. Die Rettungsfonds könnten Anleihen direkt von Staaten kaufen.

Die EZB hatte im Mai 2010 gegen deutschen Widerstand ein Kaufprogramm für Staatsanleihen aufgelegt. Aktuell hat sie Staatspapiere im Wert von 211,5 Milliarden Euro in der Bilanz. Das Programm ruht seit Mitte März.

Widerstand gegen erneute EZB-Anleihenkäufe kommt nach Angaben der Notenbank vor allem aus Deutschland. „Es ist bekannt, dass Bundesbank-Präsident Jens Weidmann Vorbehalte gegen derartige Maßnahmen hat“, sagte Draghi. Weidmann ist wie sein Vorgänger Axel Weber gegen Anleihekäufe durch die Notenbank, weil die EZB so aus Sicht der Bundesbank durch die Hintertür Staaten finanziert – was ihr die EU-Verträge verbieten.

Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon warnte: „Die EZB ist dabei, sich immer weiter von der Stabilitätskultur der Deutschen Bundesbank zu entfernen.“ Auch aus der deutschen Politik kamen mahnende Stimmen. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier kritisierte in Berlin: „Der Weg in die Haftungsunion wird ungebremst fortgesetzt, und zwar ohne demokratische Kontrolle und ohne klar definierte Auflagen für die Empfängerländer.“

Dagegen befürwortet der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Michael Kemmer, Anleihekäufe: „Wenn es in der Krise brennt, dann muss man löschen.“

Draghi erklärte, die EZB könne politisches Handeln nicht ersetzen. Zugleich bekräftigte er die Entschlossenheit der Währungshüter zur Rettung der Gemeinschaftswährung: „Europa braucht eine starke Währung. Der Euro ist unumstößlich.“

Den Leitzins für die 17 Eurostaaten ließ die EZB auf dem Rekordtief von 0,75 Prozent. Den Zins hatten die Währungshüter erst im Juli um 25 Punkte gesenkt.

Vor der EZB-Sitzung hatte US-Präsident Barack Obama erneut an die Europäer appelliert, alles zu tun, um die Eurozone zu stabilisieren. Obama sorgt sich drei Monate vor den US-Wahlen, dass eine eskalierende Euro-Schuldenkrise die US-Wirtschaft in den Abgrund ziehen könnte.

Die US-Notenbank Fed ihrerseits sah am Mittwoch von weiteren Schritten ab, obwohl sie weiterhin „bedeutende Abwärtsrisiken“ für die US-Wirtschaft sieht. Die Fed bestätigte den Leitzins in einer Spanne zwischen null und 0,25 Prozent. Auch die Bank of England gönnte sich eine geldpolitische Verschnaufpause: Das erst vor Monatsfrist um 50 Milliarden Pfund aufgestockte Volumen der Anleihekäufe bleibt bei 375 Milliarden Pfund. Der Leitzins, zu dem sich die Geschäftsbanken bei der Notenbank refinanzieren können, verharrt auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent. (dpa)