Euro-Länder stecken in der Rezession, die Arbeitslosigkeit wächst, der politische Populismus auch. Draghi fordert mehr für das Wachstum zu tun.

Brüssel. Angesichts von Konjunkturschwäche in vielen Euroländern und steigenden Arbeitslosenzahlen macht sich EZB-Chef Mario Draghi für einen Wachstumspakt stark. „Was mir derzeit vor allem durch den Kopf geht, ist einen Pakt für das Wachstum zu haben“, sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch in Brüssel vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments.

Auf Details ging Draghi nicht ein. Er machte deutlich, dass der bereits unterschriebene Fiskalpakt von 25 der 27 EU-Staaten nun auch in den Teilnehmer-Ländern gebilligt werden müsse. Der Pakt schreibt Sparen nach deutschem Muster rechtsverbindlich fest. „Ich bin zuversichtlich, (...) dass es eine Vereinbarung geben wird, die den Euro und die Währungsunion stärker macht.“ In Frankreich will der sozialistische Präsidentschaftskandidat François Hollande im Falle eines Sieges den Fiskalpakt neu verhandeln.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Parlamentspräsident Martin Schutz begrüßten den Vorstoß des Notenbankchefs. „Wachstum ist die Antwort“, sagte Barroso. Schulz forderte Projekte, die rasch in die Tat umgesetzt werden könnten, beispielsweise im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, die in Ländern wie Spanien riesige Probleme bereitet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich nicht von ihrem Kurs in der Schuldenkrise abbringen lassen. „Die Behauptung, Deutschland betreibe eine reine Sparpolitik zusammen mit Partnern wie den Niederlanden, ist grundfalsch“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Es gehe angesichts horrender Schuldenberge um solides Haushalten und eine schrittweise Budgetsanierung, zugleich aber auch um mehr nachhaltiges, nicht erkauftes Wirtschaftswachstum sowie mehr Beschäftigung über strukturelle Reformen.

Mit Blick aufs Euro-Sorgenkind Spanien gab Draghi dem krisengeschüttelten Land klare Rückendeckung. „Die spanische Regierung unternimmt außergewöhnliche Anstrengungen.“ Es gebe „keinen Anlass für Zweifel“, dass die konservative Regierung von Premier Mariano Rajoy die notwendigen Reformen ergreifen werde. Spanien ist ein Wackelkandidat der Eurozone. Der Fehlbetrag im Staatshaushalt belief sich 2011 auf 8,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. 2012 soll er auf 5,3 Prozent sinken, 2013 auf die erlaubten 3 Prozent.

Diese Ziele will Rajoy durch drastisches Sparen erreichen. Am Mittwoch billigte das Parlament in Madrid den Sparhaushalt der Regierung. Das Budget für 2012 sieht Einsparungen in einer Rekordhöhe von mehr als 27 Milliarden Euro vor. Zehn Milliarden Euro sollen durch zusätzliche Streichungen im Bildungs- und Gesundheitswesen zusammenkommen.

Auf Fragen zum Sturz der Regierung in den Niederlanden und zu den Präsidentenwahlen Frankreich und deren politische Folgen sagte Draghi: „Die Eurozone muss ein glaubwürdiges Gebiet mit Haushaltsstabilität, Preisstabilität und Wachstum sein.“ Falls diese Bestandteile nicht alle gegeben seien, sei die Glaubwürdigkeit bedroht. In den Niederlanden hatte der Rechtspopulist Geert Wilders im Streit um milliardenschwere Budgetkürzungen der Regierung von Premier Mark Rutte seine Unterstützung entzogen.

Draghi verteidigte in der Volksvertretung die Geldflut seiner Zentralbank für Geschäftsbanken. Um das Bankensystem zu stabilisieren, hatte die EZB im Dezember und Anfang des Jahres zu äußerst günstigen Konditionen Geld verliehen. Die Geldhäuser liehen sich insgesamt rund eine Billion Euro. (abendblatt.de/dpa)