Die Rettungspläne für das hoch verschuldete Griechenland stehen auf der Kippe. Die Gespräche mit Banken über einen Schuldenerlass stocken.

Berlin. Bankenpräsident Andreas Schmitz brachte seinen Unmut über die explosive Lage in Griechenland mit einer Spitze Richtung Politik zum Ausdruck: „Die Märkte haben Rettungsbemühungen der Regierungen streckenweise wie Flugversuche eines Pinguins aussehen lassen“, sagte der Chef von HSBC Trinkaus & Burkhardt. Der oberste Lobbyist der Privatbanken hatte auch eine Botschaft an Athen sowie die hilflosen Euro-Retter: Das Sparprogramm müsse endlich umgesetzt werden. Ein Schuldenerlass allein helfe dem Land nicht.

Genau dieser Schuldenerlass aber entwickelt sich zu einem riesigen Problem und setzt die Krisenmanager um Kanzlerin Angela Merkel und Co. mächtig unter Druck. Die Rettung des von der Staatspleite bedrohten Euro-Landes Griechenland wackelt: Die Wachstumszahlen brechen ein, Reformziele werden verfehlt, und die im Oktober unterstellten Annahmen für weitere Hilfen sind größtenteils schon wieder Makulatur.

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Vor allem aber kommen die Verhandlungen Athens mit privaten Gläubigern – also Banken, Versicherern, Hedgefonds sowie anderen Investoren – über einen teilweisen Schuldenerlass dem Vernehmen nach nur schleppend voran. Er ist Voraussetzung für das im Oktober angekündigte zweite Milliarden-Hilfspaket von 130 Milliarden Euro. Der unbedingt freiwillige Verzicht auf 50 Prozent der Forderungen der Geldgeber würde die Schuldenlast Athens um 100 Milliarden Euro senken und sollte eigentlich Ende 2011 unter Dach und Fach sein.

Doch die Gespräche verlaufen Bankenkreisen zufolge zäh, zu unterschiedlich sind die Interessen. Etliche Investoren sollen sich mit Kreditversicherungen (CDS) eingedeckt haben. Die nützen aber nichts, sollte der freiwillige Forderungsverzicht gelingen. Für diese Geldgeber wäre ein unfreiwilliger Schuldenverzicht – also auch bei einer Pleite Athens – der günstigere Weg. Dann nämlich bekämen sie dank der CDS-Versicherungen einen Ausgleich für den Kreditausfall.

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Kleinere Anleger, die weniger stark im öffentlichen Fokus liegen, haben auch wenig Interesse an einer Umschuldung. Und dann gibt es die hoch spekulativen Hedge-Fonds, die im großen Stil noch Hellas-Anleihen erworben haben, für die im März Zahltag ist. Verlässliche Daten gibt es nicht. Aber auch sie haben kaum Interesse an einer Umschuldung. Zudem soll Athen schlechte Konditionen für neue Anleihen bieten.

In der nächsten Woche beugt sich die sogenannte Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission in Athen über Zahlen und Prognosen und lotet aus, ob weitere Milliarden-Hilfen fließen können. Die siebte Tranche von fünf Milliarden Euro aus dem ersten Rettungspaket liegt immer noch auf Eis. Und das zweite Paket steht weiter in den Sternen.

Schon im Oktober kam die „Troika“ in einem alarmierenden Bericht zu dem Schluss, dass Griechenland bei einer ungünstigen Entwicklung erst in zehn Jahren wieder in der Lage sei, aus eigener Kraft seine Schulden zu bedienen. Das Land könnte bis 2021 nicht an den Markt zurückkehren, um sich ohne Hilfe frisches Geld zu beschaffen.

Es ist mehr als fraglich, ob Griechenland seine Schulden auf Grundlage der bisherigen Sanierungspläne dauerhaft tragen kann. Das aber ist Voraussetzung für weitere Hilfen, vor allem des IWF. Die weltweite Finanzfeuerwehr mit Sitz in Washington soll sich zuletzt skeptisch geäußert haben. Weshalb über eine erneute Anpassung des Hellas-Sanierungsplans diskutiert wird. Das könnte auf verstärkte Sparanstrengungen Athen hinauslaufen, auf eine stärkeren Forderungsverzicht der Banken oder sogar generellen Schuldenerlass durch alle Geldgeber bis hin zu noch mehr Geld der Euro-Staaten.

Für den Finanzexperten und Regierungsberater Clemens Fuest waren der Sanierungsplan und der freiwillige Forderungsverzicht von Anfang an „nicht sonderbar realistisch“ und nicht tragfähig: „Ich fürchte, dass am Ende der Steuerzahler wieder übrig bleibt.“ Gemeint ist ein genereller Schuldenerlass, der auch die öffentlichen Geldgeber einbezieht. Im Ergebnis müssten dann auch die Euro-Staaten und die EZB auf die Rückzahlung ihrer Hellas-Kredite verzichten.

Das aber könnte beim Wähler alles andere als gut ankommen. In Frankreich stehen schon im April/Mai Wahlen an. Die Politik wird daher aus Sicht von Fuest zunächst versuchen, eine echte Abschreibung der Geldforderungen mit Auswirkungen auf den eigenen Haushalt zu verhindern. Stattdessen dürfte vorerst über günstigere Zinsen und längere Laufzeiten gefeilscht werden. „Ohne einen Schuldenerlass auch der öffentliche Hand aber“, stellt Fuest klar, „wird es nicht gehen.“ (dpa/abendblatt.de)