Daimler-Vorstand Rüdiger Grube gilt als Favorit für den Chefposten des letzten reinen Staatskonzerns.

Hamburg. Wenn Hartmut Mehdorn den Posten als Bahnchef an seinen Nachfolger übergibt, könnten sich zwei alte Bekannte treffen. Zwei Männer, die schon eng zusammengearbeitet haben. Denn der Daimler-Vorstand Rüdiger Grube, den sich die Bundesregierung auf Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern als neuen Chef der Deutschen Bahn ausgeguckt hat, erhielt seinen ersten großen Job bei dem heutigen Noch-Bahnchef und damaligen Airbus-Chef. Auch die SPD stimmte dem Vorschlag der Kanzlerin zu, hieß es aus Regierungskreisen.

Mehdorn stellte Grube 1990 für zwei Jahre als seinen Büroleiter bei Airbus in Hamburg ein. Damals überzeugte der Diplomingenieur Mehdorn mit dem außergewöhnlichen Angebot, drei Monate ohne Bezahlung für ihn zu arbeiten. Sollte er dann sein Geld nicht wert sein, würde er wieder gehen. Da konnte Mehdorn nicht Nein sagen.

Grube ist gebürtiger Hamburger und bezeichnet sich selbst als "hanseatischen Kaufmann". Im Gegensatz zu dem extrovertierten Mehdorn, gilt Grube eher als freundlicher, unauffälliger Mann, der lieber im Hintergrund die Strippen zieht - wie bei der Fusion von Daimler und Chrysler oder beim deutsch-französischen Zusammenschluss zur EADS.

Der 57-Jährige hat bisher eine glänzende Karriere in der Verkehrsbranche hingelegt - in der Luftfahrt und Autoindustrie. Aktuell ist der Manager nicht nur Strategievorstand beim Autokonzern Daimler, er ist zudem Vorsitzender des Verwaltungsrates beim Luft- und Raumfahrtkonzern EADS.

Ihm wird nachgesagt, er habe Kerosin im Blut. 1969 ließ sich Grube in Hamburg-Finkenwerder zum Flugzeuggerätebauer ausbilden. Sein Abitur absolvierte er auf dem zweiten Bildungsweg, studierte danach Fahrzeugbau und Flugzeugtechnik. An der Universität Hamburg lehrte der Diplomingenieur im Bereich Fertigungstechnik und wechselte dann in die Industrie. Zum Luft- und Raumfahrtunternehmen Messerschmitt-Bölkow-Blohm, zu Airbus und zur Dasa, bei der er das Flugzeugwerk in München-Ottobrunn leitete, einer der heute wichtigsten Standorte des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS.

1996 kam Grube zu Daimler-Benz nach Stuttgart. Als enger Vertrauter des damaligen Konzernchefs Jürgen Schrempp bereitete er die Fusion mit dem US-Autobauer Chrysler vor - und löste diese wenig erfolgreiche Fusion vor zwei Jahren wieder durch den Verkauf an den Finanzinvestor Cerberus ab, diesmal unter Daimler-Chef Dieter Zetsche. Nur einmal verließ Grube Daimler und wagte den Schritt in die Selbstständigkeit. Er stieg bei dem mittelständischen Immobilienkonzern Häusler in Stuttgart ein. Doch rasch erkannte er, dass er seine beruflichen Ziele besser bei einem internationalen Konzern verwirklichen konnte.

Grube gilt als "verlässlicher Manager, der gut zuhören kann". Ihm ist es wichtig, wie die Beschäftigten die Strategien des Managements beurteilen. Von den Arbeitnehmervertretern werde er respektiert, seine Arbeit anerkannt - was angesichts der starken Gewerkschaften bei der Bahn nicht unwichtig ist. Grubes Vertrag bei Daimler läuft noch bis 2010. Ihm wurden immer Ambitionen nachgesagt, Chef von EADS werden zu wollen. Bahnchef wäre eine ähnlich große Herausforderung.