Eine OECD-Studie stellt schwere Mängel im Staatsapparat fest. Behörden können sich nicht organisieren, Kontrolle findet kaum statt.
Berlin. Überbesetzte Führungsstäbe, keine Budgetgrenzen für Ministerien, Behörden arbeiten nebeneinander her – Griechenlands Administration ist offenbar katastrophal organisiert und weitgehend reformunfähig. Das geht aus einem Report der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor.
Demnach fehlt es den griechischen Behörden an Kommunikation untereinander, aber auch an ausreichender Dokumentation ihrer Arbeit. Die Verwaltung habe „nicht die Gewohnheit, Akten zu führen oder die Fähigkeit, Informationen aus Daten herauszulesen, wenn Daten überhaupt vorhanden sind“.
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Der Studie zufolge trifft sich der Generalsekretär des griechischen Premierministers in der Regel nur zweimal im Jahr für etwa zwei Stunden mit hohen Beamten aus den Ministerien. In anderen europäischen Ländern fänden diese Gespräche wöchentlich statt.
Zudem habe der Finanzminister kaum Kontrolle über die Ausgaben anderer Ressorts. So hätten die einzelnen Ministerien ihre Ausgabenpläne bislang selbst aufstellen können, ohne dabei von höherer Stelle wirksam eingeschränkt worden zu sein. In der Folge lagen die Ausgaben in manchen Jahren mehr als fünf Prozent über dem Haushaltsentwurf, wie der Report feststellt.
Auch in den niedrigeren Verwaltungsebenen werden Fehlplanungen angeprangert. Die Behörden seien in zahlreiche einzelne Abteilungen zergliedert. Zu viele Führungskräfte hätten darin die Verantwortung für viel zu wenige Mitarbeiter. Jede fünfte Abteilung bestehe überhaupt nur aus einem Abteilungsleiter.
Zudem änderten sich ständig die Rahmenbedingungen: Seit 1996 hätten knapp 17.000 Gesetze und Erlasse die Zuständigkeiten innerhalb der Verwaltung immer wieder verschoben – im Schnitt 1.140 Änderungen pro Jahr.
Hinsichtlich einer grundlegenden Sanierung des griechischen Staates blicken die Autoren pessimistisch in die Zukunft: „Der zentralen Verwaltung als Ganzes fehlen die praktischen Werkzeuge, die Kultur und die Fähigkeit, aufeinander aufbauende Politik anzustoßen, umzusetzen und zu überwachen.“ Grundsätzlich sei eklatant, dass die griechischen Behörden keine gemeinsame strategische Vision darüber teilten, wohin Griechenland mit seiner Gesellschaft und seiner Wirtschaft überhaupt will.
Als Reaktion auf die Studie sagte der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, „Handelsblatt Online“: „Wer nicht einmal in der Lage ist, sich selbst vernünftig zu organisieren, von dem kann nicht erwartet werden, dass er die Milliardenhilfen der Euro-Partner sinnvoll einsetzt.“ Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone stehe weiterhin zur Debatte. (dapd/abendblatt.de)