Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im April weiter zurückgegangen – dank des jährlichen Frühjahrsaufschwungs. Die Kraft der Konjunktur nimmt nach dem jahrelangen Jobboom jedoch ab.
Hamburg/Nürnberg. Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im April erstmals seit Dezember wieder unter die Marke von drei Millionen gesunken. Die für April übliche Frühjahrsbelebung fiel aber schwächer aus als in den Vorjahren, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch in Nürnberg mitteilte. Gründe dafür seien ein Rückgang von Arbeitsmarktprogrammen und der Zähltag inmitten der Osterferien. Unter Herausrechnung der jahreszeitlichen Schwankungen stieg die Arbeitslosenzahl um 19.000. Die saisonbereinigte Zunahme berechtige auf keinen Fall zu einer „dramatischen Einschätzung“, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise. „Wir haben eine gute Entwicklung.“
Die Agentur verzeichnete die geringste Arbeitslosigkeit in einem April seit 1992. Bei der Behörde waren 2,963 Millionen Erwerbslose registriert. Dies waren 65.000 weniger als im März und 115.000 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sank im Monatsvergleich um 0,2 Punkte auf 7,0 Prozent. „Auf dem Arbeitsmarkt hält die positive Grundtendenz an, obwohl die Konjunktur zuletzt an Schwung verloren hat“, sagte Weise. Vor allem Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nähmen weiter zu. Auf hohem Niveau rückläufig sei allein der Index für die Nachfrage nach Arbeitskräften.
Die Erwerbstätigenzahl lag im März laut Statistischem Bundesamt mit 41,21 Millionen um 596.000 über dem Vorjahr. Sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren im Februar nach BA-Berechnungen 28,61 Millionen und damit 694.000 mehr als ein Jahr zuvor. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt laut BA auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung.
Arbeitsmarkt-Analysten bei den Banken sprachen angesichts der saisonbereinigten Zunahme von einer „negativen Überraschung“. Die wirtschaftliche Schwäche scheine nun doch ihre Spuren zu hinterlassen, sagte Heinrich Bayer von der Postbank weiter. Carsten Brzeski von der Global Economics ING sprach von einer „Stabilisierung auf hohem Niveau“. Die Zeichen einer Verlangsamung seien aber kaum zu übersehen.
Im April waren nach BA-Angaben noch 997.000 Arbeitslose in einem Förderprogramm etwa zur Weiterbildung, Qualifizierung oder zur Existenzgründung. Sie werden in der Statistik nicht als arbeitslos gezählt. Das waren rund 220.000 oder 23 Prozent weniger als vor einem Jahr. Ohne den Rückgang der Förderung wäre die Arbeitslosenzahl also um 220.000 geringer.
Weise räumte ein, dass die Entwicklung womöglich auch eine Folge der Reform der Arbeitsmarktinstrumente sei, die am 1. April in Kraft getreten ist. Die Zahl der Existenzgründer etwa mit Gründungszuschuss war im April um 28 Prozent niedriger als noch vor einem Jahr. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will allein bei dieser Maßnahme weit über eine Milliarde Euro im Jahr sparen.
BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt betonte: „Wir wollen kein Geld verbrennen in Maßnahmen, die sich für die Kunden nicht lohnen.“ Er verwies auf den Rückgang der Ein-Euro-Jobs um rund 90.000 im Jahresvergleich. Für viele Hartz-IV-Bezieher habe sich die Hoffnung auf eine Anschlussbeschäftigung nicht erfüllt.
Die Behörde will im Laufe der Woche auch einen Finanzausblick auf Grundlage der leicht verbesserten Eckwerte der Bundesregierung zur wirtschaftlichen Entwicklung vorlegen. „Es bleibt bei dem Korridor der Einschätzung“, sagte Weise. Bisher rechnet die BA zum Jahresende mit einem leichten Überschuss von 550 Millionen Euro.
Zahl in Bremen gestiegen
Mit Ausnahme von Bremen ist die Zahl der Arbeitslosen im Norden im April überall leicht gesunken. In Niedersachsen ging sie auf 267.340 zurück, wie die Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch in Hannover mitteilte. Damit waren gegenüber dem Vormonat 6.185 weniger Menschen ohne Arbeit. Im Vergleich zum Vorjahresmonat waren 13.796 weniger Menschen erwerbslos. Die Arbeitslosenquote fiel auf 6,7 Prozent. Vor einem Monat betrug sie 6,8 Prozent, vor einem Jahr 7,0 Prozent.
Aus Sicht von Klaus Stietenroth, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen, setzte sich in Niedersachsen die im März eingesetzte Frühjahresbelebung im April fort. Allerdings falle der Rückgang der Arbeitslosenzahl geringer aus als in den beiden Vorjahren, sagte er. Auf dem Stellenmarkt bleibe die Personalnachfrage konstant auf hohem Niveau, die Zahl der neu gemeldeten Stellen sei jedoch rückläufig.
In Bremen lag die Zahl der Arbeitslosen im April bei 37.921 und damit etwas über dem Vormonatswert. Im Vergleich zum April waren 827 mehr Menschen arbeitslos gemeldet, ein Anstieg von 2,2 Prozent, aber 0,6 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Die Arbeitslosenquote lag bei 11,7 Prozent nach 11,8 Prozent vor einem Jahr. Im Vormonat betrug sie 11,5 Prozent.
In Schleswig-Holstein waren im April 102.000 Menschen arbeitslos gemeldet, 4.500 weniger als im März. Gegenüber dem Vorjahresmonat beträgt der Rückgang 4.600. Die Arbeitslosenquote lag im April bei 7,1 Prozent, im Vorjahr waren es noch 7,5 Prozent. Die Chefin der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit, Margit Haupt-Koopmann, sprach von der niedrigsten Arbeitslosenzahl in einem April seit 1995. Dabei hätten alle Altersgruppen von der sinkenden Arbeitslosigkeit profitiert. Damit setze sich die positive Arbeitsmarktentwicklung fort, sagte sie.
In Hamburg waren im April mit 71.639 Arbeitslosen 366 weniger ohne Arbeit als im März. Gegenüber dem Vorjahresmonat waren 4.074 weniger Menschen arbeitslos gemeldet, wie der stellvertretende Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Hamburg, Hans-Martin Rump, sagte. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei 7,7 Prozent, nach 7,8 Prozent im März und 8,1 Prozent im April 2011. Hamburg verzeichnet den Angaben zufolge derzeit eine starke Nachfrage nach Mitarbeitern in der Gesundheitswirtschaft, im Handel oder der Gastronomie, sagte er. (dapd/dpa)