Ziel der Aktion ist die Stärkung freier Tankstellen. Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht keinen Spielraum bei der Pendlerpauschale.

Berlin. Das Bundeskartellamt schaltet sich in die Diskussion um die Rekordpreise beim Benzin ein und hat ein Wettbewerbsverfahren gegen die marktbeherrschenden Ölmultis eingeleitet. Dies sei ein Beitrag, um die freien Tankstellen gegenüber BP/Aral, Esso, Shell, Jet und Total zu stärken, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwochausgabe) laut Vorabbericht.

Anlass seien Beschwerden freier Tankstellen, die Konzerne würden gezielt an bestimmten Zapfsäulen Sprit unter dem Beschaffungspreis verkaufen, um unabhängige Anbieter auszubooten. Auch sollen sie für die Belieferung von freien Tankstellen teilweise höhere Preise verlangt haben als von den Endkunden an den eigenen Tankstellen. Deshalb habe die Behörde in einem ersten Schritt Auskünfte von den Konzernen verlangt, hieß es in dem Bericht weiter. „Das ist ein Signal an die großen Fünf, dass wir die Vorwürfe ernst nehmen“, erklärte Mundt.

Die FDP stößt derweil mit ihrer Forderung nach einer höheren Entfernungspauschale bei der CDU weiter auf Widerstand. Wie bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte auch Finanzminister Wolfgang Schäuble Änderungen ab. Für eine Anhebung der Pendlerpauschale wegen der gestiegenen Spritkosten gebe es keinen Spielraum, sagte der CDU-Politiker in einem Interview mit Reuters TV. Die Vorstellung, dass der Gesetzgeber Schwankungen der Energiepreise ausgleichen könne, sei nicht zielführend. Dies würde nur dazu führen, dass diejenigen, die die Preise erhöhten, auf den Staat hoffen könnten, sagte Schäuble. Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) riet der Bundesregierung von einem solchen Schritt ab: Höhere Subventionen für den umweltschädigenden Individualverkehr gingen in die falsche Richtung, sagte Deutschlandexperte Andreas Wörgötter.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler und andere Vertreter der FDP hatten gefordert, die Pendlerpauschale von derzeit 30 Cent je Kilometer anzuheben. Auch in Teilen der Union, etwa beim Arbeitnehmerflügel, traf diese Forderung auf Unterstützung.

"Unruhe is Oligopol bringen"

Das Bundeskartellamt riet der Regierung, „Unruhe ins Oligopol“ der Mineralölkonzerne zu bringen und kurzfristige Preiserhöhungen zu erschweren. Mundt verwies im ZDF auf Modelle im Ausland, wo Anbieter nur einmal am Tag Preise ändern dürfen und dies vorher ankündigen müssen. Er regte an, freie Tankstellen von diesen Vorgaben auszuklammern, um sie zusätzlich zu stärken. Der Bundesrat hat einen entsprechenden Vorstoß gestartet, stößt aber auf Widerstand der Bundesregierung. Wirtschaftsstaatssekretär Hans-Joachim Otto hatte argumentiert, jegliche Regulierung der Preisfestsetzung führe potenziell zu teurerem Benzin.

Mundt räumte zugleich ein, dass seine Behörde bei der Überwachung der Preispolitik an ihre Grenzen stoße. „Es ist nicht einfach, in diesem Markt für Wettbewerb zu sorgen.“ Das Kartellamt habe zwar ein ausgeklügeltes System des Abguckens und Nachmachens entdeckt. Es gebe aber keine Hinweise auf direkte Preisabsprachen.

Die gestiegenen Benzinpreise wirken sich offenkundig auf das Verhalten der Autofahrer aus. In einer Forsa-Umfrage für das Magazin „Stern“ gaben 67 Prozent der Befragten an, sie achteten auf einen spritsparenden Fahrstil. 40 Prozent erklärten, sie ließen ihr Auto öfter stehen. 28 Prozent nutzten stärker das Fahrrad und 15 Prozent Busse und Bahnen. Forsa befragte für die Erhebung Ende vergangener Woche 1001 Bundesbürger.

Teure Tankfüllung – Reichweite hat sich seit 1992 halbiert

Eine Diesel-Tankfüllung in Höhe von 50 Euro reicht heute nur noch halb so weit wie 1992. Das errechnete der Automobilclub ADAC für die „Bild“-Zeitung (Dienstagausgabe). Nach der Berechnung konnten Autofahrer 1992 mit Diesel im Wert von 50 Euro 1186 Kilometer zurücklegen. Heute seien es nur noch 504 Kilometer. Grund sei der stark angestiegene Diesel-Preis.

Beim Super ist der Unterschied nach den ADAC-Zahlen nicht ganz so groß: Vor 20 Jahren kam ein Auto mit einer Tankfüllung Super im Wert von 50 Euro 748 Kilometer weit, 2012 sind es nur 403 Kilometer. Der ADAC rechnete auf der Grundlage eines durchschnittlichen Verbrauches und berücksichtigte, dass Autos heute weniger Kraftstoff verbrauchen als vor 20 Jahren.

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Die Benzinpreise setzen derzeit zu einem vorösterlichen Höhenflug an. Am Sonntag registrierten die Ölkonzerne Durchschnittspreise von 1,68 Euro für einen Liter Super E10 und 1,71 Euro für die meistgetankte Sorte Super E5 mit fünf Prozent Ethanol. Das waren die höchsten Preise aller Zeiten. (dpa/abendblatt.de)