Die Währungshüter lassen sich nicht zu weiteren Hilfen drängen und behalten Niedrigzins bei. EZB sieht Politik und Banken in der Pflicht.
Barcelona. Sie lassen sich nicht unter Druck setzen: Europas Währungshüter lassen sich von neuen Sorgen um die Finanzstabilität nicht zu weiteren Krisenhilfen drängen. Auch bei der auswärtigen Sitzung in Barcelona drehte der EZB-Rat nicht an der Zinsschraube. Der Leitzins bleibt auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent , wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag in Frankfurt mitteilte.
Nach ihrer jüngsten Geldflut sehen die Währungshüter Politik und Banken am Zug. Im Dezember und Februar hatte die EZB den Banken extrem billiges Geld für bis zu drei Jahre angeboten. Die Institute liehen sich insgesamt gut eine Billion Euro. Notenbank-Präsident Mario Draghi hatte gemahnt, die Krisenhilfe zu Reformen zu nutzen. Der Italiener brachte zudem die Idee eines Wachstumspaktes auf.
+++ Spaniens Schuldenkrise wird immer ernster +++
+++ EZB belässt den Leitzins mit 1,0 Prozent auf Rekordtief +++
Den Reformanstrengungen in Spanien zollte Draghi Respekt. „Die spanische Regierung unternimmt außergewöhnliche Anstrengungen“, sagte Draghi vor einer Woche in Brüssel. Es gebe „keinen Anlass für Zweifel“, dass die konservative Regierung von Premier Mariano Rajoy die notwendigen Reformen ergreifen werde.
Immobilienblase und Bankenkrise, Staatsverschuldung und Arbeitslosigkeit belasten die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Gegen die Sparpläne der Regierung formiert sich Widerstand, schlechtere Bonitätsnoten der Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P) setzen Madrid zusätzlich unter Druck. Aus Sorge vor Krawallen linksradikaler Gruppen zur EZB-Sitzung zog die Polizei ein Großaufgebot an Beamten zusammen.
In den vergangenen Wochen war spekuliert worden, die EZB könnte Wackelkandidaten wie Spanien dadurch unter die Arme greifen, dass sie wieder in größerem Umfang Staatsanleihen aufkauft. Doch Volkswirte erwarten, dass die Notenbank ihren zuletzt zurückhaltenden Kurs beibehalten wird. Seit Wochen verharrt das Volumen des seit zwei Jahren laufenden umstrittenen Programms bei 214 Milliarden Euro.
Gerade aus Deutschland gibt es immer wieder Forderungen nach einem Ende des für die Geldpolitik nicht ungefährlichen Feuerwehreinsatzes . Vor allem die Sorge um ein Ausufern der Inflation ist groß. Seit Monaten treiben Rekordpreise an den Tankstellen sowie steigende Gas- und Strompreise die Inflation. Im April schwächte sich die jährliche Teuerungsrate in den 17 Euroländern nach Eurostat-Angaben zwar leicht ab: Von 2,7 Prozent im März auf 2,6 Prozent. Der Wert liegt aber immer noch über der EZB-Zielmarke von nahe unter 2,0 Prozent. (dpa/abendblatt.de)