Die Uno schlägt Alarm: Am stärksten sind arme Länder von den derzeit steigenden Preisen für Getreide, Milch und Fleisch betroffen.
Tokio. Die Warnungen vor einer Lebensmittel-Krise in den armen Ländern nehmen zu. Nach der G20-Präsidentschaft Frankreich schlägt auch die UN-Ernährungsorganisation FAO wegen der steigenden Preise für Getreide, Milch und Fleisch Alarm.
Um die Aufschläge abzubremsen, forderte FAO-Generaldirektor Jacques Diouf neben einem Abbau der Subventionen in der Landwirtschaft eine schärfere Kontrolle spekulativer Geschäfte an den weltweiten Rohstoffmärkten. „Preissteigerungen und -schwankungen werden sich in den kommenden Jahren fortsetzen, wenn wir die strukturellen Ursachen von Ungleichgewichten im weltweiten Agrar-System nicht anpacken“, sagte Diouf der japanischen Wirtschaftszeitung „Nikkei“.
Die ärmsten Länder seien von den Ungewissheiten rund um die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln am schlimmsten betroffen, sagte Diouf der Zeitung. Dies könne zu politischer Instabilität führen und bedrohe den Weltfrieden und die Sicherheit. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatte sich am Montag ähnlich geäußert. Er will die Regulierung von Rohstoffmärkten zu einem Schwerpunktthema des G20-Vorsitzes seines Landes machen.
Die Welt befindet sich nach Einschätzung des FAO-Chefs „am Rande einer größeren Lebensmittelkrise“. Eine Mitschuld weisen die Vereinten Nationen dabei den den Subventionen in der Landwirtschaft sowie Handelszöllen zu, die die weltweiten Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage verstärkten. Diouf zufolge gibt es zudem dringenden Bedarf an mehr Transparenz und Regulierung der Spekulationen auf den Märkten für landwirtschaftliche Rohstoffe.
Die weltweiten Lebensmittelpreise liegen nach den jüngsten Berechnungen der FAO von Anfang Januar derzeit so hoch wie nie. Vor allem Getreide und Zucker führten zu einem kräftigen Anstieg. In Teilen Nordafrikas und dem Nahen Osten lösten die hohen Preise schon Proteste der Bevölkerung aus. Bereits im Jahr 2008 kam es wegen einer Lebensmittelkrise in einigen Ländern zu Unruhen. Wegen des schlechten Wetters befürchten Experten, dass die Preise für Getreide in diesem Jahr weiter steigen.
Steigende Preise sind indes nicht in allen Ländern ein größeres Problem. Während Indien bei Lebensmitteln mit Inflationsraten im zweistelligen Bereich kämpft, ist das Thema Teuerung in den hoch entwickelten Ländern nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) eher von geringer Bedeutung. Allerdings müssten auch diese Länder sicher stellen, dass es nicht zu sogenannten Zweitrundeneffekten kommen werde, sagte IWF-Experte Jose Vinals dem Fernsehsender Reuters Insider. Von Zweitrundeneffekten sprechen Experten, wenn sich über höhere Lohnabschlüsse die vorübergehende Teuerung langfristig im Preisniveau niederschlägt.
Um den wachsenden Bedarf der Weltbevölkerung zu decken, muss die landwirtschaftliche Produktion in den nächsten 40 Jahren um 70 Prozent steigen. In den Entwicklungsländern ist wegen des stärkeren Bevölkerungswachstums eine Verdopplung nötig. Indien erhöhte am Dienstag die Zinsen, um seine Inflation in den Griff zu bekommen. Experten gehen allerdings davon aus, dass dies die Lebensmittelpreise in dem Schwellenland kurzfristig nicht wesentlich sinken lässt.