Gelingt die Euro-Rettung? Deutschland und Frankreich wollen am Montag ihre neuen Pläne vorstellen, während an den Finanzmärkten erst mal gute Stimmung nach einer Hilfsaktion der Zentralbanken herrscht. Doch die Unsicherheit ist nach wie vor extrem hoch.
Paris/Brüssel/Berlin. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will am Montag in Paris gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Details eines Rettungsplanes für die Euro-Krise präsentieren. Das gab er am Donnerstagabend in Toulon bekannt. Paris und Berlin dringen auf zügige Änderungen der EU-Verträge für eine strengere Überwachung der Euro-Stabilitätsregeln.
Sarkozy bekräftigte die Notwendigkeit eines engen Schulterschlusses mit Deutschland. An einem starken Euro führe kein Weg vorbei, es müsse aber in Europa eine stärkere Solidarität geben, bei der auch die Europäische Zentralbank (EZB) eine tragende Rolle spielt. "Die EZB ist unabhängig, sie wird es bleiben“. Das sei aber nur möglich mit einer stärkeren Haushaltsdisziplin sowie automatischen Sanktionen. "Jedes Euro-Land muss eine Goldene Regel haben“ - sie soll einen ausgeglichenen Haushalt als Verfassungsziel festschreiben.
Vor dem nächsten Anlauf zur Euro-Rettung beim EU-Gipfel in der kommenden Woche hatte zuvor der neue EZB-Präsident Mario Draghi Hoffnungen auf eine stärkerer Rolle der Zentralbank gedämpft. Sie könne Problemländern nur begrenzt mit dem Aufkauf von Staatsanleihen unter die Arme greifen. "Es geht nicht darum, Regierungen zu subventionieren“, sagte Draghi im Europaparlament. Die Euroländer müssten einzeln und gemeinschaftlich ihre Glaubwürdigkeit gegenüber den Finanzmärkten wiederherstellen.
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Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sagte in Berlin zu Forderungen nach einem größeren Engagement der Zentralbank, die EZB müsse in eigener Kompetenz entscheiden, was sie für richtig halte. Bisher lehnt Deutschland es ab, die EZB als Krisenretter zu engagieren, indem sie massiv Staatsanleihen aufkauft.
Rösler sprach sich für eine Verschärfung des Stabilitätspaktes in der EU aus. Um die Haushaltsdisziplin zu verbessern, sollte die Defizitgrenze perspektivisch von 3,0 Prozent auf 2,0 Prozent gesenkt werden . Nötig seien auch automatische Sanktionen gegen Schuldensünder. Einig sei sich die Regierungskoalition von CDU, CSU und FDP bei ihrem Nein zu gemeinschaftlichen Anleihen, sogenannten Eurobonds, betonte Rösler – auch nicht im Tausch gegen Vertragsänderungen.
Für eine euphorische Reaktion an den Finanzmärkten hatten am Vortag nicht die Politiker, sondern die Zentralbanken mit einer Hilfsaktion gesorgt. Auch am Donnerstag hielt sich die gute Stimmung: Die europäischen Börsen und der Euro-Kurs behaupteten zunächst ihre Zuwächse vom Mittwoch, und bei den Renditen der Staatsanleihen, die in den vergangenen Wochen teilweise dramatisch angestiegen waren, zeichnete sich eine deutliche Entspannung ab. Dazu trug auch die Ausgabe neuer Staatspapiere in Spanien und Frankreich bei, die problemlos Abnehmer fanden.
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Dennoch nahmen die Spannungen in der europäischen Bankenbranche weiter zu: Die Geldinstitute parkten erstmals seit Juni 2010 mehr 300 Milliarden Euro "über Nacht“ bei der EZB. Diese eintägigen Einlagen gelten als Maß für das Misstrauen der Banken untereinander. Die aktuellen Entwicklungen deuteten auf eine "systemische Bankenkrise“ hin, warnte der Gouverneur der Bank of England, Mervyn King, am Donnerstag bei der Vorstellung eines Finanzstabilitätsberichts.
Die EZB, die US-amerikanische Notenbank Fed und weitere Institute hatten am Mittwoch die Zinsen für Dollar-Tauschgeschäfte zwischen den Zentralbanken herabgesetzt. Damit soll es europäischen Banken erleichtert werden, an US-Dollars zur Abwicklung von Geschäften zu kommen. Unter anderem aufgrund der Skepsis gegenüber der Eurozone in den USA hatte sich ein Engpass abgezeichnet, der sich auch auf die Unternehmen in Europa hätte auswirken können.
Angesichts der schwierigen Lage der Banken will die EU-Kommission bei staatlichen Kapitalspritzen für Geldhäuser weiter Milde walten lassen. Bei der Genehmigung werde man die Banken mit allzu strikten Auflagen für den Umbau verschonen, sagte Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Donnerstag in Brüssel. Das gelte zumindest dann, wenn der Kapitalbedarf aus der Vertrauenskrise in Euro-Staatsanleihen resultierte und die Bank keine exzessiven Risiken dabei eingegangen sei. Als oberster Wettbewerbshüter muss die EU-Kommission alle staatlichen Beihilfen genehmigen und macht dabei in der Regel Auflagen.
Experten gehen davon aus, dass einige Geldhäuser schon bald wieder staatliches Geld benötigen. Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) will Anfang kommender Woche den Finanzbedarf großer europäischer Banken bekanntgeben. Die Europäer hatten im Oktober beschlossen, dass die Geldhäuser bis nächstes Jahr ihr Eigenkapital aufstocken müssen, um sich gegen Schockwellen der Schuldenkrise zu wappnen.
Aus Protest gegen Massenentlassungen und weitere Lohnkürzungen legten umfangreiche Streiks in Griechenland am Donnerstag erneut weite Teile des öffentlichen Lebens lahm. Züge und Fähren verkehrten nicht, ebenso bestreikt wurden Ministerien, staatliche Unternehmen, Schulen und Krankenhäuser.
Um die Mittagszeit versammelten sich vor dem Parlament von Athen nach Schätzungen der Polizei rund 20 000 Menschen und demonstrierten gegen die Sparpolitik. Bei einem ähnlichen Streik im Oktober waren allerdings noch mehr als 100.000 Menschen auf die Straße gegangen. Es war der erste große Streik seit dem Start der Übergangsregierung unter dem Finanzexperten Lucas Papademos Anfang November.
In Belgien gibt es eineinhalb Jahre nach den Parlamentswahlen eine neue Regierung: Premierminister wird der Sozialist Elio Di Rupo (60) aus dem Französisch sprechenden Süden des Landes. Sozialisten, Christdemokraten und Liberale aus Flandern und der Wallonie einigten sich am Mittwochabend in Brüssel im Grundsatz auf eine Koalition, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete. Belgien ist hochverschuldet und war in der Euro-Krise ins Visier der Finanzmärkte gerückt.