Während kurz vor Ostern die Spritpreise neue Rekordhöhen erreichen, prüft die Regierung mögliche Optionen für eine Benzinpreisbremse.

Berlin/München. Es wirkt fast wie eine Preiserhöhung auf Bestellung: Pünktlich zur nahenden Osterreisewelle kostet Benzin mehr als je zuvor. Am Freitagmittag lag der Preis für Super E5 im bundesweiten Durchschnitt bei 1,704 Euro, wie der ADAC am Freitag mitteilte. Gegenüber dem Tagesdurchschnitt vom Donnerstag bedeutet das einen Anstieg von 1,4 Cent. Diesel verteuerte sich um 0,9 Cent auf 1,531 Euro pro Liter.

Zwar wisse man nicht, ob die Preise – wie häufig – noch bis zum Abend zurückgingen, sagte ADAC-Sprecher Jürgen Grieving. Damit rechnen könne man aber nicht. „Die Mineralölindustrie lässt selten eine Chance aus, den Autofahrern in die Tasche zu greifen“, sagte er. Das sei angesichts des aktuell bereits hohen Preisniveaus traurig.


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Während an deutschen Tankstellen die Preise an den Zapfsäulen nach oben gehen, sucht die Politik in der Hauptstadt nach Wegen, die Autofahrer zu entlasten. Mit einer Benzinpreisbremse will die schwarz-gelbe Koalition zusammen mit den Bundesländern den Autofahrern zur Seite springen. Die Fraktionen von Union und FDP forderten die Regierung auf, mehrere Optionen zu prüfen, um die Preissprünge an den Tankstellen zu unterbinden. Mobilität müsse bezahlbar bleiben, forderte Thüringens Verkehrsminister Christian Carius (CDU).

Auf Initiative Thüringens verlangte auch der Bundesrat am Freitag vom Bund eine gesetzliche Regelung . Als Optionen genannt werden das in Westaustralien praktizierte Modell, mit dem am Vortag der Preis für den Folgetag bekanntgemacht werden muss, der dann nicht weiter erhöht werden darf. Auch das Österreich-Modell soll geprüft werden, wo nur einmal am Tag der Preis nach oben geschraubt werden darf.

Bis es zu einer möglichen Regelung kommt, dürfte es aber mehrere Monate dauern, zudem ist das Bundeswirtschaftsministerium skeptisch. Der ADAC und die Mineralölbranche sehen in den Plänen keinen Entlastungseffekt. In Österreich sei die Preisbildung für die Verbraucher zwar transparenter geworden, betonte der ADAC. Zu niedrigeren Spritpreisen habe dies jedoch nicht geführt.

Zu befürchten seien im Gegenteil sogar höhere Preise, aus Sorge zu knapp zu kalkulieren. „Blinder Aktionismus, wie er derzeit von verschiedenen Seiten an den Tag gelegt wird, ist nicht zielführend“, betonte ADAC-Präsident Peter Meyer. „Wirklich profitieren können die Autofahrer nur durch eine Stärkung des Wettbewerbs.“

Der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbands, Klaus Picard, sagte, der Gesetzgeber müsse entscheiden, was wichtiger sei: Ein anhaltend hoher Preis oder ein niedriger schwankender Preis. „Wenn Kunden Tanktourismus nach Österreich oder Luxemburg betreiben, so liegt das nicht an der Regulierung dort, sondern an den niedrigeren Steuern im Vergleich zu Deutschland“, sagte Picard.


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Carius sagte hingegen mit Blick auf das Österreich-Modell: „Die Kunden würden hiervon durch eine verlässliche Preisobergrenze profitieren.“ Noch nie sei Tanken in Deutschland so teuer gewesen. Und noch nie sei die Preisgestaltung so intransparent gewesen. „Diese Jojo-Preise mit Sprüngen von zehn Cent und mehr an einem Tag folgen keiner nachvollziehbaren Logik“, sagte Carius und betonte: „Damit wird Mobilität zum Luxus.“

Der Parlamentarische Wirtschaftsstaatssekretär Hans-Joachim Otto (FDP) sagte, die Bundesregierung habe mit dem Verbot der Preis-Kosten-Schere einen ersten wichtigen Schritt getan. Demnach dürfen die großen Mineralölunternehmen freien Tankstellen Kraftstoffe nicht zu höheren Kosten verkaufen als sie ihn an ihre Tankstellen abgeben. Es gelte, den Wettbewerb weiter zu stärken. Reiner Aktionismus helfe nicht weiter. Die Bundesregierung sehe das westaustralische und österreichische Modell skeptisch, das den mehrmals pro Tag erfolgenden Preiserhöhungen einen Riegel vorschiebt.

+++ Bundesländer beraten Benzinpreisbremse +++

Trotz des Rekordhochs an der Tankstelle will die Regierung die Pendlerpauschale von 30 Cent je Kilometer vorerst nicht erhöhen. „Es gibt keine neue Position zur Pendlerpauschale“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. „Die Entfernungspauschale ist keine Spritpauschale.“ Sie gelte unabhängig vom Verkehrsmittel für den Weg zur Arbeit.

Das Bundeswirtschaftsministerium kündigte eine Prüfung der Forderungen der Koalitionsfraktionen von Union und FDP an, die eine Analyse des in Westaustralien praktizierten Modells vorsehen. Zudem verwies eine Sprecherin darauf, dass die Preisgestaltung der Mineralölbranche durch das Kartellamt stärker unter die Lupe genommen werde. Ein Anzapfen der Ölreserven wegen der hohen Preise stehe nicht zur Debatte. Es sei gesetzlich geregelt, dass dies nur bei Versorgungsengpässen vorgesehen sei, sagte die Sprecherin.

Die SPD sieht die schwarz-gelben Pläne als Wahlkampfgetöse an. „Alle Jahre wieder kommen pünktlich vor Ostern untaugliche Vorschläge von Schwarz-Gelb zur Senkung der steigenden Spritpreise“, sagte Fraktionsvize Ulrich Kelber. Mal solle die Mehrwertsteuer auf Benzin gesenkt werden, mal sollten die Ölkonzerne zerschlagen werden. Dieses Jahr werde nun wieder ein Gesetz ins Gespräch gebracht, wonach die Spritpreise nur einmal in 24 Stunden geändert werden dürfen. Passiert sei in all den Jahren nichts. „Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass auch die diesjährige Debatte nur Wahlkampfgetöse für Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ist“, sagte Kelber und nannte die Pläne „das schwarz-gelbe Osterei des Jahres 2012“.