Um nicht in die gleiche Lage wie Griechenland zu geraten, machen die Regierungen von Spanien und Portugal jetzt ernst.
Madrid/Lissabon. Die Schuldenkrise hat Spanien und Portugal zu einer radikalen Kehrtwende gezwungen. Die spanische Regierung kürzt zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte des Landes die Gehälter von Ministern und Beamten. Portugal kündigte am Donnerstag überraschend Steuererhöhungen an, die Lissabon vor kurzem noch ausgeschlossen hatte. Die Gewerkschaften in Spanien drohen mit Streiks.
Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hatte am Mittwoch im Madrider Parlament ein Sparpaket vorgelegt, mit dem der Sozialist seine eigenen Prinzipien über den Haufen warf. Zur Sanierung der Staatsfinanzen verlangt er auch Rentnern und Familien Opfer ab. Soziale Einschnitte dieser Art hatte er bislang strikt abgelehnt. Das Sparpaket sieht vor, dass die Gehälter der Angestellten des öffentlichen Dienstes im Sommer um fünf Prozent gesenkt werden.
Die Minister bekommen 15 Prozent weniger Geld. 2011 werden nicht nur die Beamtengehälter, sondern auch die Renten eingefroren. Eine Sonderbeihilfe für Familien mit Neugeborenen („Baby-Scheck“) wird abgeschafft. Die staatlichen Investitionen werden bis 2011 um 6,0 Milliarden und die Entwicklungshilfe um 0,6 Milliarden Euro gekürzt Zapatero hatte mit dem Paket eine „rote Linie“ überschritten, die er sich selbst gesetzt hatte. Aber er hatte kaum eine andere Wahl, denn er stand unter dem Druck der Europäischen Union und der USA. Die EU-Partner hatten von Spanien größere Anstrengungen im Kampf gegen die Schuldenkrise verlangt. US-Präsident Barack Obama appellierte in einem Telefongespräch an Zapatero, die spanische Wirtschaft mit „einschneidenden Maßnahmen“ zu stärken.
Die beiden großen Gewerkschaftsverbände UGT und CC.OO. kündigten aus Protest gegen die Sparmaßnahmen Streiks in Spanien an. Die UGT rief für den 2. Juni die Beschäftigten des öffentlichen Diensts zu einer Arbeitsniederlegung auf. Die CC.OO. schloss auch einen Generalstreik nicht aus. In Portugal brach Ministerpräsident José Sócrates sein Versprechen, die Steuern nicht zu erhöhen. Der Sozialist will nach offiziellen Angaben unter anderem die Einkommenssteuern um 1,0 bis 1,5 Prozentpunkte anheben. Allein Bürger mit einem Mindestgehalt von bis zu 475 Euro bleiben verschont. Unternehmen sollen auf alle Gewinne eine zusätzliche „Krisensteuer“ von 2,5 Prozent zahlen. Die Mehrwertsteuer soll von 20 auf 21 Prozent angehoben werden. Die Bezüge der Politiker und der Verwalter öffentlicher Unternehmen sollen um fünf Prozent reduziert werden.
Portugal will damit nach Medienberichten sein Haushaltsdefizit von 9,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) schon in diesem Jahr auf 7,0 Prozent reduzieren. Sócrates warb am Donnerstag bei Oppositionsführer Pedro Passos Coelho um Zustimmung. Dieser signalisierte bereits vor dem Treffen mit dem Regierungschef sein prinzipielles Einverständnis. Spanien will mit seinem Sparpaket 2010 und 2011 insgesamt 15 Milliarden Euro sparen und das Haushaltsdefizit rascher abbauen als bisher geplant. Madrid hatte in Brüssel zugesagt, die Neuverschuldung von zuletzt 11,2 Prozent vom BIP im Jahr 2009 bis 2013 auf den zulässigen Höchstwert von 3,0 Prozent zu senken.
Zapatero war bislang davon ausgegangen, dass mit dem Einsetzen eines neuen wirtschaftlichen Wachstums der Staat wieder mehr Steuern einnehmen und auf soziale Einschnitte verzichten könnte. Diese Rechnung ging jedoch nicht auf. Die spanische Wirtschaft werde sich weniger rasch erholen als erhofft, räumte Zapatero ein. Die für 2011 angepeilte Wachstumsrate von 1,8 Prozent werde nicht erreicht. Die Zentralbank und die EU-Kommission hatten für Spanien einen Wert von 0,8 Prozent vorhergesagt.
Die Sparmaßnahmen seien hart, aber „unverzichtbar“, sagte Zapatero. Spanien leiste damit einen Beitrag zur Stabilisierung der Eurozone. Der Kolumnist Carlos Elordi meinte: „Zapatero hatte keine andere Wahl, denn er hat nicht die Befehlsgewalt. Die Regierung gehorchte der Macht der Märkte.“