Keine Annäherung: Gewerkschaft fordert 6,5 Prozent mehr Geld – kein Angebot von VW. IG Metall zeigt sich kampfbereit für nächste Runde.

Salzgitter/Wolfsburg. Nach nur knapp zwei Stunden wurden am Dienstag die Tarifverhandlungen zwischen Volkswagen und der IG Metall vertagt. VW legte in der ersten Verhandlungsrunde für einen neuen Haustarifvertrag, die parallel zum Tarifstreit der Metall- und Elektroindustrie stattfand, kein Angebot vor. Die Gewerkschaft fordert 6,5 Prozent mehr Geld für die rund 102.000 Beschäftigten der sechs westdeutschen VW-Werke und der VW-Finanztochter.

Während es in der übrigen Metall- und Elektroindustrie neben einer Lohnerhöhung von ebenfalls 6,5 Prozent auch um Leiharbeiter und die unbefristete Übernahme der Auszubildenden geht, wird bei VW nur um das Entgelt verhandelt. Alle anderen Punkte sind bei Europas größten Autohersteller geregelt. Die Gespräche sollen am 25. Mai in Hannover fortgesetzt werden.

+++ IG Metall und Betriebsrat fordern 6,5 Prozent +++

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Die IG Metall gab sich kämpferisch. „Die Verhandlungskommission ist stinksauer“, sagte Bezirkschef Hartmut Meine. „Ich kann Volkswagen nur warnen, eine ähnliche Hinhaltetaktik wie die Arbeitgeber in der Fläche zu wählen. Die Beschäftigten bei Volkswagen sind genauso kampfbereit wie ihre Kolleginnen und Kollegen in der Metall- und Elektroindustrie.“ Tausende Beschäftigte des wichtigsten deutschen Industriezweigs setzen die Arbeitgeber seit Tagen mit Warnstreiks in mehreren Bundesländern unter Druck.

VW-Verhandlungsführer Martin Rosik verwies dagegen auf die „verschärften Wettbewerbsbedingungen“. Arbeitslosigkeit, sinkende Reallöhne und staatliche Sparmaßnahmen drückten die Konsumstimmung in vielen europäischen Ländern, sagte Rosik, der Personalchef der Kernmarke VW-Pkw ist. Parallel dazu würden andere Autohersteller verstärkt in den lohngünstigen Ländern Osteuropas produzieren und asiatische Konkurrenten aggressiv auf die Weltmärkte drängen. In Korea lägen die Lohnkosten nur bei einem Drittel derer in Europa.

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Die Gewerkschaft setzt die guten Geschäftszahlen von Volkswagen dagegen. „Volkswagen geht es ausgesprochen gut“, sagte Meine. „Ein Unternehmen, das für das erste Quartal gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung des operativen Ergebnisses von 10,2 Milliarden Euro ausweist und den Aktionären eine Dividende von 3 Euro zahlt, muss bei den Entgelten deutlich draufsatteln.“ Die IG Metall habe ihre Forderung bereits im Februar vorgelegt, VW habe also genug Zeit gehabt, ein entsprechendes Angebot zu erarbeiten.

Europas größter Autokonzern hat nach dem besten Auftaktquartal in der Unternehmensgeschichte auch im April ein starkes Absatzplus eingefahren. Seit Jahresbeginn lieferte die Kernmarke VW-Pkw insgesamt 1,81 Millionen Fahrzeuge aus. Das waren 9,4 Prozent mehr als vor einem Jahr, teilte der Konzern am Dienstag mit. Im April setzten die Wolfsburger 456.000 Modelle ab, das Plus fiel in dem Einzelmonat mit 6,3 Prozent jedoch etwas geringer aus.

„Der Start ins zweite Quartal verlief für die Marke sehr erfreulich. Mit Blick auf die westeuropäischen Märkte bleiben wir aber weiterhin sehr wachsam“, sagte Vertriebsvorstand Christian Klingler. In West- und Südeuropa hat die Autobranche vor allem wegen der Staatsschuldenkrise derzeit mit einer schwachen Nachfrage zu kämpfen. Weltweit hatte Volkswagen in den ersten drei Monaten dieses Jahres aber bereits so viele Autos an die Kunden übergeben wie noch nie: Zwischen Januar und März wurden 1,36 Millionen Wagen mit dem VW-Emblem verkauft.

Dabei trieben insbesondere das Asien- und Amerika-Geschäft die Entwicklung an. Auf dem inzwischen wichtigsten Markt China konnte VW seit Anfang des Jahres 13 Prozent mehr Autos absetzen, in der Gesamtregion Asien und Pazifik waren es 13,4 Prozent. In den USA, wo der Konzern im Vergleich zu anderen Herstellern noch stark aufholen will, wuchsen die Auslieferungen der VW-Hauptmarke um 38 Prozent.

Verschärft hat sich dagegen die Lage in Westeuropa. In der Heimatregion ging der Absatz außerhalb Deutschlands um 5,1 Prozent zurück – Ende März hatte das Minus hier noch bei 3,7 Prozent gelegen.

Unterm Strich konnte VW in ganz Europa dennoch Zuwächse melden. Das Plus von 4,0 Prozent lag dabei auch am anhaltenden Wachstum in Zentral- und Osteuropa (55,7 Prozent). Allein in Russland verkaufte die Kernmarke des Konzerns mehr als doppelt so viele Autos wie von Januar bis April 2011. Auch in Deutschland fuhr das Unternehmen mit einem um 4,7 Prozent gesteigerten Absatz ein gutes Ergebnis ein.

„VW hat es versäumt, ein guter Arbeitgeber zu sein“, kommentierte Betriebsratschef Bernd Osterloh das Ergebnis der ersten Verhandlungsunde. Am Mittwoch solle die Belegschaft informiert werden. „Dann werden wir sagen, was bei dem Topergebnis angeboten wird – nämlich nix“, schimpfte er. „Noch herrscht Friedenspflicht, aber wir werden niemanden aufhalten, seinem Ärger Luft zu machen.“ (dpa/abendblatt.de)