Finanzminister Schäuble dringt bei den privaten Gläubigern auf mehr Entgegenkommen. Troika-Kontrolleure kommen Anfang nächster Woche.

Athen. Im Ringen um den Schuldenerlass für das hoch verschuldete Griechenland hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Finanzwelt zu Kompromissen aufgefordert. Die Banken dürften ihre Forderungen zum geplanten Anleiheumtausch nicht überziehen, sagte Schäuble am Montag. Obwohl Griechenland schon Ende März mit der Fälligkeit von Milliarden-Anleihen der Staatsbankrott droht, zeigte sich Ministerpräsident Lukas Papademos optimistisch: Er sei zuversichtlich, dass die Gespräche über die Gläubiger-Beteiligung binnen drei Wochen abgeschlossen werden könnten, sagte er in Athen. Der Internationale Bankenverband als Vertreter der privaten Gläubiger erklärte dagegen, eine Grundsatzeinigung müsse bis Ende dieser Woche auf den Tisch. Andernfalls wäre ein rechtzeitiger Abschluss nicht mehr machbar.

Am Dienstag wurde eine Arbeitsgruppe des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Union (EU) und der Europäischen Zentralbank (EZB) in Athen erwartet, die die Entscheidung über die nächste Kredittranche und die Verhandlungen über weitere Hilfen vorbereiten sollen. Die Chefkontrolleure der sogenannten Troika kommen einem griechischen Regierungssprecher zufolge erst nächste Woche. Dies sei im Plan, betonte er. Zuvor waren sie bereits Ende dieser Woche erwartet worden. Angesichts der dramatischen Lage schickte Papademos am Montag Kreisen zufolge eine Delegation zum IWF nach Washington. Er stellte eine rechtzeitige Einigung in Aussicht.

Die Investoren sollen dem Mittelmeerstaat über einen Anleihetausch 50 Prozent der Schulden erlassen. Die Beteiligung der privaten Anleger ist eine Bedingung für das ursprünglich auf 130 Milliarden Euro veranschlagte zweite Rettungspaket von EU und IWF, um Griechenland vor der Pleite zu bewahren. Doch die Gespräche der Athener Regierung mit dem Bankenverband waren am Freitag unterbrochen worden. Sie werden vermutlich am Mittwoch (18. Januar) fortgesetzt.

+++ Troika setzt Arbeit in Athen fort – neue Streiks geplant +++

+++ Keine Einigung – Weitere Verhandlungen nötig +++

Grundsätzlich bestehe Einigkeit über eine Reduzierung der griechischen Verschuldung um 50 Prozent, sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Aber verhandelt werde noch über die Höhe der Zinsen für die neuen Anleihen. „Das ist klar, dass die Gläubiger höhere Zinsen gern hätten.“ Da es aber auch um Garantien anderer europäischer Staaten gehe, dürfe das Ziel einer Schuldentragfähigkeit Griechenlands ab 2020 nicht durch zu hohe Zinsen bei den umzutauschenden Anleihen gefährdet werden.

Die Bundesregierung erklärte, die Eckdaten für die Gespräche Griechenlands mit den Banken hätten sich nicht geändert. Bis 2020 soll der Schuldenstand Griechenlands durch den Schuldenerlass und durch Strukturreformen auf 120 Prozent der Wirtschaftskraft von derzeit 160 Prozent gesenkt werden.

Papademos sagte, es gebe eine kleine Pause bei den Gesprächen. „Aber ich vertraue darauf, dass sie fortgesetzt werden und wir zu einem beiderseitig akzeptablen Zeitpunkt eine Einigung erzielen werden“, sagte der Ministerpräsident dem Fernsehsender CNBC. In zwei bis drei Wochen sei damit zu rechnen. Der Chef des Internationalen Bankenverbands, Charles Dallara, sagte aber in der „Financial Times“, eine Grundsatzeinigung müsse bis Ende dieser Woche getroffen werden. Andernfalls könne die Vereinbarung nicht mehr rechtzeitig in trockene Tücher gebracht werden, bevor Griechenland Ende März Anleihen in Höhe von 14,5 Milliarden Euro zurückzahlen muss. Diese Verpflichtung droht den Staat in die Insolvenz zu treiben.

Auf dem Weg zum IWF nach Washington seien der Chef der griechischen Schuldenagentur und ein hochrangiger Wirtschaftsberater, verlautete in Athener Regierungskreisen.

Der britische Finanzminister George Osborne sagte, die Ungewissheit über eine Lösung der griechischen Schuldenprobleme bedrohe die Stabilität Europas mehr als die jüngste Herabstufung von neun Euro-Ländern durch die US-Ratingagentur Standard & Poor’s. Sein niederländischer Kollege Jan Kees De Jager betonte, eine tragbare Schuldenlösung für Griechenland sei die Bedingung für weitere Unterstützung. (Reuters/abendblatt.de)