Die Prozente-Zeichen hängen längst in vielen Schaufenstern. Trotzdem startet der Handel am Montag wieder in den Sommerschlussverkauf.
Berlin. Schnäppchenjäger willkommen: Krawatten zu 7,95 Euro, ein Nepalteppich um 130 Euro billiger, Töpfe und Leuchten im Preis kräftig heruntergesetzt. Nach den schwarz-rot-goldenen WM-Angeboten wirbt der Handel in vielen Städten bereits mit zahlreichen Reduzierungen. Als nächstes folgt an diesem Montag der traditionelle Sommerschlussverkauf (SSV), der den Kunden nochmalige Nachlässe bringen soll. Denn trotz etlicher Rabattwellen im ganzen Jahr will die Branche die traditionellen Termine nicht missen.
Mit dem sprichwörtlichen Rotstift wollen die Läden nun viele Preise um 70 bis 80 Prozent zusammenstreichen, wie der Handelsverband Deutschland (HDE) am Mittwoch in Berlin ankündigte. „Angesichts des warmen sommerlichen Wetters erwarten wir einen guten Schlussverkauf.“ Fast zwei Drittel der bundesweit 400.000 Geschäfte dürften sich am meist zweiwöchigen SSV beteiligen – neben Textilläden auch Möbel- und Elektromärkte. Die Modehäuser wollen ihre Lager leeren und Platz für die Herbstkollektionen machen. Trotz der langen Hitzewelle gebe es für die Kunden noch eine große Auswahl bei leichter Kleidung, verspricht der Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels.
Dass die einst ehernen Ausverkaufstermine nach dem Wegfall der gesetzlichen Beschränkungen 2004 ziemlich flexibel gehandhabt werden, haben viele Kunden auch in diesem Sommer bemerkt. Die Warenhauskette Galeria Kaufhof preschte vor und trommelt seit Mitte Juli für ihre „Saisonräumung“. Und auch der angeschlagene Konkurrent Karstadt gab den Startschuss zu seinem SSV schon am vergangenen Montag.
Überhaupt hat sich die Bedeutung der Schlussverkäufe gewandelt. Nach wie vor sollen sie Platz in den Regalen schaffen und Geld zur Finanzierung des laufenden Geschäfts hereinbringen. Modehersteller liefern aber inzwischen teils monatlich neue Programme, für die es in den Markenshops der Warenhäuser und Filialen vieler Einkaufszentren jeweils kleine Schlussverkäufe gibt.
Angesichts häufiger Reduzierungen nutze der Handel den SSV als „Chance, besonders die Flagge hochzuhalten“, sagt Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbands der Deutschen Werbewirtschaft. Das Ereignis habe sich eingebürgert und das Kürzel Wiedererkennungswert. Ein allzu wild loderndes Rabattfeuerwerk stößt allerdings auch in der Branche auf Bedenken. „Nicht zu früh und massiv reduzieren!“ mahnte der Textilhandelsverband Mitte Juni. Viele „Sale“-Plakate in den Läden suggerierten den Kunden umfassende Preissenkungen, auch wenn nur einzelne Stücke herabgesetzt würden.
Vor allem jenseits der Metropolen setzen Händler und Kunden gern auf die allseits bekannten Saisonhöhepunkte. „Der SSV zieht die Verbraucher in die Städte“, sagt HDE-Sprecher Kai Falk. In den Ferien, wenn Schnäppchenjäger verreist sind oder die Kauflust bei 30Grad dahinschmilzt, sei dies für Läden in kleinen und mittleren Städten wichtig. Gebrauchen können die Geschäfte den SSV-Impuls in jedem Fall. Nach einem Minus im Krisenjahr 2009 rechnet die Branche für 2010 immerhin mit konstanten Umsätzen von 400 Milliarden Euro.
Ob sich die über Jahrzehnte eingespielten Schlussverkäufe in kommenden Generationen halten werden, müsse sich zeigen, sagt Werbeexperte Nickel. „Der Muttertag hat sich auch gehalten.“ Den Termin für den nächsten Winterschlussverkauf haben die Textilhändler jedenfalls schon in den Blick genommen: 24. Januar 2011.