Fast 140 Jahre lang dachten Hausfrauen weltweit an ihre Nähmaschine, wenn sie den Markennamen Pfaff hörten. Fast 140 Jahre lang freuten sich die...

Hamburg/Kaiserslautern. Fast 140 Jahre lang dachten Hausfrauen weltweit an ihre Nähmaschine, wenn sie den Markennamen Pfaff hörten. Fast 140 Jahre lang freuten sich die Eigentümer und - nach dem Börsengang 1960 - die Anteilseigner des Maschinenbauers über glänzende Geschäfte. Diese Zeiten sind vorbei. Seit der Fastinsolvenz im Jahr 1999 produziert die Traditionsfirma von 1862 nur noch Schweißmaschinen und Industrienähmaschinen. Auch die positiven Bilanzen gehören der Vergangenheit an: Angesichts von einem Schuldenberg von über 40 Millionen Euro und massiven Umsatzeinbußen plant Vorstandschef Josef Kleebinder, zwischen 100 und 180 von insgesamt 400 Beschäftigten zu entlassen. Ein Vorgang mit trauriger Tradition: Noch vor 20 Jahren hatten 10 000 Menschen bei Pfaff gearbeitet.

"Die Katastrophe ist da", sagte Kleebinder gestern bei der Betriebsversammlung. Laut seinem Sanierungskonzept soll zudem das Produktspektrum verkleinert, neue Produkte entwickelt und das Geschäftsmodell restrukturiert werden. Um die drohende Insolvenz zu vermeiden, müssen Gewerkschaft, Investoren und andere Partner dem Konzept schon in der kommenden Woche zustimmen. "Wir kämpfen bis zum Schluss", sagte Kleebinder gestern dem Abendblatt. Von einem "Tiefpunkt bei all den schlimmen Sachen, die wir bei Pfaff erlebt haben", sprach Alexander Ulrich von der IG Metall, die den Stellenabbau ablehnt.

Die Krise hat Pfaff bereits seit den 90er-Jahren fest im Griff: Noch beim 125. Jubiläum im Jahr 1987 bezeichnete der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl die Firma als "zweites Symbol von Kaiserslautern". Als größter europäischer Nähmaschinenhersteller setzte Pfaff damals rund 500 Millionen Euro um. Kurz darauf trieben Managementfehler und die schlechte Entwicklung der Branche das Traditionsunternehmen fast in die Insolvenz. Die Produktion der weltweit bekannten Nähmaschinen für den Haushalt übernahm eine schwedische Firma.

Die Anteilseigner wechselten nun mehrfach. Im vergangenen August verkündete der Finanzinvestor GCI, der Pfaff erst im Dezember 2005 mehrheitlich übernommen hatte, seinen Ausstieg. "Wenn bis zum 11. September kein frisches Geld von neuen Investoren kommt, droht uns der Gang zum Insolvenzgericht", so Kleebinder. "Die Zugeständnisse sind für alle Beteiligten bitter und der Plan wird nur funktionieren, wenn alle Parteien zustimmen." Im Falle einer Insolvenz würden aber alle Beteiligten weit mehr verlieren - auch die 300 Mitarbeiter in China müssten dann um ihre Arbeitsplätze bangen. Das wäre wohl das Aus für Pfaff.