Schäuble: Euro-Finanzminister entscheiden über Zeitplan für Hilfsantrag. Defizitziel wird wohl erneut gelockert. Auch Griechenland hofft.

Brüssel,. Unter dem Druck der wirtschaftlichen Rezession kommen die europäischen Partner Spanien noch einmal entgegen. Die Finanzminister der Euro-Zone bereiteten am Montagabend den Weg für Rettungshilfen, die die viertgrößte Volkswirtschaft des Währungsgebiets für ihre angeschlagenen Banken braucht. Die Finanzminister aus allen 27 EU-Staaten wollten der Regierung in Madrid zudem einen Tag später noch einmal mehr Spielraum für Schulden geben und damit der schwierigen Wirtschaftslage des Landes Rechnung tragen. Auch Griechenland hoffte auf Entlastungen und wollte für eine Lockerung seines Spar- und Reformkurses werben.

Die Verhandlungen mit Spanien seien auf einem guten Weg, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor Beginn der Beratungen in Brüssel. „Ich denke, dass wir einen verbindlichen Rahmen und Zeitplan verabreden können.“ Die Finanzminister wollen eine Absichtserklärung unterzeichnen. Die endgültige Vereinbarung über die Bedingungen für die beantragte Milliardenhilfe aus dem Rettungsfonds EFSF soll dann am 20. Juli verabschiedet werden. Nach Angaben des spanischen Wirtschaftsministers Luis de Guindos wird das Land eine Bad Bank gründen, um den Instituten faule Immobilienkredite abzunehmen.

Nach einer ersten Lockerung bereits im März gibt die EU dem Mittelmeerland zum zweiten Mal mehr Luft und Zeit, seine Neuverschuldung wieder unter die vereinbarte Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zurückzuführen. Spaniens Minus dürfe in diesem Jahr 6,3 Prozent statt der bislang vereinbarten 5,3 Prozent erreichen, sagten die EU-Diplomaten. Im kommenden Jahr soll das Ziel dann 4,5 Prozent sein. Erst 2014 und damit ein Jahr später als bisher geplant soll es auf 2,8 Prozent sinken. Im Gegenzug will die EU aber die spanische Haushaltspolitik engmaschiger kontrollieren und eine regelmäßige Überprüfung einführen. „Die spanische Regierung sollte alle drei Monate über die Fortschritte berichten“, heißt es in einem Entwurf für ein EU-Dokument, das die Grundlage für die Beratungen am Dienstag ist und das Reuters einsehen konnte.

+++Schäuble erwartet konkreten Plan, keine Entscheidung+++

Das Papier zeichnet ein düsteres Bild von der spanischen Lage und schließt nicht aus, dass das Euro-Land nicht einmal das inzwischen um insgesamt zwei Prozentpunkte gelockerte Defizitziel erreichen wird. Die Wirtschaft des Landes werde voraussichtlich in diesem und im kommenden Jahr so stark schrumpfen wie nie zuvor, heißt es darin. Die Pläne stünden damit unter erheblichen Risiken. „Eine weitere Verschärfung der wirtschaftlichen Krise und Gefahren auf regionaler Ebene könnten eine noch größere Abweichung nach sich ziehen.“ Auch die 17 Regionen des Landes sind hochverschuldet. Sie wollen noch in dieser Woche einen Plan vorlegen, wie sie ihre Lage in Griff bekommen können.

An den Finanzmärkten nahm das Misstrauen gegenüber Spanien wieder spürbar zu: Die Renditen auf Schuldenpapiere aus dem südeuropäischen Land stiegen auf Prozentsätze, die auf Dauer als nicht finanzierbar gelten.

Diplomaten zufolge muss die Regierung in Madrid im Gegenzug für das Entgegenkommen weitere Einschnitte im öffentlichen Haushalt zusagen. „Darüber wird am Dienstag beim Treffen der EU-Finanzminister geredet“, sagten die Diplomaten. De Guindos will demnach ein Paket aus Einsparungen und Steuererhöhungen vorstellen, das 30 Milliarden Euro einbringen soll. Allein für dieses Jahr schlage er Maßnahmen im Umfang von zehn Milliarden vor, sagten Regierungsvertreter Reuters.

EZB-Präsident Mario Draghi hielt die überschuldeten Länder Südeuropas ungeachtet des wachsenden Unmuts ihrer Bevölkerungen zu einem weiterhin strikten Sparkurs an. „Es gibt ganz klar soziale Spannungen. Aber meine Ansicht ist, dass wir mit den Programmen fortfahren sollten“, sagte Draghi im Europäischen Parlament. Er hielt aber die Tür für eine weitere geldpolitische Unterstützung der Euro-Zone offen. Die Europäische Zentralbank hat ihren Leitzins erst in der vergangenen Woche auf unter ein Prozent gesenkt – ein historischer Schritt.

Die neue griechische Regierung wollte ihrerseits am Abend einen Anlauf unternehmen, die Euro-Partner um Lockerungen im vereinbarten Reformprogramm zu bitten. Finanzminister Yannis Stournaras nimmt erstmals in seiner neuen Funktion an dem Treffen teil. In dem Mittelmeerland wächst der Druck auf die Regierung, deutliche Entlastungen bei den Einschnitten zu erreichen. Aus Protest gegen die zuletzt gedämpften Forderungen an die europäischen Partner warf der stellvertretende Arbeitsminister das Handtuch: Die Regierung verhandle nicht hart genug mit den Kreditgebern über Zugeständnisse, erklärte Staatssekretär Nikos Nikolopoulos in seinem Rücktrittsschreiben.

(Reuters/abendblatt.de)