EZB-Chef Mario Draghi sorgt für Hoffnung. Die Notenbank will mit allen Mitteln um den Euro kämpfen. Die Märkte zeigen sich euphorisch.
Brüssel. Klare Worte von EZB-Chef Mario Draghi haben den Dax am Donnerstag deutlich ins Plus gehievt. Starke US-Auftragseingänge und gute Daten vom US-Arbeitsmarkt gaben zusätzlich Schützenhilfe, während schwache deutsche Unternehmenszahlen in den Hintergrund rückten. Mit einem Aufschlag von 2,75 Prozent auf 6582,96 Punkte ging der Leitindex schließlich über die Ziellinie. Zwischenzeitlich hatte er sogar um knapp 3 Prozent zulegen können. Der MDax stieg um 2,36 Prozent auf 10 722,69 Punkte, und der TecDax gewann 2,16 Prozent auf 772,57 Punkte.
Draghi hatte weitere Unterstützung für die Krisenstaaten signalisiert. "Die EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten“, hatte der EZB-Chef gesagt. Wichtiger noch als die demonstrative Entschlossenheit werteten Händler Aussagen, die auf eine Wiederaufnahme des Anleihekaufprogramms hindeuten könnten. Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank, sagte dazu: "Wir wollen eins nie vergessen: Ein freizügiges Händchen in puncto US-Geldpolitik hat Amerika in der Vergangenheit die schönsten Kurszuwächse beschert und dies wird in der Eurozone mit einer notgedrungen immer liberaler werdenden EZB nicht anders sein.“ Die EZB mit Draghi werde wohl noch mehr Anleihekäufe durchführen, um den Kollaps der Eurozone zu verhindern, so Halver.
Unterdessen herrscht banges Warten am Operationstisch der Schuldenpatienten Europas: In Athen hat die Troika aus Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds sowie Europäischer Zentralbank die griechischen Reformfortschritte in Augenschein genommen. Dabei ging es im Gespräch mit Finanzminister Yannis Stournaras laut Medienberichten um die Grundzüge des neuen griechischen Sparpakets im Umfang von 11,5 Milliarden Euro. Die Athener Koalitionsregierung warnte mit dramatischen Worten vor einem Ausstieg Hellas' aus der Währungsunion: Dies würde den "Selbstmord der Eurozone“ programmieren, sagte PASOK-Chef Evangelos Venizelos.
Unterdessen fragte sich Europa, ob Spanien als erster Intensivpatient eine Medizin der Euro-Retter verabreicht bekommt. So denken die Länder der Währungszone laut einem Medienbericht offenbar konkret über den Kauf spanischer Staatsanleihen mit Mitteln aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF nach. EZB-Chef Mario Draghi erklärte sich derweil grundsätzlich zum Instrument weiterer Anleihenkäufe bereit.
Die bangen Blicke richteten sich vor allem nach Athen: Die Troika traf am Vormittag mit dem parteilosen Finanzminister Stournaras zusammen. Dabei habe er die Konturen der neuen Sparpläne dargelegt und erneut um deren Streckung bis Ende 2016 gebeten, hieß es in Medienberichten. Athen hatte versprochen, in den beiden kommen Jahren 11,5 Milliarden Euro einzusparen und die Einnahmen um drei Milliarden Euro zu steigern, um die Staatsverschuldung zu senken. Die neuen Sparmaßnahmen dürften vor allem Pensionen und Löhne von Staatsangestellten sowie die Bereiche Gesundheit und Soziales betreffen.
Die Spitzen der Athener Dreierkoalition trafen sich derweil am Nachmittag unter Vorsitz von Ministerpräsident Samaras, um die Details des Sparpakets zu erörtern. Das zweieinhalbstündige Treffen galt Beobachtern als Crashtest für den Zusammenhalt der Koalition aus der konservativen Nea Dimokratia, den PASOK-Sozialisten und der Demokratischen Linken (Dimar). Nach dem Treffen sagte Dimar-Chef Fotis Kouvelis, die Koalition strebe sowohl eine Streckung des Sparprogramms als auch "umfassende Neuverhandlungen“ über das Kreditabkommen an.
Experten waren zuletzt zunehmend skeptisch, ob Griechenland seine Pläne verwirklichen und in der Eurozone bleiben kann. Ein positiver Fortschrittsbericht der Troika gilt als Voraussetzung für weitere internationale Finanzhilfen an Griechenland, das der Staatspleite nahe ist.
Am Abend wollte zudem EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Athen mit Regierungschef Samaras zusammentreffen. Barroso hatte Griechenland seit Mitte 2009 nicht mehr besucht. Samaras wollte mit seinen Koalitionspartnern Details der neuen Maßnahmen erörtern, bevor er am Freitag die Troika trifft.
Derweil könnte Madrid als erster Intensivpatient mit einem Kauf spanischer Staatsanleihen mit Mitteln aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF rechnen, wie die "Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstagausgabe) berichtete. Durch die Intervention auf dem sogenannten Sekundärmarkt solle die Nachfrage nach den Schuldscheinen angekurbelt und so die drückende Zinslast des Landes gesenkt werden.
Der Vertreter eines EU-Staates mit dem Top-Bonitätsranking Aaa sagte allerdings, derartige Berichte seien "meines Wissens falsch“. Die "Süddeutsche Zeitung“ indes zitierte einen anderen Kenner der Materie aus EU-Kreisen mit den Worten: "Wir hoffen, dass wir die Märkte nun beruhigen können.“ Zwar sei das spanische Bankenproblem noch nicht gelöst, "aber wir sind dabei, dies zu tun“. Eine nicht näher vom Blatt genannte Brüsseler Quelle wird zudem mit den Worten zitiert, Marktinterventionen wären „die beste Lösung, um die spanischen Finanzierungskosten zu senken“. Und ein weiterer Diplomat sagte, "die Instrumente stehen jedenfalls zur Verfügung“.
Mit Material von dpa