Was haben die Unternehmen Rosenthal, Märklin und Pfaff gemeinsam? Einen ehemals erfolgsverwöhnten Markennamen und ein großes Problem: Die Gesellschaft hat sich verändert; Edelporzellan, Modellbahnen und Nähmaschinen passen kaum mehr in den modernen Alltag. Deshalb stehen viele Traditionsmarken vor dem Aus.

Hamburg. Es gibt Namen, die man in Deutschland von klein auf kennt. Zum Sonntagskaffee holten die Eltern oder Großeltern früher selbstverständlich das gute Porzellan heraus. Drehten sie die Tassen um, war der Name Rosenthal zu lesen. Währenddessen wurde im Kinderzimmer die Modellbahn aufgebaut - die einen schworen auf Märklin, die anderen liebten Fleischmann.

Diese Zeiten haben sich geändert. Hauchzarte Kaffeetassen stehen nicht mehr auf der Prioritätenliste beim Einrichten einer Wohnung, Modellbahn-Bauer leiden unter der Konkurrenz von Internet und Playstation. Für viele Traditionsunternehmen in Deutschland sind schwere Zeiten angebrochen. Es trifft nicht nur Rosenthal und Märklin.

"Der vormalige Bürger gewöhnt sich an seine eigene Proletarisierung", schrieb der Münchner Soziologe Armin Nassehi. Das passt zu den Schwierigkeiten des Porzellanherstellers Rosenthal, der im Januar wenige Tage nach der irischen Muttergesellschaft Waterford Wedgwood Insolvenz angemeldet hatte. Denn statt der Edeltasse genügt heute oft der grobe, billige Kaffeebecher. "Es ist eine sehr betuliche Bürgerlichkeit, die man sich einkauft", sagte Nassehi. "Das passt zum Teil nicht mehr in die Zeit."

"Die Porzellanindustrie ist ein Drama", sagte Simon. Mehrere Hersteller seien bereits von Hand zu Hand gegangen. Doch keinesfalls seien alle Traditionsunternehmen bedroht, generalisieren könne man nicht: "Der stärkste Einflussfaktor ist die Branche." Großfamilien gäbe es immer seltener und der Nachwuchs werde mit Erbschaften überschwemmt, sagte der Soziologe. Wer will da noch das teure Rosenthal-Porzellan kaufen?

Im Falle der Märklin-Modellbahnen sehen sich Kinder die Züge wahrscheinlich lieber im Internet an. Dazu kommt, dass nach Einschätzung des Bonner Unternehmensberaters Hermann Simon "beide schon seit Jahren faktisch bankrott" sind. Die Märklin-Geschäftsführung gab die Hiobsbotschaft der Insolvenz im 150. Firmenjahr bekannt. Doch steht für beide Unternehmen, Märklin wie Rosenthal, das Signal wohl noch nicht endgültig auf Rot - beide hoffen darauf, dass es weitergeht.

Weiter abwärts geht es dagegen für den Industrienähmaschinenhersteller Pfaff, der Ende Januar bekanntgegeben hatte, sich wegen der schlechten Auftragslage von gut der Hälfte seiner 400 Mitarbeiter zu trennen. Das Unternehmen hatte im September Insolvenzantrag gestellt, weil das Geld ausgegangen war. Das Kaiserslauterer Traditionsunternehmen, das früher für seine Nähmaschinen für den Hausgebrauch weltweit bekannt war, steht vor einer ungewissen Zukunft. Ein Investor fand sich bislang nicht.

Nach rund drei Monaten in der Insolvenz gerettet wurde dagegen der Wohnwagenbauer Knaus Tabbert. Der niederländische Investor HTP übernahm alle drei Werke des deutschen Traditionsunternehmens und rettete mehr als 1000 Arbeitsplätze.

Weitgehend verschwunden ist der Name Mannesmann, der zu den großen Industrie-Pionieren in Deutschland gehörte. Er lebt weiter in der Gestalt der Mannesmann Röhrenwerke im Salzgitter-Konzern. Die vielen verschiedenen Dortmunder Biermarken, beispielsweise "DAB"-Bier, existieren zwar noch, aber unter dem Dach der Radeberger Gruppe, die wiederum zum Oetker-Konzern gehört.

In den Zeiten von Wirtschaftswunder, Nierentischchen und VW Käfer schneiderte der Cabriobauer Karmann aus Osnabrück den VW Karmann Ghia, einen eleganten Zweisitzer auf Käfer-Basis. "Der Wagen hat de Namen Karmann weltweit bekanntgemacht", sagte Karmann-Sprecher Christian Eick im Jahr 2005 zum 50-jährigen Jubiläum des Kultautos. Heute steckt Karmann in gewaltigen Schwierigkeiten. Der Automobilbau - seit mehr als hundert Jahren das Aushängeschild der Firma - wird aller Voraussicht nach im Sommer 2009 geschlossen. Mehr als 1700 Mitarbeitern droht die Entlassung. Auch der Traditionsname kann da nicht mehr helfen.